Essen

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Als sie spürte wie Tränen ihre Wangen hinunter liefen, vergrub sie so schnell wie möglich ihr Gesicht in den Händen.
Nein! dachte sie Hör auf zu weinen! Was bringt es dir denn?
Wieder wurde sie von einer Woge der Übelkeit überrollt, während ihre Tränen nicht aufhörten zu fließen.
Tausende Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Gedanken, die sie solange unterdrückt hatte.
Gedanken, die niemand jemals zu hören bekommen durfte.
Was ist bloß falsch mit mir? Warum bin ich zu unfähig irgendetwas zu schaffen? Und jetzt sitze ich wieder hier und bemitleiden mich selbst. Obwohl es anderen viel schlechter geht.
Ihre Mutter, die nach ihr rief um zu sagen, dass es Essen gibt, riss sie aus diesen Gedanken.
Wieder überkam sie eine Woge der Übelkeit, als sie das Essen roch. Sie hatte das Gefühl sich übergeben zu müssen und versuchte so gut es ging, dieses zu unterdrücken.
Es war schon seit einiger Zeit so. Sie wollte nichts essen, denn sonst hatte sie immer den Drang zu erbrechen aber nun war es so, dass sie ihn fast immer verspürte.
Ihre Mutter hatte immer gesagt:" Wenn dir schlecht ist, dann iss was. Mir hilft das immer."
Sie konnte es aber nicht. In solchen Momenten wollte sie ihr am liebsten ins Gesicht schleudern, dass Brechreiz so nicht funktioniert. Doch sie blieb jedes mal still. Ihre Mutter bemerkte gar nicht, dass etwas nicht stimmt.
Bemerkte die Narben an den Armen ihrer Tochter nicht.
Bemerkte das nächtliche schluchzen nicht.
Und auch nicht die Tatsache, dass sie kaum aß.
"I-Ich komme g-g-gleich", stotterte sie als Antwort und wischte sich die Tränen aus den Augen.
Wie das jetzt wohl aussehen würde, wenn ich mich schminken würde? fragte sie sich.
Scheiße!  Aber dann würdest du wenigstens die restliche Zeit erträglich aussehen!
Sie hasste sie. Diese Stimme in ihrem Kopf. Doch sagte sie auch die Wahrheit.
Wieder brannten heiße Tränen in ihren Augen, doch sie wischte sie so schnell wie möglich weg.
Erst dann bemerkte sie den Schmerz und das Blut auf ihrem Arm. Sie hatte scheinbar ohne es selbst zu merken eine Stecknadel von ihrem Fenstersims genommen und mit ihr ein Loch in ihrem Arm hinterlassen.
Leise fluchend holte sie ein Pflaster und klebte es darüber.
" Kommst du jetzt endlich? Das Essen wird kalt!", rief ihre Mutter aus dem Esszimmer.
Mühsam rappelte sie sich auf und ging zur Tür. Kurz bevor sie diese öffnete warf sie nochmal einen Blick in den Spiegel.
Ihre Augen waren leicht gerötet aber sonst schien sich nichts verändert zu haben. Sie hasste es sich anzusehen. Es fühle sich jedesmal an als würde sie eine fremde sehen und sich dennoch für das Äußere der Person schämen.
Aber sie konnte ihr Zimmer nicht durqueren ohne an einem Spiegel vorbeizukommen, da ihre Mutter darauf bestanden hatte dort insgesamt 8 Spiegel aufzuhängen.
Sie betrachtete sich nochmals im Spiegel und setzte ihr bestes Fake-Lächeln auf bevor sie ins Esszimmer ging und sich setzte.
Ihre Mutter hatte schon mit essen begonnen und sah fern. "Guten Appetit", sagte sie kurz und wendete sich wieder dem Fernseher zu, während ihre Tochter sich alle Mühe gab das Essen igendwie herunterzuwürgen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 05, 2018 ⏰

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