Die zwei Mathestunden verbrachte ich hauptsächlich damit, aus dem Fenster zu starren und sich in meinen Gedanken zu verirren.
Die Stunden gingen verwunderlich ziemlich schnell vorbei. Ich packte meine Sachen in meinen Rucksack und wollte mein Essen rausholen, bis mir wieder einfiel, dass ich ja mein Essen samt Trinken zu Hause vergessen habe. Deshalb muss ich wohl irgendwie ohne Essen auskommen, da ich auch nicht mal Geld dabei hatte, um mir wenigstens was beim Bäcker zu holen.
Ich folgte Adora, Aiden und Marlen nach draußen, wo sie sich an einen Tisch setzten. "Hier ist sozusagen 'unser' Platz. Wir verbringen hier immer die Pausen miteinander", erklärte mir Adora.
Ich nickte und setzte mich zwischen Aiden und Marlen. Alle packten ihr Essen aus, außer ich natürlich.
Marlen bemerkte es offensichtlich, denn sie fragte mich:" Hast du keine Essen?". Ich schüttelte den Kopf. "Zu Hause vergessen".
Marlen öffnete ihre Dose und zum Vorschein kamen zwei, mit Nutella beschmierte Toastbrote. Sie nahm die beiden raus und streckte mir eins zu. "Willst du? Hab eh nicht viel Hunger", meinte sie und biss in ihr anderes Brot. An ihrem Mund blieb bisschen Nutella übrig, aber sie wischte es sofort mit ihrem Handrücken weg.
Dankend nahm ich das Brot und biss rein. Ich bin ein Typ, der eigentlich nicht gerne Süßes isst, dazu zählt auch Nutella. Aber ich hatte sowieso Hunger und ich hatte keine Lust, den ganzen Tag mit knurrendem Magen zu verbringen. Vor allem nicht im Unterricht, wenn jeder still seine Aufgaben macht und plötzlich mein Magen anfängt zu knurren. Sowas ist mir oft genug passiert.
Während wir alle aßen, stellten sie mir fragen, über mich und meiner alten Schule, welche ich dann auch alle ehrlich beantwortete.
"Hast du eigentlich eine Freundin?", fragte mich Aiden plötzlich. Ich schüttelte den Kopf. "Aber du hattest mal eine, oder?", fragte Aiden wieder. Ich schluckte kurz den letzten Bissen runter und antwortete:" Ja schon, obwohl man das nicht mal als Beziehung bezeichnen konnte. Wir waren nur drei Wochen zusammen und in diesen drei Wochen haben wir nur einmal was außerhalb der Schule unternommen und geküsst haben wir uns auch nie".
Aidens Augen wurden größer. "Nicht mal geküsst? Überhaupt gar nicht rumgemacht?", fragte er mich erstaunlich.
"Jap. Naja, wir haben dann auch schließlich realisiert, dass wir nicht verliebt ineinander waren, sondern nur Sympathie für den jeweils anderen empfanden. Dann haben wir uns getrennt". Ich zuckte nur mit den Schultern, um zu zeigen, dass es halb so wild ist.
Marlen und Adora hörten gespannt zu. "Aber auf eine Beziehung hättest du schon Lust, nicht wahr?", fragte mich Marlen. Ich zuckte wieder mit den Schultern. "Ja, schon, wenn ich die Richtige finde. Ich war ehrlich gesagt noch nie verliebt, deshalb weiß ich auch nicht genau, wie das so läuft", antwortete ich ehrlich.
Ich hab zwar manchmal gedacht, ich hätte mich verliebt, aber später sofort immer realisiert, dass ich nicht wirklich die Gefühle für die andere Person empfinde, die man als 'Liebe' bezeichnet. Wie ist es wirklich, in jemanden verliebt zu sein? In Liebesbüchern und romantischen Filmen, wird die Liebe immer so dramatisch dargestellt.
Durch Liebe verspürt man oft Glücksgefühle, aber die Liebe kann einen auch verletzten. Sie bringt deine Gefühle völlig durcheinander, bis ein großes Chaos in dir herrscht.
Und sowas habe ich nie wirklich bei jemanden gespürt.
Aiden war nun auch mit seinem Essen fertig. "Naja, du bist ja neu hier und lernst neue Menschen kennen. Vielleicht findest du ja hier die Richtige. Und bei deinem Aussehen wird es auch recht einfach sein", munterte Aiden mich auf.
Bei meinem Aussehen? Was meint er damit? "Ich denke nicht wirklich, dass ich mit meinem Aussehen bei vielen Punkten kann. Schließlich sehe ich aus, wie ein gewöhnlich normaler Junge, nichts besonderes", sagte ich ihm meine Meinung.
"Ach was. Mit deinen großen braunen Teddyaugen und deinen verwuschelten Haaren, durch die man das Bedürfnis bekommt, einmal durchzuwuscheln, siehst du eigentlich recht niedlich aus", sprudelte es aus Aiden heraus und lässt es so wirken, als wären diese Fakten so selbstverständlich.
Ich schaute zu Adora und Marlen, die mir zunickten, um zu zeigen, dass sie Aidens Aussage zustimmen.
Plötzlich klingelte es zum Pausenschluss. Nun hatten wir unsere Wahlfächer, die wir wählen durften. Man durfte sich zwischen dem Fach Musik und bildene Kunst entscheiden. Da ich sowieso sehr gerne zeichne, beschloss ich, in Kunst zu gehen.
Adora und Aiden hatten Musik gewählt, weshalb ich jetzt mit Marlen zum Kunstsaal gehe. Sie erklärte mir, dass Aiden nicht gut im zeichnen war und Adora eine wundervolle Stimme hat und gut singen kann, weshalb die Beiden Musik gewählt haben.
In dem Kunstsaal angekommen, setzten wir uns in die zweite Reihe nach ganz rechts. Eigentlich wollten wir uns ganz hinten hinsetzen, aber der 'King' Zen mit seinen Untertanen haben die Tische aus der letzten Reihe schon übernommen.
Zwar nicht wirklich alle Tische, neben einem Jungen, der neben Zen sitzt, waren drei Plätze frei, aber ich hatte nicht sonderlich Lust gehabt, neben ihnen den Unterricht zu verbringen.
Marlen stimmte mir da zu. Sie konnte mit Aiden und Adora ebenso Zen nicht leiden, was ich aber natürlich nachvollziehen kann.
Lange mussten wir nicht auf unsere Kunstlehrerin warten, denn sie kam schon 2 Minuten später, nachdem Marlen und ich uns hingesetzt haben.
Das einzige, was die Lehrerin zur Klasse gewandt sagte, war, dass sie ihr Bild weiter malen sollen und es in wenigen Wochen fertig sein muss. Wenn man nicht fertig wird, gibt man es entweder unvollständig ab und kassiert dafür eine nicht so gute Note oder man muss zum Nacharbeiten mittags kommen, was ich nicht gerade toll finde.
Gleich danach stolzierte sie mit ihren Stöckelschuhen zu mir rüber und blieb vor mir stehen. "Du bist Eren, richtig?", fragte sie mich und streckte ihre Hand entgegen. Ich nickte und nahm sie höflich an. "Ich bin Frau Niel, freut mich. Unser jetztiges Thema ist 'Perspektive'. Ganz viele verstehen unterschiedliche Sachen hinter diesem Wort, was auch der Sinn dahinter ist. Ich möchte, dass du dir deinen eigenen Sinn zur 'Perspektive' überlegst und dazu ein Bild malst. Du kannst mit allen Farbmateriallien zeichnen, es liegt ganz an deiner Seite, mit was du zeichnen möchtest".
Ich nickte ihr zu, um ihr zu verständigen, dass ich das Thema verstanden habe.
Perspektive also.
Ich huschte kurz einen kleinen Blick zu dem Bild, was Marlen zeichnete. Sie malte eine große Stadt, was aus unterer Perspektive zu sehen war.
Ich habe mich allerdings dazu entschieden, ein einfaches Auge zu zeichnen, mit einer Spiegelung in der Pupille. Denn es liegt im Auge des Betrachters, aus welcher Perspektive man alles sieht.
Zufrieden nickte ich und wollte gerade aufstehen, um mir ein großes Blatt zu holen, als ich plötzlich mit einem zerknüllten Papier abgeworden wurde.
Ich drehte mich um und blickte in Zens grinsendes Gesicht. Am liebsten würde ich ihm hier und jetzt die Fresse polieren.
"Komm mal her", meinte Zen und deutete neben sich. Ich zögerte kurz, beschloss aber trotzdem zu ihm zu laufen. Schließlich würde er nichts Unüberlegtes vor der Lehrerin mit mir anstellen...
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Dark Secret
RomanceEren Winter hatte es nicht gerade leicht. Durch einen Jobangebot, welcher den Gehalt seines Vater um fast die Hälfte erhöht, ziehen er und seine Familie in eine komplett neue Umgebung um. Eren musste alles zurücklassen und hier von vorne beginnen...