1.Kapitel

79 2 0
                                    

Ich stehe im Bad und greife nach meiner Zahnbürste, drücke Zahnpasta aus der Tube und lasse Wasser über die Zahnbürste laufen. Während der gleichmäsigen Bewegungen schaue ich in den großen Spiegel. Erschrocken mustere ich mich. Unter meinen blauen Augen hängen tiefe schwarze Augenringe. "Wo kommen die denn bitte her? Ich habe doch genug geschlafen... "denke ich. Ich bin fertig mit Zähneputzen und stecke die Zahnbürste zurück in den Halter. Ich ziehe den Badschrank auf und hole meine Haarbürste herraus. Mit langsamen, gleichmäsigen Bewegungen kämme ich mir meine schwarzen Haare durch. Ich staune, wie lang sie schon wieder geworden sind. Inzwischen reichen sie mir knapp über die Brust. Schnell wird die Bürste zurück an ihren Platz gelegt und die Badezimmertür hinter mir zugezogen. Ich merke garnicht, dass ich schon wieder bei mir im Zimmer stehe. Ich krame in meinem grossen Spiegelschrank nach einer Hose, doch als ich sie nicht finde drehe ich mich zu meinem Bett um. "Dort liegt sie ja!" rufe ich und grabble über mein grosses Himmelbett um die Hose auf dem Boden zu holen. Ich greife nach ihr und fahre mit der Hand über den Stoff, um den Staub zu entfernen. Ich hole mir Unterwäsche aus der unteren Schublade und drehe mich erneut im Zimmer um.

"Wo zur Hölle ist denn jetzt mein Top und meine Jacke?" fluche ich laut.

Keiner Zuhause. So wie jeden Morgen, meine Eltern sind arbeiten und mein grosser Bruder Roman ist in der Schule. 'Achja, Schule... Da muss ich ja auch noch hin' denke ich und stöhne genervt auf.

Ich hasse meine Schule. Ich hasse meine Klasse. Ist ja schon schlimm genug, dass mich keiner dieser Idioten leiden kann, nein, das Leben hat es wieder mal ganz besonder gut mit mir gemeint, alle Mädchen sind diese typischen blonden Girlies, die sich super gut mit Schminke und Mode auskennen. Ich bin das schwarze Schaf.

Schnell beschliese ich, ins Bad zurück zu gehen und mich zu schminken. Die Jacke und das Top werden sich später noch finden.

Und tatsächlich, auf dem Weg ins Bad finde ich das, was ich gesucht habe. Die Sachen liegen über dem Treppengeländer. Ich nehme sie mit ins Bad. Als ich die Tür hinter mir schliese, ziehe ich mir die Hose nocheinmal aus. Ich muss mich noch wiegen. Schnell stehe ich auf der Waage und warte. Nervös warte ich. 'Bitte, lieber Gott, lass mich nicht schon wieder abgenommen haben!' denke ich verzweifelt. Ich bin 1.55 m groß und wiege gerade mal 45 kg. Mein Arzt meint, wenn ich 44 kg wiege, muss ich ins Krankenhailus oder in die Kur.

Kurz bevor das Ergebnis auf dem kleinen Bildschirm erscheint, kneife ich die Augen fest zusammen und drücke meine langen, schwarzen Kunstfingernägel in die Handfläche. Ich atme einmal tief ein und aus und schaue auf das Ergebnis der Waage. Erleichterung zuckt durch meinen Körper: 45.5 kg.

Als ich fertig mit Schminken und mit den Haaren bin, ziehe ich mir die enge, schwarze Leggins wieder an. Ohne auf meine Oberschenkel zu schauen, ziehe ich die Hose nach oben. Das Top liegt so eng an, dass man meine Rippen sieht. Ich bin eindeilutig zu dünn, dass weiss ich. Aber egal was ich tue, ich nehme nicht zu. Genauso wenig wie ich braun werde. Selbst wenn ich stunden in der Sonne liege, bin ich weiss wie Papier.

Fertig angezogen geh ich nochmal schnell in mein Zimmer, um meine Schultasche zu holen. Dann gehe ich die Wendeltreppe nach unten, glaube meine Highheels aus dem Schuhschrank und ziehe sie an. Halb joggend gehe ich in die Küche, hole meinen Energiedrink aus dem Kühlschrank, den Schlüssel von der Ablage und mein Handy von der Couch. Dann gehe ich aus dem Haus und ziehe die Tür hinter mir zu.

Auf gehts in die Hölle!

Black RaspberryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt