prinzipien

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KAPITEL 2

Prinzipien


Hatte ich nicht einmal erwähnt, dass Lehrer mir wohl kaum Nachsitzen aufdrücken würden, falls ich keine plausible Antwort gäbe? Nun ja, ich lag falsch.

Denn jetzt gerade bin ich auf dem Weg zum Arrestraum der Roosevelt High - ein kleiner, stickiger Raum für böse, böse Schüler vom neunten bis zum elften Jahrgang. Die Seniors haben für solche Fälle entweder die Bibliothek oder werden dazu verdonnert, die Aufsicht für das Nachsitzen der anderen Stufen zu übernehmen, da sie verantwortungsbewusster seien als der Rest.

Ich fische mein Handy aus der Hosentasche und öffne den Chat mit Marlon.

Indie / 15:22

Wartet nicht auf mich, Mr. Filler hat mir Nachsitzen aufgetischt und jetzt habe ich ein Date mit Raum 126.

Nach wenigen Momenten erhalte ich auch schon eine Antwort.

Marlon / 15:23

Was hat Indie angestellt?

Ich seufze.

Indie / 15:23

Nichts. Mr. Filler hat nur seine Midlife-Crisis.

Marlon / 15:24

Da bin ich mir fast sicher. ;) Viel Spaß beim Herumsitzen, wir gönnen uns jetzt schöne, saftige Hotdogs beim Daniel's.

Indie / 15:24

Ich bin überhaupt nicht neidisch.

Marlon / 15:26

Kannst ja später nachkommen.

Bei dem Gedanken an Hotdogs läuft mir bereits das Wasser im Mund zusammen, doch vorher muss ich diese Stunde pure Qual hinter mich bringen. In einem engen Raum ohne Fenster mit pubertierenden Neunern und Zehnern zu hocken, ist nicht gerade ein Lebensziel von mir.

Einen kleinen Augenblick später komme ich beim Arrestraum an, hole noch einmal tief Luft (denn das wird der letzte, gute Atemzug für die nächsten 60 Minuten sein) und stoße die Metalltür auf.

Was mich erwartet, ist ein kammerähnlicher Raum mit einer kleinen Tafel, einem Pult und vier Tischreihen davor, wovon drei von sechzehn Stühlen bereits besetzt sind.

Keins der Gesichter kommt mir sonderlich bekannt vor; ich wage zu behaupten, dass es sich um zwei Neuner und um einen Footballspieler handelt. Zwar habe ich ihn gefühlt noch nie zu Gesicht bekommen, jedoch verrät ihn seine grün-weiße Collegejacke.

Alle drei glotzen mich an, als sei ich einem anderen Planeten entsprungen, als wäre es nicht schon genug, dass Marlon, Jesse, Will und ich in den Fluren immer angestarrt werden.

In Gedanken verdrehe ich die Augen, während ich mir einen Randplatz in der hintersten Ecke suche und mich setze.

Die Wände sind abgenutzt, tragen ein ausladendes Grau, und ich habe das Gefühl, dass sie mich einengen. Dabei ist der elende Geruch nach alten Turnschuhen auch keine Hilfe.

Ich schaue geradeaus auf den leeren Pult, der eigentlich von einem Lehrer oder Senior besetzt werden sollte. Wenn ich ein Zwölfer wäre, wäre mir die Stunde in der Schulbibliothek eindeutig lieber.

Nach zwanzig Minuten ist immer noch keine Aufsichtsperson aufgekreuzt. Ich frage mich, was ich hier überhaupt suche, denn Sinn und Zweck zu haben scheint das Ganze ja nicht. Doch gerade als ich mich aufsetzen und verschwinden will, springt die alte Tür mit der Aufschrift 126 auf und eine Person betritt den Raum, zerstört meine Hoffnung auf einen freien Nachmittag.

POTHEADSWhere stories live. Discover now