/5/Leo

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Ich gebe zu. Ich wusste dass die Beregnungsanlange angeht. Und ja ich wollte sie Tamara etwas testen. Aber das sich Quentin sofort so an sie ranschmiss nervte mich total!

Jost lief wie immer schlecht gelaunt an mir vorbei und grummelte eine Begrüßung, wie man sie eigentlich nur von einem alten Stallmeister und nicht von einem gerade mal 18-jährigen Pferdewirt im zweiten Lehrjahr erwarten würde.

Mein Blick wanderte weiter durch den Stall zu Helena, die Tamara versuchte mit Blicken zu erdolchen.

„Funktioniert nicht! Glaub mir hab ich auch schon versucht" raunte ich ihn mit vor der Brust verschränkten Armen zu. „Was?" verwirrt blickte sie mich an. „Eifersüchtig?" ich wies mit dem Kopf auf Tamara, die ganz klar mit Quentin flirtete oder viel mehr Quen mit ihr. Etwas zu schnell schüttelte Helli den Kopf, stammelte ein entrüstetes „Nein! Wo denkst du hin?!" und lief mit schnellen Schritten aus dem Stall.

„Quen, wenn du mit flirten fertig bist, würde ich Vorschlagen wir gehen Ausreiten. Hat Tamara mal eine Stunde Ruhe vor mir" meinte ich und stapfte zwischen beiden durch in die Sattelkammer. „Gott sei dank! Die Pause schuldest du mir auch!" motzte Tamara auch schon. Quentin seufzte „Infect the world with the love you lost". Eines seiner Lieblingszitate. „Lass mich in Ruhe mit deiner Poesie!" Ich krallte mir meinen Sattel. „Was wäre das Leben nur ohne die Kunst?" flötete Quentin und lachte. Das tat er wahrscheinlich auch nur um nochmal zu unterstreichen, dass er zwar Bereiter war, aber durchaus aus einer recht gebildeten Familie stammte.  „Quenny reicht jetzt!" motzte ich und griff nach meiner Trense.

Wenig später ritten wir im gemächlichen Schritt nebeneinander über den asphaltierten Feldwege und schwiegen.

Bis Quentin fragte „Sag mal was ist das mit Tamara?" „Was sollte sein? " grummelte ich. „Du reagierst so empfindlich..." Ich unterbrach ihn „Ich reagiere nicht empfindlich!" „Mhm..." gab Quentin belustigt zurück und gab dann zu „Geil ist sie schon. Ich weis nicht... irgendwie, hat was" „Dann leg sie flach und brich ihr das Herz. Bin ich sie auch endlich los!" ich gab meinem Pferd eine Parade und animierte es so zu einem etwas zügigeren Schritt. Quentin schloss wieder zu mir auf und schüttelte den Kopf „Alter, sie ist erst zwei Tage da! Versuch doch mal dich etwas mit ihr anzufreunden" Ich konnte nicht anders. Ich fing lauthals an zu lachen und prustete „Nach heute morgen hab ich die Freundschaftskarte wohl verspielt." Quentin ließ seinen Blick über das vor uns liegende Feld wandern und fragte „Wie das?"

Ich zuckte mit den Schultern und trabte auf die Treckerspur. Mit etwas Abstand folgte mir Quen und ich galoppierte an. Immer weiter heizte ich das Pferd unter mir auf. Ich wollte mich frei fühlen alles vergessen. Da rief Quentin hinter mir „Parier durch verdammt noch mal! Willst du dich umbringen?!? Da vorne ist die verdammte Straße!" und wie ich das gerne wollen würde. Ausbrechen und nie wieder kommen!

Ich ließ die Zügel los und Sparrow unter mir stoppte seine Galoppade  und verfiel in einen gemütlichen Zuckeltrab.

Wieder auf den Asphalt schloss Quentin zum zweiten Mal zu mir auf. „Seitdem mit Klara Schluss ist bist du so verdammt lebensmüde geworden. Auch andere Mütter haben schöne Töchter verdammt! Mach einen harken dran und hör auf dich selbst zu bemitleiden. Das hält ja bald keine Sau mehr aus. Wo ist der Leo den ich kenne? Der der einen Fuck auf all das gegeben hat und nur reiten wollte." „Der ist gestorben!" schrie ich. Es tat so weh das zu hören „Er ist tot verdammt noch mal! Gestorben bei dem Sturz von Iris" „Ich habe dir damals noch gesagt longier sie ab, aber du wusstest es ja wieder mal besser!" würde nun auch Quentin etwas unwirscher „und außerdem es war ein Sturz! Ein einziger! Gut direkt vor Kais Füße, aber kann dir das nicht egal sein?! Setzt dich noch mal auf dieses verdammte Pferd und trete noch mal gegen dieses scheiß Arschloch an! Und hör auf dich zu verstecken. Auf den Turnieren reden sie schon!" „Ich will nicht mehr! Ich will all das nicht mehr hören! Lasst mich doch einfach alle in Ruhe!" schrie ich aufgebracht. „Klar. Damit du dir das Leben nehmen kannst. Leo das ist keine Lösung! Aber weist du was?!? Mach doch was du willst! Wie immer! Du musst die Konsequenz tragen nicht ich! Du enttäuscht dann nur alle allen voran dich selbst! Werd glücklich damit!" damit trabte er an und galoppierte auf dem Randstreifen an.

Das war jetzt nicht sein scheiß Ernst! Wütend starrte ich meinem besten Freund nach und beschloss auch zurück zu reiten.

Wieder auf dem Hof kam Tamara mir entgegen. „Runter vom Pferd! SOFORT!" kommandierte die Blondine und ich beschloss sie zu ignorieren. Sie griff in meine Zügel und schrie mich an „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Du steigst jetzt ab! Sofort!". „Fick dich!" schnauzte ich sie noch aufgeheizt von der Diskussion mit Quentin an. Wütend blitzten mich ihre blauen Augen von unten an „Du kommst jetzt runter!". Ich sah Quentin auf uns zu kommen. Sein Gesicht wirkte ernst und wie versteinert. „Ach weist du was. Vögel meinen besten Freund! Dann habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen." zischte ich und Tamara griff nach meinen Handgelenken. „Das wollte ich eigentlich nicht machen, aber du lässt mir keine Wahl" meinte sie und wollte gerade gezielt auf die Wunden drücken, da stand Quentin neben ihr. „Lass gut sein. Lass mich machen" knurrte er auch immer noch ziemlich wütend. „Runter! Sofort!" bedrohlich kniff er die Augen zusammen. Ich wollte gerade Luft holen, da riss er mich unsanft vom Pferderücken. Schmerzhaft prallte ich auf den Steinboden und schürfte mir die Ellbogen auf. „Herzlich willkommen zurück auf dem Boden der Tatsachen!" kam es eiskalt von meinem besten Freund. „Und jetzt steh auf!"

Mein Blick wanderte für einen Bruchteil einer Sekunde zu Tamara. Sie wirkte überfordert mit der Situation und wusste wohl nicht ob sie eingreifen sollte oder nicht.

„Das sage ich jetzt als dein bester Freund: Leo reiß dich verdammt noch mal zusammen und lass sie los!" damit drehte er sich eiskalt um und nahm Sparrow am Zügel mit sich.

Langsam stand ich auf und fluchte, als ich meine blutenden Ellbogen sah. So eine scheiße! Warum können Quen und ich uns nie zivilisiert oder erwachsen verhalten!

Tamara kam auf mich zu. „Zeig her" sie klang plötzlich nicht mehr so hart wie noch heute morgen. Genervt hielt ich ihr meine Ellbogen hin. „Das müssen wir auf jeden Fall desinfizieren und vielleicht noch ein Pflaster darauf machen." „Ach was! Ich bin kein kleines Kind mehr!" Stellte ich klar. „Nein ich meine das ernst! Komm" sie griff nach meinem unbandagierten Handgelenk und ging mit strammen Schritten voraus. Widerwillig ließ ich mich so von ihr mitschleifen.

Des Springreiters StolzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt