Fix her

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   >>Wir akzeptieren das, was wir zu verdienen glauben<<

Mein Onkel Charlie sagte mir einmal, "Wir akzeptieren das, was wir zu verdienen glauben."

Da war ich elf Jahre alt. Ich war gerade in die sechste Klasse gekommen und verstand nicht, was er mir damit zu sagen versuchte. Deshalb macht ich nur große Augen und das war's dann.

        Als ich dreizehn wurde, sagte mein Onkel Charlie mir wieder dasselbe. Diesmal fragte ich ihn, was er mir damit sagen wollte. "Na, was denn schon? Einfach das. Wir akzeptieren das, wovon wir glauben, es zu verdienen." Ich blickte ihn an, ein wenig enttäuscht, aber er lächelte und klopfte mir auf die Schulter und das war's dann.

        Und als ich mit fünfzehn Jahren das erste Jahr der High School absolvierte, und meine erste Freundin mir den ersten Liebeskummer verschaffte, indem sie mich mit den Worten "Es liegt nicht an dir, es liegt an mir" und "Wir haben uns auseinander gelebt" durch einen Elfklässler ersetzte, sagte mein Onkel Charlie es wieder: "Wir akzeptieren das, was wir zu verdienen glauben."

        "Ich verstehe nicht. Sie war immer zu gut, ich glaube nicht, dass ich sie verdient hatte." Ich hob mein Bein und schlug es schlicht über das andere. Mit beiden Händen griff ich mir ans Knie und senkte den Kopf, als Onkel Charlie seine Zeitung auf den Tisch legte, und offenbarte was er gelesen hatte. Die erste Seite des Literaturteils.

        "Okay, gut. Das kann ich nicht beurteilen." Er kniff die Augen zusammen und es bildeten sich kleine Falten um sie herum. "Wie fühlst du dich jetzt?"   

        "Verletzt. Als ginge grade was in mir kaputt. Etwas, das man nicht reparieren kann."

Es stimmte. Das erste Mal tat immer mehr weh, als das zweite Mal oder das dritte Mal.

        "Hast du das verdient?"

Ich blickte auf. Hatte ich das? Der Griff um mein Knie wurde fester. "Ich...", aber mehr brachte ich nicht raus. "Okay", sagte er, "Das hast du nicht. Okay?"

        "Okay", sagte ich.

        "Und das akzeptierst du nicht. Okay?"

        "Tu ich nicht."

       "Tust du." Onkel Charlie sah mich zweifelnd an und mein Blick senkte sich wieder. "Sonst wärst du jetzt nicht hier, und würdest darüber grübeln und du würdest sie auch nicht perfekt oder zu gut für dich nennen." Das stimmte. "Du akzeptierst, wie sie dich fühlen lässt, weil du glaubst, du verdienst es." Das war so wahr, ich glaubte, es war das einzig Wahre, das es gab und ich konnte nichts erwidern, weil es so wahr war.        

        Der Griff um mein Knie löste sich und ich begann mich zu entspannen. 

  "Deshalb kriegen die guten Menschen auch nur die Flaschen ab, und die Arschlöcher kriegen eben ständig die guten" Onkel Charlie stand auf und streckte sich. "Was für ein Dilemma aber hey, auf der neuen Schule wird das alles besser. Schon gepackt?" Oh nein, nicht das Thema wieder.      

      >>Oh nein, warum muss ich nochmal mit?<< fragte ich mit einem tiefen Seufzer. 

         >>Weil Ma ein bisschen Zeit braucht und du ganz bestimmt nicht mit Tante Denise leben willst<< Stimmt schon. >>Außerdem wird New York ganz toll, viel besser als dieses stinkige, alte Missouri!<<

          >>Also ganz ehrlich, Onkel Charlie, für meinen Geschmack bist du etwas zu motiviert<<

        >>Charlie, sag ruhig einfach Charlie<< Er blickte mich kurz an, dann blickte er auf den schwarzen Glastisch und machte sich Richtung Zimmer. >>Und nein, ich bin nicht übermotiviert oder so, nur gut drauf<<

        >>Was immer du sagst, Charlie<< Ich richtete mich auf. >>Man,  fühlt sich komisch an das zu sagen<<

        >>Mhm<< Onkel Charlie kam mit zwei Koffern wieder ins Zimmer, machte sich nachdem er das Zimmer nochmal kurz musterte, Richtung Tür. >>Lass uns los, Sam<<

Um ehrlich zu sein, wollte ich gar nicht nach New York. Ja, New York ist groß und toll und cool und hat 1000 verschiedene Facetten zu bieten, und auf mich würde ein atemberaubendes Apartement in Manhatten warten und ich hätte die besten Chancen meine Karriere als Schreiber zu starten, später wenn ich einen guten Abschluss auf einer Elite-Schule und dem besten College hatte, und Missouri und längst nicht so oft als Filmkullisse benutzt worden wie New York, aber wie jedes andere Kind hatte ich keine Lust auf Veränderung. Und neue Leute. Und ich würde meine Freunde vermissen, auch wenn die meisten nur oberflächlich gewesen waren und wir sicher keinen Kontakt mehr zueinander haben, aber immerhin. Kein Kind mag es doch von seiner Mutter getrennt zu werden und ein neues Zuhause zubekommen (obwohl ich mich mit Onkel Charlie besser verstand als mit Mom). 

        Irgendwie war ich traurig und glücklich zugleich. Komisch. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 06, 2014 ⏰

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