Olivia Clark - three

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Beim zweiten Klingeln nahm sie endlich ab. Ich hörte ein kurzes Stöhnen und mein Herz machte kurz einen Sprung. 

"Hey mein Spatz.", hörte ich eine kratzige Stimme sagen. Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich den Atem angehalten habe, aber nur diese zwei Wörter allein aus ihrem Mund zu hören,  machten meinen Tag besser. 

"Hey Mama, wie geht es?" Ich hatte das Gefühl, als würde ich fünf Minuten lang auf ihre Antwort warten, dabei war sie seit der ersten Sekunde an der Leitung. 

"Es wird schon." Das tat sie jedes Mal. Sie versuchte mich jeden Tag zu beruhigen, aber das machte mich wie immer eher nervöser als ruhiger. Ich verdrehte die Augen und kämpfte gegen meine aufsteigenden Tränen. 

"Nein Mama, wie geht es dir?" 

Ich hörte sie an der anderen Leitung schlucken. Das Geräusch allein zeigte mir schon, dass mir ihre Antwort nicht gefallen würde. 

"Doctor Harper meinte, es wäre das Beste für mich, wenn die Ärzte mir..." Schon wieder fühlte es sich wie eine halbe Ewigkeit an, bis sie ihren Satz fortsetzte. Sie zögerte kurz. "... eine Chemotherapie unterziehen würden." 

Ich schloss meine Augen und zählte leise bis zehn. Ich durfte  nicht schreien. Ich durfte nicht weinen. Denn das wäre das Letzte, was meine Mama in diesem Moment gebraucht hätte. 

Sie brauchte meine Unterstützung und Zustimmung. Sie brauchte meine Meinung, meine Kraft und meine Energie und all das versuchte ich ihr zu geben. Ich schluckte den Kloß runter, der sich in meinem Hals gebildet hatte und wischte meine Tränen weg. Ich wimmerte nicht mal, weil ich wusste, dass sie es hören würde. Meine Mama ist zwar krank, aber unterschätzt habe ich sie, denn ich kenne sie am besten. 

"Ich vertraue Doctor Elizabeth Harper. Sie ist eine gute Ärztin, deshalb..." 

Diesmal war ich diejenige, die eine kurze Pause brauchte. Es war kein Mutter-Tochter Gespräch, was man sich gerne wünschte. Normalerweise redet man mit seiner Mama gerne über die neuen Taschen von Longchamp und die aktuellsten Trends. Aber das alles spielte keine Rolle mehr, seitdem Tag, als man mir erzählt hatte, dass meine Mama an Krebs leidet. 

"...deshalb solltest du ihr dabei zustimmen.Ich werde schauen was sich machen lässt, damit ich so schnell wie möglich bei dir sein kann, okay?"

"Nein Olivia, ich sag dir bescheid, wann du mich kommen kannst. Ich will nicht, dass du so viel für ein Flugticket ausgibst. Du weißt, dass auch Doctor Harper deine Handynummer hat. Wir sind auf alles vorbereitet."

"Aber Mama.." 

"Nein mein Spatz. Hör auf..." Sie hustete kurz. "Sorry Liebes. Hör auf deine Mama. Ich werde dich auf dem Laufenden halten. Ich ruf dich morgen früh nach dem Termin an, in Ordnung?"

Mit meiner Mama war es sinnlos zu diskutierten. Trotz der Krankheit zeigte sie Temperament und Stärke und meiner Mama konnte ich noch nie widersprechen. 

"Danke Mama. Liebe dich. 

"Ich dich auch und jetzt ab ins Bett mit dir. Wir haben schon kurz nach 11." Bevor ich auch noch irgendwas sagen konnte, legte sie auf. 

Ich legte mein Handy bereite und steuerte auf mein Bett zu. Meine Wohnung war ziemlich klein aber mein Bett dagegen umso größer und es war das einzige Möbelstück, was ich sehr lieb gewonnen habe. 

Wie ein häufchen Elend lag ich mit verschmierter Mascara in meinem Bett und ließ mich einfach fallen.Ich heulte und es tat so gut, einfach nur zu weinen. 

Bis es an meiner Haustür klingelte. 

Es war halb 12. Wer würde jetzt um die Uhrzeit bei mir klingeln wollen ? 

Ich schaute mich im Spiegel an, der im Flur hing und versuchte meine verschmierte Mascara wegzuwischen und meine Haare einigermaßen zu richten.

 Dann atmete ich tief ein und aus und machte langsam die Tür auf. 

"James, was willst du hier?" Er lächelte mich verschmitzt an, bis er mein verheultes Gesicht sah. Erschrocken zog er seine Augenbrauen zusammen, stieß die Tür auf und lief rein. 

Er nahm mein Gesicht in seine beiden Hände und schaute mir tief in die Augen.

"Olivia, was ist passiert? Rede mit mir. Was ist los? Warum hast du geweint?"

Plötzlich heulte ich schon wieder los. Ich zitterte überall.

"Ich kann.. ich kann nicht mehr." 

"Hey, alles gut." Er strich mir immer wieder durch die Haare. "Alles gut. Ich bin ja da."

The DealWo Geschichten leben. Entdecke jetzt