Kapitel 7

2 0 0
                                    

Nach einer Weile, weit genug weg von unserem Zeltplatz, beschlossen wir, eine kleine Pause einzulegen. Wir suchten uns ein schattiges Plätzchen unter einem Baum. Als wir uns hingesetzt hatten, begann ich, Riley von meinem Traum zu erzählen.

„Und du hast wirklich die Prinzessin in deinem Traum gesehen?" fragte er erstaunt.

„Ja, und sie versucht uns wirklich zu helfen, und das obwohl sie mich nicht kennt. Irgendwas muss sie über mich wissen, etwas was ich noch nicht weiß." Ich starrte auf den Boden.

„Naja, auf jeden Fall, so wie du sie aus deinem Traum beschreiben hast, obwohl du sie noch nie zu Gesicht bekommen hast, passt deine Beschreibung erstaunlich gut zu ihr. Und ich denke, sie meint es ernst damit, dir zu helfen. Du scheinst ihr Hoffnung zu geben. Jedenfalls sollten wir schnellstmöglich das Portal finden." Dabei blickte er starr geradeaus. Ich beobachtete ihn dabei und bemerkte, dass er plötzlich die Augen zusammenkniff und etwas in der Ferne beobachtete. Sofort stand er auf, zog mich am Ärmel und zwang mich, mit wegzurennen.

„Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich habe dort etwas oder auch jemanden gesehen. Er, sie oder es ist direkt auf uns zugelaufen, das heißt, wenn ich es richtig gedeutet habe", flüsterte er in mein Ohr.

Dann bemerkte ich, dass er sich nicht geirrt hatte. Tatsächlich hörte ich Stimmen, ich vermutete, dass es erwachsene Männer waren. Doch genau konnte ich sie nicht hören. Sie kamen näher, es war zu spät, wegzurennen, wir mussten hier bleiben und hoffen, dass sie uns nicht finden. Denn würden wir wegrennen, würden sie uns hören und sicher verfolgen.

„Hör zu, Luna", flüsterte Riley. „Wenn sie uns finden, darfst du auf keinen Fall deine magischen Fähigkeiten zeigen. Sie suchen nach dir. Doch wir haben den Vorteil, dass sie nicht wissen, wie du aussiehst. Behaupte einfach, du bist jemand anders", er kratzte sich nachdenklich am Kopf, „sag, deine Name ist Marie und ich bin dein Bruder John. Wir machen hier einen Spaziergang und haben uns etwas verirrt. Frag, in welcher Richtung man wieder zum Weg kommt."

Ich nickte.

Und so geschah es. Sie fanden uns, beäugten uns erst einmal kritisch und fragten dann: „Was macht ihr denn so allein hier draußen? Wer seid ihr überhaupt?"

Ich schaute kurz unsicher zu Riley hinüber, trat dann einen Schritt vor und antwortete wie vorgegeben: „Ich bin Marie und das ist mein Bruder John. Eigentlich wollten wir einen Spaziergang machen, um für unsere Mutter Blumen zum Geburtstag zu sammeln, doch dann haben wir uns verirrt. Können Sie uns vielleicht sagen, wo man hier wieder auf den Weg kommt."

Mein Herz klopfte wie wild, doch ich ließ es mir nicht anmerken. Stattdessen setzte ich eine schüchterne Miene auf, und wartete auf die Reaktion. Einen Moment lang sahen die beiden sich gegenseitig etwas verwirrt an, bis einer von ihnen freundlich antwortete: „Lauft immer weiter nach Westen", er zeigte dabei mit dem Zeigefinger in eine Richtung, „dann müsstet ihr nach kurzer Zeit einen schmalen Weg erreichen, der zu einer winzigen Siedlung führt. Ihr erkennt sie an den auffälligen grünen Häusern mit jeweils einem roten Dach. Sie befinden sich direkt vor einer Felswand."

„Danke", sagte ich, als wir uns zum Gehen wandten und uns umdrehen.

„Hey", rief uns einer von beiden uns noch hinterher. Mein Herz begann wieder wild zu pochen. Ich erkannte, dass auch Riley kreidebleich wurde. Was, wenn sie misstrauisch wurden und uns zur Beobachtung mitnahmen? Wir blieben stehen, der Unbekannte fuhr fort: „Hinten, in der Nähe der Häuser ist eine wunderschöne Blumenwiese, dort findet ihr sicherlich etwas für eure Mutter."

Ich atmete erleichtert aus, achtete jedoch darauf, dass die Männer hinter uns es nicht bemerkten. Sie hatten uns diese alberne Geschichte also tatschlich abgekauft.

„Danke", erwiderte Riley und wir schlenderten zufrieden weiter.

Doch dann fiel mir wieder etwas aus meinem Traum ein.

Ihr erreicht mein Schloss schneller, wenn ihr das Portal hinter den grünen Häusern mit den roten Dächern benutzt. Habt keine Angst, es zu benutzen, es wird euch in die Nähe meines Schlosses führen."

Prinzessin Milas Worte. Und der Typ von vorhin hat uns auch noch direkt, ohne es zu wissen, dorthin geführt. Ich teilte es sofort Riley mit, der total aus dem Häuschen war.

„Und diese Trottel die für was weiß ich wen arbeiten, haben uns auch noch ohne Absicht geholfen! Also wenn das mal kein Glück ist!" Wie schon oft schaute er mich mit großen Augen an. Keine Ahnung, wann er sich das angewöhnt hat.

Also machten wir uns auf den Weg, den die Männer uns beschrieben hatten, immer nach Westen, und achteten darauf, durch die vielen Bäume die Richtung nicht zu wechseln.

„Warum benutzen wir nicht einfach einen Kompass?" fragte ich.

„Einen Kom... was?"

Ich schaute ihn verständnislos an.

„Achso... ist das etwa dieses Ding, was ihr bei euch benutzt, um die Himmelsrichtungen anzuzeigen? Ich hab davon in der Schule gehört, aber vergiss es, Luna. Hier gibt es kein bestimmtes Magnetfeld. Wir sind hier nicht auf der Erdebene, wir werden zwar vom Boden angezogen, doch es gibt hier keine Pule, oder wie ihr das nennt."

„Das heißt Pole!" warf ich ein.

„Ist doch egal, jedenfalls sind wir bald da. Hey! Da vorne sehe ich etwas!"

Und tatsächlich. Hinter den Bäumen konnte man schwach den Umriss dreier Häuser erkennen. Sofort beschleunigten wir unseren Schritt und gelangten schließlich zum Ziel.

Vor uns standen die grünen Häuser mit rotem Dach. Ich schaute mich kurz um, um festzustellen, dass niemand in der Nähe war, und uns beobachtete. Auch die Häuser schienen leer zu sein.

„Das Portal sollte sich hinter den Häusern befinden." Sagte ich, hoffnungsvoll, es dort auch vorzufinden.

Doch dann stellten wir fest, dass sich dort keinesfalls ein Portal befand. Verzweiflung breitete sich aus. „Ich war mir so sicher!" Plötzlich fing ich an zu schluchzen.

Tröstend legte Riley eine Hand auf meine Schulter.

„Moment mal", sagte er plötzlich. „Wie bist du denn hierhergekommen? Nach Enkantoris, meine ich. Ich war noch nie bei euch, aber ich habe gehört, dass man mit einem selbst erschaffenen Portal zwischen den Dimensionen reisen kann. Vielleicht müssen wir das Portal selbst an dieser Stelle erschaffen. So kann auch niemand sonst es finden."

Ich hob den Kopf, den ich immer noch in meinen Händen vergraben hatte. „Du hast Recht. Wir müssen es versuchen."

Also konzentrierte ich mich auf ein Portal direkt aufder Felswand hinter den Häusern. Zudem stellte ich mir vor meinem inneren Augedas Bild von Prinzessin Mila vor. Und so war es. Vor uns befand sich dasPortal, dass uns zu Prinzessin Milas Schloss führen sollte.    

Die Legende von EnkantorisWhere stories live. Discover now