Prolog

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12 Jahre zuvor.

„Manu gib mir das wieder zurück", lachend lief ich hinter meinem drei Jahre älteren Bruder her. Er hatte mir meinen lieblings Teddy geklaut. Dieser Teddy begleitet mich seit meiner Geburt, dementsprechend aufgebracht war ich. Übel nehmen konnte ich es Manu aber nicht. Er war immerhin alles, was ich in meinem Leben liebte. Zu meiner Mutter hatte ich kein wirklich gutes Verhältnis. Wegen meinem Aussehen versuchte sie mich zu verstecken. So fühlte ich mich jedenfalls. Ich sah keinem meiner kleinen Familie ähnlich. Ich hatte von Natur aus silbernes Haar, auch meine zierliche Gestalt hatte ich von niemandem erben können. Vielleicht von meinem Vater, aber diesen habe ich nie kennen gelernt. Er verstarb direkt nach meiner Geburt. Ich lebte in einem kleinen Haus in einem Vorort vor London. Das Haus ist nicht besonders groß weswegen ich meinen Bruder schnell gefunden habe. Er konnte sich ja nicht an vielen Stellen verstecken. „Gib ihn mir zurück. Du weißt, dass ich das nicht lustig finde", schmollte ich jetzt und verschrenkte trotzig meine Arme vor meinem Körper. Für mein Alter war ich schon sehr stark und groß. Ich sprang auf meinen Bruder und entriss ihm mein Stofftier. „Hey den wollte ich gerade verstecken", lachte Manu. „Tja ich bin eben stärker als du", lachte ich und streckte ihm meine Zunge raus. „Na warte!" Manu wollte mir schon hinterher laufen, da rief meine Mutter: „Manuel kommst du eben mal runter". Manu musste sich ergeben und ging die einzige Treppe in unserem Haus hinunter in die Küche. Ich ging zurück in mein kleines Zimmer. In ihm stand mein kuscheliges Bett, ein Wandschrank und ein Stuhl vor einem Schreibtisch, wo meine Malsachen verstreut herum lagen. Ich lauschte an der Tür, in der Hoffnung etwas verstehen zu können. Meine Mutter schien aufgebracht. Ihre Stimme verriet, dass sie Angst hatte. Ich bekam nur wenige Wortfetzen mit „Manuel... Ich kann nicht... Du musst mit gehen." Eine mir fremde Männer Stimme ertönte. Ich verstand nicht, was er sagte. Manuel schrie etwas unverständliche. Mir stiegen Tränen in die Augen. Aus irgendeinem Grund wusste ich, dass da unten etwas schlimmes passiert. Die Haustür wurde zu geschlagen. Schnell rannte ich an mein Fenster, welches in Richtung Straße war. Unten war mein Bruder und ein fremder Mann, welcher ihn in eine Auto schob. Schnell wollte ich zu Manuel rennen. Ich drehte mich um und stolperte über ein Spielzeugauto.
Meine Knie und Hände schmerzten. Mir war das egal, ich musste so schnell wie möglich zu Manuel. Tränen liefen in strömen über meine Wange. Ich konnte meine Emotionen nicht unterdrücken. Eine mir unbekannte Wärme breitete sich in mir aus. Ich beeilte mich die Treppe runter zu rennen. Meinen Mutter stand an der Tür mit Tränen in den Augen. „Mama, wo geht Manu hin!"„Ich kann dir das nicht sagen mein Schatz. Bitte beruhige dich doch", versuchte sie mich zu besänftigen. „Nein! Ich muss zu Manuel. Er darf nicht gehen!", schrie ich verzweifelt. Meine Mutter hielt mich fest. Die Wärme in mir würde stärker. Ich schmiss meine Mutter zu Boden und riss die abgeschlossene Tür auf. „Manu!", ich beeilte mich zu dem schwarzen Auto zu kommen. Manuel blickte durch die Scheibe. Ich sah Trauer und Wut in seinen Augen. Das Auto fuhr los. Ich versuchte einen Schritt schneller zu rennen. Es brachte nichts. Meine Knie und Hände taten zu sehr weh. Etwas warmes lief meine Beine hinunter. Das Auto war schon längst um die nächste Ecke gefahren. Ich merkte, dass meine Hände und Knie bluteten. Mit quietschenden Reifen fuhr das Auto über den Schnee, der in der kleinen Straße auf dem Teer lag. Ich sackte zusammen. Langsam entwich die Wärme aus meinem Körper und ich merkte wie kalt es draußen war. Ich saß im Dunkeln auf der verschneiten Straße und weinte so sehr wie ich nur konnte. Ich schrie den Schmerz hinaus. Mir war es egal was die Nachbarn dachten. Der Schnee unter mir färbte sich langsam Rot. Ich fühlte nur einen unglaublich starken Schmerzen in meiner Brust. Mir wurde das Liebste in meinem Leben genommen. Ich würde ihn finden müssen. Koste es was es wolle. Ich brauchte ihn einfach.
