"Lucy, du solltest dich jetzt endlich mal dazu überwinden aufzustehen.", riss mich eine Stimme unsanft aus dem Tiefschlaf. "Alex und Ruby sind aus dem Dorf zurück und sie haben Neuigkeiten."
Ohne große Überzeugung öffnete ich die Augen und sah Cameron, der in meinem Türrahmen stand und ausnahmsweise ein graues Sweatshirt trug.
"Komme gleich.", murmelte ich verschlafen und wollte mich auf die andere Seite drehen. Eine Hand packte mich sanft aber bestimmt an der Schulter.
"Nein, Luce. Das hast du auch schon die letzten beiden Male gesagt. Noch einmal falle ich nicht darauf hinein."
Ich setzte mich auf und bedachte Cam, der nun direkt neben meinem Bett stand, mit einem wenig begeisterten Blick.
"Wie gut! Du bist angezogen!", bemerkte er erfreut, als ich meine Decke zurückgestrampelt hatte. Ich verzichtete darauf, ihm zu sagen, dass ich mich gestern Abend gar nicht mehr umgezogen hatte, und nickte nur schlaftrunken.
"Los! Aufstehen!"
"Nein!" Ich schloss die Augen wieder.
Cam seufzte und das nächste was ich spürte war ein abrupter Ruck, ich riss erschrocken die Augen auf.
Cam hatte mich ohne großes Federlesen aus dem Bett gehoben und trug mich nun wie ein sehr großes, sehr faules Bündel den Gang und die Treppe hinunter.
"Du kannst mich runterlassen.", murmelte ich verlegen, sobald wir in der Eingangshalle angekommen waren. "Ach ja?" Er lachte. "Versprichst du mir dich nicht wieder wie eine kleine Katze einzurollen und einfach weiterzuschlafen?"
Ich nickte und er stellte mich vorsichtig auf dem Boden ab.
"Du bist ja wahrlich ein kleiner Schoßhund geworden, Woods!", erklang eine höhnische Stimme von der Küche her.
Hunter stand in der Tür und betrachtete uns gelangweilt, so wie ein Löwe seine Beute begutachtet, bevor er sie jagt und tötet.
Die Nacht schien nicht spurlos an ihm vorbeigegangen zu sein, unter seinen Augen lagen tiefe Schatten, und seine Locken waren noch ungezähmter als am Abend zuvor.
Cameron presste die Unterkiefer zusammen und ich spürte wie er sich neben mir verkrampfte.
"Nein, Cam.", wisperte ich in seine Richtung. "Er ist es nicht wert."
Dann fauchte ich Hunter an. "Was ist dein Problem?"
Dieser zuckte nur mit den Schultern. "Du würdest es ohnehin nicht verstehen." Daraufhin wandte er sich von uns ab und ging in die Küche zurück.
Cam und ich wechselten einen langen Blick. Ich konnte erkennen, dass er ebenfalls keine Ahnung hatte, warum Hunter es ausgerechnet auf uns beide abgesehen hatte. Klar, da war die Sache mit der Feindschaft zwischen Hexen und Vampiren, aber Hunters Feindseligkeit schien einen anderen Grund zu haben. Immerhin behandelte mich Ruby freundlich und offen, obwohl auch sie eine Vampirin war.
In der Küche herrschte ein heiteres Durcheinander. Sydney verschlang gerade mit größten Appetit eine Schüssel Rührei, wobei Alex sie traurig beobachtete. Anscheinend konnte er nicht essen, denn sein Teller vor ihm war leer. Ruby trank ein Glas rot schimmernder Flüssigkeit. Auf meinen interessierten Blick hin erklärte sie mir: "Es ist zwar Blut, aber es ist synthetisch hergestellt. Schmeckt nicht ganz so gut wie das echte." Sie verzog das Gesicht und trank das Glas in zwei großen Schlucken aus. Dann stellte sie es so energisch auf dem Tisch ab, dass es eine tiefe Kerbe hinterließ.
"Ups."
Schnell legte sie ihre Hand über die Delle und grinste mir verschwörerisch zu, als sie merkte, dass ich es gesehen hatte.
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Custodians
ParanormalLucy Foster steht vor einem ganz und gar nervenaufreibenden Problem. Sie muss in eine WG ziehen, zusammen mit fünf anderen Gleichgesinnten, die sie noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen hat. Hinzu kommt noch, dass Lucy selbst eine Hexe ist und ihre...