leichtsinn │ 2 ＭＩＮ

Leichtsinn

Dröhnend laute Musik, bunte, flimmrige Lichter und der vertraute Geruch von Alkohol und Sorglosigkeit erfüllen den Strandclub in dem Minho, wie jeden Abend, auflegt. Er hat schon viele Clubs und Bars auf Jejudo durch, aber in keinem hat er sich je so wohl und heimisch gefühlt, wie hier. Die Besucher schweben in einer perfekten Balance zwischen locker und niveauvoll und sie scheinen Minhos Musikgeschmack zu mögen. Also hat sich Minho doch auf eine Festanstellung eingelassen und es bis jetzt noch nicht bereut.

Sein Blick schweift über die Menschenmasse vor ihm - ein kurzer Blick, nur um sich zu vergewissern, dass alle eine gute Zeit haben - doch seine Augen bleiben an einem jungen Mann hängen. Es kann gar nicht sein, dass dort ein Licht ist, das direkt auf ihn scheint und ihn aus der Menge hervorhebt, aber es kommt Minho seltsamerweise so vor. Aber wenn es kein Licht ist, dann ist es die Art wie er tanzt, die ihn besonders macht. Er bewegt sich so wunderschön fließend im Takt und scheint die perfekte Kontrolle über jeden einzelnen seiner Muskel zu beherrschen.

Und davon mal abgesehen sieht er gut aus. Er hat helle haut, weißblondes Haar und rosa Lippen, die ein kleines Lächeln formen, während er tanzt. Minho fragt sich, ob außer ihm jeder blind ist, aber wahrscheinlich traut sich nur keiner, ihn anzusprechen. Er wirkt nicht wie von dieser Welt.

Minho würde ihn ansprechen, wenn er nicht arbeiten müsste. Von hier oben aus kann er nicht viel ausrichten und gleichzeitig eine ganze Menge. Wie ein Puppenspieler vermag Minho mit seiner Songauswahl die Bewegungen der Leute in gewisser Weise zu steuern und wenn er bis eben noch Lust auf Upbeat gehabt hat, so fühlt er sich jetzt mehr nach langsamen, verträumten Beats, welche er nun über einen sanften Übergang einfließen lässt.

Seine Augen leuchten auf, als er zufrieden sieht, wie der hübsche junge Mann sich - falls das überhaupt möglich ist - nun noch eleganter bewegt und die Hüften zur Musik hin und her wiegt. Es ist ohne Frage ein Anblick für die Götter.

Minho wird von einer Faust, die gegen seinen Oberarm boxt, aus den Gedanken gerissen und löst seinen Blick widerwillig von dem Tänzer. Stattdessen sieht er jetzt Kibum, der zu ihm auf das Podest gekommen ist und an einem Glas voll irgendeines tropisch bunten Cocktails nippt, von dem Minho weiß, dass er zu süß ist, ohne ihn je probiert zu haben. »Von weitem siehst du aus, als würdest du ein Attentat auf Jemanden planen«, schreit der Kleinere in Minhos Ohr und beide grinsen. »Wer ist der Glückliche?«

Es bringt nichts, irgendwas vor Kibum abstreiten zu wollen, von daher zeigt Minho einfach auf den Blonden und gibt seinem Freund eine flüchtige Beschreibung. »Da vorn. Er ist ein göttlicher Tänzer. Hellblond, ganz in weiß.«
Kibum kneift die Augen zusammen und lässt seinen Blick über die Menge schweifen, während er an seinem Strohhalm nuckelt. Nach einer Weile zuckt er die Achseln. »Sehe ich nicht.«

Minho schnaubt. »Kein Wunder, du hast kein Auge für Ästhetik.«
Kibum öffnet beleidigt den Mund und zeigt mit einem Finger auf sich selbst. »Ich? Das sagt der Richtige!« Er schüttelt missbilligend den Kopf und Minho lacht leise vor sich hin.
»Kannst du mich eben ablösen?«, fragt der Dunkelhaarige dann. »Ich brauche eine Pause.« Er hebt kurz Zeige- und Mittelfinger vor den Mund, um Kibum zu verdeutlichen, dass er eine Rauchen gehen will.

Der Jüngere nickt. »Ist gut.«
Minho nickt ebenfalls, setzt Kibum seine Kopfhörer auf und klopft ihm noch auf die Schulter, bevor er die Treppen hinuntersteigt und auf die Tanzfläche tritt. Zielstrebig schiebt er sich durch die Menge, bis er ihn endlich vor sich hat.

Der Blonde tanzt mit geschlossenen Augen und bemerkt Minho daher erst, als er seinen Arm berührt und sich zu seinem Ohr hinunterbeugt. »Hey, verrätst du mir deinen Namen?«
Der Kleinere ist beinahe zusammengezuckt, als er ihn angesprochen hat. Ein leichter Rosaschimmer ziert seine Wangen, als er stehenbleibt und zu Minho hoch sieht. »Taemin«, sagt er und selbst seine Stimme klingt engelsgleich.