Eine warme Hand legt sich auf meine bebende Schulter. Es beruhigte mich etwas. „Komm rein Liebes. Ich mach dir eine heiße Schokolade. Und verbinde deine Wunden. Du erfrierst hier draußen doch. Mir fällt es auch nicht leicht ihn gehen zu lassen. Aber glaub mir, ich konnte nichts machen." Ich dreht mich um und blickte mit verheulten Augen in die blauen Augen meiner Mutter. Sie lächelte mir aufmunternd zu. In ihrem Blick lagen  Schmerzen. Sie meinte es wirklich so. Sie wollte ihn nicht verlieren.
Ich stand auf und ging an der Hand meiner Mutter in unser Haus. Die Tür war kaputt. „Das ist nicht so schlimm. Wir lassen sie reparieren", lächelte meine Mutter. Ich setzte mich auf das Sofa im Wohnzimmer und starrte mit einem leeren Blick ins nichts. Ich fühlte mich schrecklich. Leere breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Ich würde diesen Abend niemals vergessen. Meine Mutter klebte Pflaster mit Blümchen auf meine aufgerissenen Knie und säuberte meine Hände.
Ich trank meine heiße Schokolade aus und legte mich in die Arme meiner Mutter. Ich würde jetzt wohl mit ihr auskommen müssen. Bis jetzt hatte mein Bruder mich immer vor Ärger beschützt. Jetzt war ich alleine. Ich konnte es nicht wirklich glauben. Es war so unreal.
Schneller als gedacht schlief ich ein. In dieser Nacht träumte ich wirres zeug. Ich stand an einem Abgrund. Vor mir flog ein Mann mit Engelsflügeln. Er erhob sein Schwert gegenüber mir. Eine wärme, wie ich sie heute auch verspürt hatte, breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Ich stand da umhüllt von weißen Flammen. Sie verbrannten mich nicht. Ich stürmte auf diesen Mann zu... Plötzlich wurde ich aus meinem Schlaf gerissen. Ein hörte ein dumpfes Geräusch aus der Küche. Ich entschied mich aber liegen zu bleiben und so zu tun als würde ich schlafen. Mein Herz in meiner Brust hämmerte wie wild. Schon wieder ein dumpfer Schlag. Ich wusste, dass ich nicht schlafen könnte wenn ich jetzt nicht aufstand.
Vorsichtig, bedacht darauf meine Mutter nicht zu wecken, schlich ich leise in die Küche. Ich bewaffnete mich mit dem Glutschürer an unserem Kamin. Ich bekam mit jedem Schritt mehr Angst. An dem Türrahmen der Küche angekommen, schaltete ich das Licht ein. „Niemand rührt sich, sonst schlage ich zu! ", rief ich mit geschlossenen Augen, immer bedacht darauf meine Mutter nicht zu wecken. Eine kleine weiße Katze mit zwei schwänzen und goldenen Augen saß friedlich auf der Theke mitten in der Küche. Langsam ging ich auf sie zu. Warum hatte die zwei Schwänze? „Wer bist du denn? Und wie bist du hier her gekommen?", dumm von mir das zu fragen, sie konnte doch gar nicht reden. „Ich bin Nora, eine heilige Wächterin. Ich bin eine Geschenk Azazel's. Ich passe in Zukunft auf dich auf", schnurrte die Katze. Warte mal die Katze sprach mit mir? Oh nein ich werde verrückt. Ich ging auf sie zu und stupste sie an. Sie schmiegt sich an mich und ich nahm sie mit auf das Sofa. Dann würde ich sie wohl behalten. Dieser Tag war komisch genug. Eine sprechende Katze ist wohl das kleinere Übel. Ich wunderte mich gar nicht mehr darüber. Die Nähe der Katze fühlte sich komisch vertraut an.

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