Kapitel 1

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"Der Drache wird wieder kommen, und seine Rache wird fürchterlich sein."

Das waren die letzten Worte meines Großvaters bevor er ging.

Der Drache, ja, eine dieser uralten Legenden in unserem Dorf, die immer noch bei einigen der Bewohner Bestand hatte. Viele der älteren Familienoberhäuptern erzählten hiervon. Meine Eltern hielten das für dummes Gerede, genau wie viele ihrer Generation. Mich jedoch hatte mein Großvater damit angesteckt, so dass ich jetzt begonnen hatte Geschichte zu studieren; mit Blick auf alte Schriften und Sprachen, die es so nicht mehr gab. In den Augen meines Dorfes war das einerseits gerne gesehen, andrerseits wurde ich als "Schande" und als "unwürdig im Dorf zu wohnen" betitelt. Dort wohnte ich schon länger nicht mehr. Die Universität lag zu weit von meinem Dorf weg, weshalb ich gezwungen war, von dort in die Universitätsstadt zu ziehen.

Wirklich gefallen tat es mir hier nicht. Zu laut, zu viele Menschen; immer wollte irgendwo jemand Party machen. Ich war weder jemand, der gerne Party machte; noch fand ich große Menschenansammlung sonderlich toll.

Ich blieb ein Dorfkind. Innerhalb der Uni galt ich als Außenseiterin, und mit den Studien blieb ich gewiss auch eine. Jedoch machte mir das nichts aus. Ich war ein Einsiedler; von Geburt an. Ich war nie an größeren Familienansammlungen interessiert. Bei den traditionellen Festen des Dorfes hatte ich andere Wahl, als mich zu fügen. Aber bei den Festen verstand irgendwo keiner mehr den Hintergrund beziehungsweise welchem Gott damit gehuldigt werden sollte. Das würde ich zumindest bald wissen. Ich würde alles rausbekommen. Die ganze Geschichte und die Traditionen; die Beziehungen zu anderen Dörfern, denn ich wusste, dass die Beziehungen nicht immer die besten waren. Das interessierte mich am meisten. Als meine Mum sich entschieden hatte, meinen Vater zu heiraten waren meine Großeltern geschockt und hatten gesagt, sie solle sich doch für einen Jungen aus dem Heimatdorf entscheiden. Zum Kommentar ihrerseits, dass es entweder der oder keiner werden würde, haben sie klein beigegeben und ihren Segen gegeben.

Aber beide waren nicht mehr so angesehen in beiden Dörfern, aber beide liebten ihre Heimat und dachten nicht daran, weg zu ziehen. Ich selbst, bin in einer etwas gespaltenen Familie aufgewachsen. Es war oft schwer, Anschluss zu finden. Das eine Dorf väterlicherseits nahm mich nicht als vollwertiges Mitglied des Dorfes wahr, obwohl wir dort wohnten. Bei dem benachbarten Dorf, aus dem ihre Mum kam, war es ähnlich. Für mich war es eine schwierige Kindheit, denn unter diesen Bedingungen ein Sozialleben aufzubauen war nicht einfach.

Hier an der Universität war erging es mir ähnlich. Ich war die obskure Einzelgängerin, die, die der Geschichte des eigenen Dorfes nachhing. Jemand, die allen irgendwie seltsam vorkam. Ich akzeptierte das. Ich hatte keine Probleme damit. Ich war es gewohnt. Jedoch fühlte ich mich einsam. Eine Person bei mir zu haben, die mich versteht, die mit mir fühlen konnte, wäre ein Traum. Doch habe ich gelernt, auf Träume nicht so viel zu setzen. Wir mussten alle arbeiten, um unsere Träume zu verwirklichen. Und um jemanden zu kämpfen, nur um Gesellschaft zu haben, hatte ich keine Zeit. Ich verbrachte den Großteil meiner Freizeit damit, in der Bibliothek alte Schriften zu erforschen, oder aber die Notizen der Vorlesungen zu überarbeiten.

Der Rest der Zeit ging meist für Ahnenforschung drauf, denn zu diesem Thema schwiegen sich meine Eltern, als auch meine Großeltern aus. Die einzige Person, die vielleicht was dazu gesagt hätte, verstarb als ich neun war, zu jung, um irgend etwas davon zu verstehen. Meine Uroma war immer sehr gesprächig, teilweise fluchte sie in einer Sprache, die ich nicht verstand. Bevor ich jedoch eine Frage dazu stellen konnte, bremste mein Vater sie aus. Es schien als verstünde er, was sie von sich ließ. Niemals hatte ich ähnliche Worte aus dem Mund meines Großvaters gehört, aber ich war mir sicher, dass er genau wusste, was seine Mum sagte.

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