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Jungkook Pov.

Es war Nacht, als ich ihn zum ersten Mal sah.

Unter dem sternenlosen, beinahe tiefschwarzen Himmel, als ich unbeschwert die leeren Straßen Busans entlanglief. Nur ein paar Laternen, an denen ich vorbeispazierte, spendeten mir dabei das nötige Licht, um nicht völlig die Orientierung zu verlieren.

Vor ein paar Wochen zog ich aus Seoul hierhin, also kannte ich mich noch nicht sonderlich gut in dieser Stadt aus: das Studium, worin ich mich mit voller Begeisterung einschrieb, zog mich praktisch hierher und bot mir vorerst nicht die Möglichkeit alle Ecken meines neuen Wohnortes kennenzulernen. Die ersten Vorlesungen starteten schon am darauffolgenden Tag und für mich war diese zu verpassen einfach keine Option.

Es war ein wenig kühl, als ich planlos umherstreifte, weshalb ich meine Hände in die Tasche meines blauen Hoodies steckte, doch mich wirklich stören tat es nicht. Auch nicht der frische Windhauch, der meine Haare etwas aus der Ordnung brachte - viel eher genoss ich es. Es gab mir das Gefühl, dass die Sorgen, welche sich noch tief in meinem Kopf verborgen hielten, sich wie von selbst auflösten. 

Es tat gut die frische Luft einzuatmen und die Außenwelt zu erkunden, anstatt bei mir daheim im Bett zu liegen, worin ich sowieso erst eine lange Zeit wach und nachdenkend weilen würde.

Ich lächelte.

Ich liebte diese Spaziergänge mitten in der Nacht, bei denen man seine nötige Ruhe hatte und den verankerten Stress von den Schultern schütteln konnte. Sobald ich mir nach einem anstrengenden Tag wie heute ein wenig die Beine vertrat, hing ich den guten Momenten im Leben nach, wofür sich all die Anstrengungen, die man entgegen brachte, lohnten und nie darin versagten mir ein leichtes Schmunzeln ins Gesicht zu zaubern. Es hinterließ immer ein Gefühl von Glück und Zufriedenheit: die leeren Straßen, die ruhige Atmosphäre und der Wind, der die negative Energie wegblies, sorgten dafür. Daraus resultierte oftmals die gute Laune, die ich verspürte, wenn ich dann mit dem Spaziergang durch war und mich auf den Heimweg machte.

Allerdings unterschied sich diese Nacht von allen anderen Nächten, an denen ich sorglos umherlief. Es war diese eine Person, die diesen Unterschied machte.

Als ich in die nächste Straße einbog, kam er mir entgegen. Er trug nur schwarz und verhielt sich unauffällig wie jeder andere Nachtgenosse auch, der an mir vorbeimarschierte. Ein junger Mann, vielleicht um die Zweiundzwanzig, der bloß genauso wie ich selbst den nächtlichen Spaziergang genoss. Nichts Außergewöhnliches. Ich hätte ihm kaum Beachtung geschenkt und wäre gewöhnlicherweise einfach an ihm vorbeigelaufen, wie an jedem anderen Passanten auch. Wären da nicht seine hellen, blonden Haare, die trotz der Dunkelheit auffielen und als erstes meine Aufmerksamkeit auf ihn zogen.

Je näher er mir kam, desto deutlicher konnte ich sein makelloses Gesicht erkennen, das vom schwachen Schein der Laterne, welche uns voneinander trennte, beleuchtet wurde. Und obwohl er in meine Richtung schaute, schien er bloß durch mich hindurch zu sehen, so, als ob ich nicht anwesend wäre.

Das Licht fing an zu flackern, mal schneller, mal langsamer. Mal wurde es viel heller als vorher, mal wurde es finster. Es ließ diesen jungen Mann mächtig wirken, so wie er mit seiner ausdruckslosen Miene immer mehr in den Vordergrund rückte.

Seine dunklen Augen, die starr nach vorn gerichtet waren, strahlten Autorität und solch eine Kälte aus, sodass es mir eisig über den Rücken lief. Trotzdem schaute ich nicht weg, so wie ich es sonst täte, da mich diese Tatsache irritierte. Also neigte ich meinen Kopf ein wenig zur Seite und suchte in ihnen vergebens nach anderen, positiven Ausstrahlungen, die aus den Augen des Unbekannten hervortreten könnten.

Ich runzelte die Stirn.

Denn wie sagte man so schön? "Dunkle Augen strahlen eine gewisse Wärme aus" und tatsächlich traf ich bisher niemanden, der diese These, welche vom Volksmund stammte, je widerlegen konnte. Es war ziemlich ungewöhnlich und faszinierend zugleich. "Das warme Braun", das man kannte, schien nicht zu existieren.

Boy Meets Evil | ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏ ᵒˢ #wingaward2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt