Perfection

Kapitel 4

Nach weiteren 10 Minuten, die für mich auch gerne 10 Stunden hätten sein können, kamen wir an dem neu gestrichenen ovalen Eingangstor an, neben diesem sich Meilen weiter ca. 3 Meter große Hecken aneinander reihten.
Man konnte also nur erahnen was sich hinter den perfekt geschnittenen Hecken verbarg.

Früher, noch bevor ich geboren wurde, stand hier ein wunderschönes altes Anwesen, dass einem alten Pärchen gehörte. Tragischerweise konnten die Zwei das Haus nicht mehr finanzieren und dazu kam, dass bei Mr. Hastings kaum zwei Woche später Alzheimer diagnostiziert wurde.

Da die Beiden keine Kinder hatten oder nähere Verwandten, die sich um sie kümmern konnten und Mrs. Hastings in ihrem Alter die komplette Versorgung ihres Ehemanns und die Finanzierung des Anwesens nicht mehr alleine schaffte, wurde das Haus zwangsversteigert und die Hastings in eine kleine Wohnung eingewiesen, in der sich eine ausgebildete Betreuerin, um das Pärchen kümmerte.

Mrs. Adelson hatte mir als ich gerade mal sieben Jahre alt war von dem alten Pärchen und ihrer Liebesgeschichte erzählt, denn dieses Haus hatte Mr. Hastings extra für seine Frau bauen lassen. Beide wehrten sich akribisch ihr Haus zu verlassen und musste fast gewaltsam hinausgetragen werden.

Dieses Meisterwerk an Architektur verbarg also nicht nur eine außergewöhnlichen Charme, den jeder auf den ersten Blick spüren konnte , sondern auch viele bedeutungsvolle Momente der Zweisamkeit.

Anfangs wollte man das alte Pärchen in verschiedene Einrichtungen einweisen, aber Mrs. Adelson konnte sich gegen diese Maßnahme deutlich zur Wehr setzen. Oft habe ich mir vorgenommen die Beiden selbst einmal zu besuchen. Allerdings war es fast unmöglich sich herauszuschleichen.

Irgendjemand sah mich immer, ob ich nur in die Küche ging oder in das Wohnzimmer. Ich wollte unseren Angestellten keinen Ärger bescheren und so versuchte ich einen "Fluchtversuch" erst gar nicht. Fragen, ob ich dieses entzückende Paar besuchen dürfte, käme erst gar nicht in Frage, schließlich waren diese zwei Menschen für meinen Vater überhaupt nicht wirtschaftlich nützlich. Sie brachten weder Geld ein, noch konnte man durch sie Kontakte knüpfen.

Mrs. Adelson war die einzigste Person, die sich für die alten Menschen eingesetzt hatte und die komplette Unterbringung, Medikamente sowie die Betreuerin finanzierte.

Als das Haus versteigert wurde, kaufte es natürlich meine Mutter und wollte daraus einen nützlichen Gebrauch für die Stadt neu erschaffen. Das Gebäude wurde von innen komplett renoviert und modernisiert.
Dort, wo vorher noch alles nach alten aber sauberen Holz und altmodischen Tapeten roch, war nur noch Marmor und Glas zu sehen.

Jedes noch so kleine Detail der Hastings wurde durch neumodischen und überteuerten Schnickschnack zerstört. All die Liebe, die man in diesem Haus gespürt haben musste war verschwunden, genauso wie die zwei Liebenden selbst. Ihr ganzes Leben hatten sie alles für dieses Haus und für den jeweils Anderen geopfert und nun hatte sie die Zeit eingeholt, die niemand auch nur aufhalten konnte.

Zwei wunderbare Menschen, die sich auf den ersten Blick ineinander verliebt hatten und immer noch zusammen waren. Mehr brauchte man auf dieser Welt doch gar nicht...nur jemanden den man von ganzen Herzen liebt.

Durch ein langes und schrilles Quietschen wurde ich wieder zurück in die Realität geworfen. Ich beobachtete etwas benommen, wie sich das Eingangstor gemächlich öffnete und unser Wagen sich wieder in Bewegung setzte, um das Tor passieren zu können.

Während George unseren Wagen wieder in Bewegung setzte, bemerkte ich jetzt erst wieder wie unglaublich groß das gesamte Grundstück war. Wir steuerten direkt auf den großen und majestätischen Brunnen in der Mitte zu, an dem man rechts oder links vorbeifahren musste, um sich das Auto nicht zu ruinieren. Beide dieser Wege führte zum Haupteingang des Hauses. Da wurde man auch rausgelassen und der Wagen von seinem Chauffeur oder von den angestellten Portiers in die Tiefgarage weggefahren.