Kapitel 1 - ein neuer Tag -

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Drei Wochen nach dem Brand durfte ich dasKrankenhaus wieder verlassen.

Ich sitze auf dem Krankenbett, dieschwarze Sporttasche lag auf dem Boden vor mir. Meine Schwester hattedie Tasche mit frischer Kleidung mitgebracht, an dem Abend hatten wiruns ausnahmsweise mal nicht gestritten. Aber auch nicht geredet, nicht miteinander, nur an einander vorbei geredet. 

Ich saß auf derBettkante, hatte ein Doppelzimmer, der Vorhang der die beiden Bettentrennte, war zurück geschoben. Das Bett war belegt, ein Mädchenmit, wohl ehemals, langen blonden Haaren, doch waren die Haareangesengt, unförmig, teilweise bis zu Kopfhaut weg gebrannt. Der dunkle Schatten bei ihr, bewegtesich kurz, doch konnte ich kein Lebewesen anhand dessen erschließen. Ich saß da, einfach nur da, schautenach vorne, der Arzthelfer der am Fußende des Bettes stand redeteirgendetwas, ich höre ihn nicht. Gedanken versunken, mit mir selbstam diskutieren. Hörte nur wie man mir erklärte, ichdürfe kein Auto fahren, und auf meine frage, meine Stimme wirktedumpf und weit entfernt, sagte der Arzthelfer nur, dass das Mädchenvor meinem Laden war, man nicht wüsste, wann und ob sie wiederaufwacht. 

Ich. . . Es hätte mich treffen sollen. . .DieserBrandanschlag, mich, nicht das Kind. Kinder. . . in der nähe war einSpielplatz, haben die Kinder etwas abbekommen. Mein Laden. . . ? Warum ich? Ich habe dochimmer meine Steuern bezahlt, war höflich, habe nie nein gesagt.  Aberich? Warum das Kind? Sie würde an meiner Stelle sterben? Warum geheich davon aus dass der Anschlag mir galt? War es nicht recht, war esnicht möglich. . ? Die Tür ging zu, ein leiser, dumpfer,tiefer, Knall als sie sich schloss. Ich zuckte zusammen, war ausmeinem Tagtraum erwacht. Der Schatten, zuvor Leblos, nichtIdentifizierbar, bewegte sich, regte sich. Ein junger Mann,braun/schwarze Haare, dunkle Ring um die Augen zierten sein markantesGesicht. Er hielt die kleine, leblose, Hand,eine Kanüle, zierte ihren Handrücken. „Wie alt ist sie?", fragte ichleise und ging zum Fußende des Bettes. Der junge Mann schreckte auf,merkte nicht das ich neben ihm stand. Sichtlich müde und erschöpftsagte er leise, mit heiserer Stimme, „19. Lena und ich hatten unsvor dem Kaffee getroffen... und dann", seine Stimme brach ab.

Der Hass auch mich selbst stieg, ichhätte das Opfer sein sollen, seine Stimme durchdrang meineGedankenwelt, „sie war immer Lieb, das schönste und süßesteMädchen... ich.." weiter hörte ich ihn nicht, Hass, Wut, Trauereaber vor allem purer Hass auf mich selbst stieg weiter auf, ichdrückte eine Handballen in die vor mir liegende Matratze. „wolltenuns verloben", durchbrach meine Welt. Den Kopf hoch geschreckt,schaue ihn an. „wie sieht ihre...Lenas Chancen aus? Wird sie?."er unterbrach mich mit einem Kopfschütteln. „nein... die Ärztesagen das ein Wunder geschehen muss..." sagte er leise, in stummerTrauer gehüllt. Ich nickte. Musste überlegen, setzte mich zurückauf mein Bett. Ich könnte, aber darf ich? Ist es rechtens wenn ichihren Schmerz in den meinen Aufsauge? Wenn ich sie rette? Denn ichsollte dort liegen? Sie waren verliebt,,, wollten vor meinem Ladenden besonderen Moment haben, vor meinem Laden?! Ich muss ihr helfen.Und wenn ich das Gleichgewicht zerstöre, ich sollte an ihrer Stellestehen...aber?


Ich nickte dann. Nicht bemerkt daseinige Zeit vergangen war, meine Schwester stand im Raum, schautemich wortlos an. „wir sollten fahren...", sagte sie nur, nahm dieSporttasche in der meine Kleidung lag. In der meine einzigenBesitztümer waren. „Ich werde ein Wunder vollrichten", sagtesich leise. Ein versprechen, für das ich vermutlich Sterben würde.Man versprach Ungesichtern nichts. Sie sind bedeutungslos, Lebenkurzweilig, können sich weder Wandeln, so wie wir, oder irgendwelche'Wunder' verrichten. Wir... Wir waren besser, lebten länger,verantwortlicher, passten mehr auf einander auf. Wir... wir warennicht nur Menschen, wir können uns wandeln, wandeln uns zu Wesen.Die Menschen haben doch keine Ahnung, leben Dumm und Blind in ihrerkleinen Blase. Nennen uns in Geschichten, in Märchen Fabelwesen...Wenn sie nur wüssten..
Wenn sie wüssten das wir ihre Brote beimBäcker Backen, Hand in Hand die Briefe austeilen, Das unsere Kindergemeinsam in Kindergärten spielen... Nein.

Die Menschen, die Unwissenden, dieUngesichter dürfen nichts von unserer Existenz wissen. Sie würdenuns töten wollen, uns ausgrenzen, ihr Land verteidigen, an demIrrglauben das fremde, andere, Ihr Land wegnehmen wollen, festhaltenund alles dafür tun den Irrglauben am Leben zu erhalten.

Ich schloss die Tür hinter mir,lächelte noch einmal dem jungen Mann zu. Verlies das Zimmer.  

Der TeeladenWhere stories live. Discover now