"Mom, bitte!", rief der Braunhaarige unter Tränen, während sein Vater ihn zur Tür zog. Seine eigene Mutter hatte ihn aufgegeben und blickte nur mit glasigen Augen aus dem Fenster, sich der Tatsache bewusst, dass ihren eigenen Sohn nie wieder sehen wird. Vater warf ihn raus, zwei Koffer hinterher und rief, voller Hass und Zorn: "Wir haben es nur gut gemeint! Wir wollten leibliche Großeltern eines Kindes werden; stolze Schwiegereltern einer tollen Frau und du ruinierst es! Lass dich ja nie wieder blicken!"
Der Sechszehnjährige, gedemütigt und geschlagen, weinte. "Vater, bitte ..."
"Nenn mich nicht Vater!", schrie der Alte entzürnt. "Du bist nicht mein Sohn!"Ethan zog sich aus der schmerzvollen Erinnerung seines Outings und schluckte all die Trauer und den Zorn herunter. Seine Eltern verließen ihn, als er sich als schwul outete. Es schmerzte so sehr, dass er es nicht vergessen konnte. Aber das war ja alles vor vier Jahren. Also hoffte er immer noch, es irgendwann vergessen zu können.
Er riss sein Auto zurück in die Spur, bevor er von der Straße abkam. Vielleicht lieber mehr auf die Straße achten, als in Erinnerungen zu schwelgen, dachte er sich und blickte auf das Schild, an welchem er soeben vorbei fuhr. New Orleans, eine gute Stadt für einen besseren Neuanfang. Jedenfalls hoffte es der Zwanzigjährige und hielt im French Quarter, vor einem Hotel. Ethan hatte sich genug Geld zusammengerafft, damit er erstmal in einem Hotel wohnen konnte, bevor er sich einen festen Wohnort suchte.
Nach dem Einchecken, dem Betreten des Zimmers und des Einrichtens, pflanzte er sich auf den Sessel in der Zimmerecke und schloss die Augen. Nach der stundenlangen Fahrt benötigte er diese Ruhe. Er dachte über seine Vergangenheit nach, über seine Zukunft und irgendwann fiel er in einen traumlosen Schlaf."New Orleans ist eine wunderschöne Stadt!", sagte die rothaarige Führerin der Stadtrundfahrt in ihr Mikrophon. "Guten Tag, ich bin Dana Bane, heute ihre Auskunft, Informantin, Führerin und Erzählerin der heutigen Stadtrundfahrt in der Crescent City, The Big Easy, am Besten bekannt unter 'New Orleans', zurzeit im französischen Viertel. Das French Quarter hat ..."
Ethan hörte nur teilweise zu, während der Stadtrundfahrtsbus durch das Quarter tuckerte. Alte Häuser im Kolonialstil, die Bourbon Street und Pubs, Restaurants, die aussahen wie aus alten Zeiten, waren alles Dinge, die Ethan betrachtete, da er es für eine gute Idee hielt, die Stadt kennenzulernen, bevor er sich hier einfand. Das einzige, was ihn etwas störte, war Danas Stimme. Wenn sie erzählte, war die Betonung oft hoch, so wie ihre Stimme, welche oft an ein Quieken reichte, wenn sie fröhlich erzählte. Offenbar war dies ihr Traumjob. Ihre grasgrünen Augen blitzten fröhlich in der Sonne, wenn sie durch die Menge blickte. Sie machte einen sympathischem Eindruck, zusammen mit dem Charakter eines Fangirls, die ihren Tag mit ihrem Idol verbringt.
"Und hier machen wir einen Zwischenstopp! Mitten im French Quarter. Wir halten hier für eine Stunde. In der Zeit können sie sich auf dem Markt umsehen, ein Café, das Jardin Gris oder das Rousseau's besuchen. Sie können sich am alten Schlachthaus umsehen oder vor der Villa der Witwe Fauline, aber beides dürfen Sie nicht betreten. Später geht es dann zu einem alten Friedhof. Lafayette Cemetery. Viel Spaß!" Dana legte das Mikrofon weg und Ethan verließ mit anderen Gästen den Bus. New Orleans war tatsächlich eine schöne Stadt. Das erste, was ihm ins Auge fiel, war ein grosses Gebäude, nicht weit entfernt. Es war mehrstöckig und imposant. Er konnte am Licht in der dritten Etage erkennen, dass da jemand wohnte.
"Das ist das alte Schlachthaus."
Ethan zuckte schreckhaft zusammen und blickte nach links. Dana stand bei ihm und blickte ihn breit lächelnd an. "Hab ich dich erschrocken? Wenn nicht: Es tut mir leid. Wenn doch: Es tut mir nicht leid."
"Ich würde sagen, ich habe mich nicht erschrocken", sagte Ethan, etwas belustigt.
"Lügner", gab Dana nur zurück. "Ich bin Dana!"
"Ich weiß." Ethan grinste etwas. "Das sagten Sie bereits, auf der Rundfahrt."
Die Rothaarige schnaubte nur. "Wie auch immer, Namensloser."
Er rollte nur leicht mit den Augen. "Ich bin Ethan! Was hat es mit dem Schlachthaus auf sich?"
Die grünen Augen der Rundfahrterzählerin blitzten kurz vorfreudig auf. "Ich weiß nur, dass heute eine Familie darin lebt. Man sagt, diese Familie existiert seit über eintausend Jahren."
"Sind eine Menge Generationen", murmelte Ethan leise. Dana erzählte, ihn ignorierend: "Ob das stimmt, weiß keiner. Die Gläubigen sagen, diese Familie seien Vampire." Während des Erzählens wurden Danas Augen dunkler und mysteriös.
Ethan schnaubte ungläubig. "Aha ..."
"Na ja, wer glaubt schon an Vampire?" Danas hellgrüne Augen blickten ihn fragend an. Der Braunhaarige blinzelte kurz verwirrt. Was sind das für seltsame Augen? Sicher nur der Lichteinfall, dachte Ethan und antwortete nur: "Weiß nicht."
"Yeah. Oh, eine Stunde ist fast um!" Dana huschte zum Bus. Ethan blickte ihr hinterher, danach auf seine Uhr. Dana hatte offenbar kein Zeitgefühl. Es waren nur 10 Minuten vergangen.
DU LIEST GERADE
#Cethan
VampireAls Ethan nach einer grausamen Vergangenheit nach New Orleans zog, um ein neues Leben zu beginnen, hatte er keine Ahnung, was ihn da erwarten würde. Es gab alles, was er sich hätte denken können: Hexen, Vampire, Werwölfe, sogar Hybriden gab es. Über...