33. Kapitel

218 25 16
                                    




           

Gwendolyn

„Das ist definitiv verstörend", murmelte ich und zupfte an dem Saum des Kleides, das mir Rose soeben übergestreift hatte. Die Farbe oder den Schnitt des Kleidungsstücks konnte ich nicht erkennen, da mir Josey zuvor die Augen mit einem Halstuch sorgefältig verbunden hatte.
Auch wenn mich die Geheimniskrämerei der Zwillinge etwas nervte und ich mich am liebsten einfach nur unter meiner Bettdecke verkriechen wollte, konnte ich nicht leugnen, dass die Beiden meine Neugierde geweckt hatten.
So geheimnisvoll wie sie sich verhielten, könnte man fast meinen, sie würden mich darauf vorbereiten, die Weltherrschaft zu übernehmen. Nicht, dass ich dieses Szenario nicht willkommen heißen würde.
Königin Gail wären wir dann auf jeden Fall los.

Ich befühlte mit meinen Fingerkuppen den Saum, welcher sich als weich und ziemlich glatt herausstellte. Eindeutig kein Sommerkleid. Eher etwas Formelles.
„Wann darf ich mich denn sehen?", hakte ich weiter nach, als die beiden Mädchen nicht auf meine vorherige Aussage reagiert hatten.
„Gar nicht", kam die Antwort prompt von Josey. Ich konnte ihr widerlich spöttisches Grinsen vor meinem inneren Auge sehen, als diese Worte ihren Mund verließen. Rose kicherte irgendwo links von mir verhalten.
„Gar nicht?", wiederholte ich perplex. Ich zuckte zusammen und stöhnte leise auf, als Josey anfing, mein zerzaustes Haar zu durchkämmen. Mit schnellen, entschlossenen Bewegungen hatte sie meine einzelnen Strähnen freigelegt und dabei wohl auch weniger Haare auf meinem Kopf zurückgelassen, als auf der Bürste. Schmerzhaft verzog ich das Gesicht. „Deine Sanftheit ist wirklich ein Traum, Josey", stieß ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
„Danke, Schätzchen", säuselte die Blondine. Ich konnte förmlich vor mir sehen, wie sie die Bürste wie eine Stylistin hin und her schwang und dabei wild mit den Wimpern klimperte.

„Augen zulassen", kommentierte Rose plötzlich und im nächsten Moment zupfte sie mir auch schon das Halstuch vom Gesicht. Sofort riss ich die Augen auf, schloss sie allerdings wieder, als ich den schwarzen Pinsel sah, der Kurs auf meine Pupillen nahm.
„Ich hab doch gesagt, Augen zulassen!", schimpfte Rose augenblicklich los, ehe ich die sanften Borsten an meinem rechten Lid spüren konnte.
„Ja", knurrte ich genervt und zog das Wort in die Länge. „Was würdest du denn tun, wenn dich zwei Verrückte überfallen und dich in ein Kleid stecken, obwohl du keine Ahnung hast, wofür du dich so schick machst?"
„Du machst dich gar nicht schick", erwiderte Josey links von mir und ignorierte meine Frage somit ungerührt. „Wir erledigen das."
„Nein, wirklich?", murmelte ich ironisch. „Wow, Josey. Was würde ich ohne deine Weisheiten nur machen?"
Als Antwort bekam ich einen leichten Klaps auf den Hinterkopf, welcher mich dennoch erschrocken auf keuchen ließ. „Du würdest dich immer noch in deiner stinkenden Bettwäsche verkriechen."
„Die stinkt gar nicht!", protestierte ich sofort und wollte meine Augen öffnen, doch der Druck der Borsten auf meinem Lid ließ sie geschlossen.
„Oh, doch", half Rose ihrer Schwester weiter. „Ist auch kein Wunder, wenn man sich mit voller Montur im Sommer, in einem überbelichteten Zimmer, unter der Bettdecke verkriecht. War dir denn nicht heiß?"

Stumm schüttelte ich den Kopf. Mir war wirklich nicht heiß gewesen. Zwar hatte mein Körper auf die hohen Temperaturen reagiert und auch dementsprechend viel Schweiß abgesondert, aber die eiskalte Leere in meinem Bauch konnte die Sommersonne nicht vertreiben.
Obwohl mein Körper vor sich hin schwitze, konnte ich lediglich die Kälte in mir spüren.
Erneut schüttelte ich den Kopf. Dieses Mal, um die düsteren Gedanken zu vertreiben. Egal was Josey und Rose auch vorhatten, so wie sie sich aufführten, musste es etwas ganz Tolles sein und meine Vorfreude auf die Überraschung würde ich nicht trüben, indem ich Jayce vor meinem inneren Auge auf und ab tanzen ließ.
Ich kniff die Augen fester zusammen und obwohl Rose laut protestierte, verschwand Jayces blaue Iris wieder aus meinen Gedanken.

Irgendwo zwischen Romeo und JuliaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt