Unter dem Schloss

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Ihr Atem wurde zu weißen Wölkchen, wenn er ihren Mund verließ. Es war bitterkalt in der Zelle und die zerlumpten Decken konnten sie nur ungenügend wärmen. Sehnsuchtsvoll richtete sie ihren Blick auf die kleinen, verdreckten Fenster durch die spärlich das Sonnenlicht drang. Sie wunderte sich. Sollte es nicht schon längst Sommer sein? Doch es war so kalt hier unten, als würde gerade der Winter Einzug halten. Ihre Augen richteten sich wartend zu der, mit eisen verstärkten Holztür, die zu ihrer Zelle führte. Bald müsste ihr Frühstück kommen. Das hoffte sie zumindest. Manchmal ließ man sie tagelang Hungern. Ob aus Spaß oder aus Vergesslichkeit wusste sie nicht. Sie wusste nur, dass sie schon lange hier eingesperrt war. Sie hatte nach drei Jahren aufgehört zu zählen. Sie wusste nur, sie hatte hunger, sie fror und die Eisenmaske die sie Tag und Nacht tragen musste, scheuerte schmerzhaft auf ihrer, durch die Kälte empfindlich gewordenen, Haut. Zitternd schlang sie die zerlöcherten Decken enger um ihren mageren Körper und hoffte, dass sie heute etwas zu essen bekam. Überleben. Das war das Einzige worauf sie sich Konzentrieren musste. Hier hinaus kommen. Diese Maske abbekommen. Wieder das Sonnenlicht zu spüren. Zischend stieß sie die Luft aus. Warum nur? Warum hatte man sie hier eingesperrt? All die Jahre hatte sie es die Wachen gefragt. Sämtlich Besucher, die sich bis zu ihrer Zelle verirrten. Doch niemand hatte ihr Antwort gegeben. Niemand durfte mit ihr Reden oder sie auch nur ansehen. Und so verlor sie sich in der Einsamkeit und Stille dieser Zelle. "Lass den Kopf nicht hängen. Du kommst hier schon hinaus.", versuchte sie sich mit leiser und kratziger Stimme, Mut zu machen. Wann hatte sie das letzte Mal gesprochen? Vor Tagen oder nur vor Stunden? Sie konnte sich nur mit sich selbst unterhalten. Sie blies sich warmen Atem in ihrere Hände, in der Hoffnung sie irgendwie aufwärmen zu können. Doch sie blieben kalt und taub. Plötzlich erklangen Schritte in den hallenden Fluren des Kerkers, doch es war weder eine Wache noch ein Bediensteter. Wer war das Wohl? Eine Magd vielleicht. Immer mehr Schritte schlossen sich dieser Person an, doch sie glaubte nicht, das sie zu ihr wollten. Niemand wollte zu ihr. Hungernd und Frierend kauerte sie sich in eine Ecke und wickelte sich noch tiefer in die Decken. Wer weiß, vielleicht wurde jemand begnadigt? Gerade wollte sie Augen schließen als das Schloss an ihrer Tür knackte und aufgeschlossen wurde. Die Tür gab einen schreckliches Quietschen von sich als sie geöffnet wurde und dann wurde ihre Zelle gestürmt. Ein tonloser Laut entfloh ihrer Kehle, als dutzende Gestalten in die Zelle gerannt kamen und sie packten. Sie war zu schwach um sich zu wehren und erduldete die Prozedur. Man nahm ihr die Maske ab und stülpte ihr einen schwarzen Sack über den Kopf. Dann hob man sie hoch und nahm sie mit. Sie spürte noch wie jemand Anderes in die Zelle gebracht worden war und man dieser Person die Maske anzog, dann dämmerte sie weg. Der Hunger hatte sie ausgelaugt.

The Queen of HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt