Klare Worte

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Früher verbrachten Isaac und ich viel Zeit miteinander ohne auch nur einen unangenehmen Moment. Wenn wir nicht sprachen, grinsten wir uns an und wussten trotz nicht existierendem Gespräch was der andere meinte.

Heute weiss ich nicht mehr was er mir sagen will.
Nachdem ich das Wochenende damit verbrachte mir alle möglichen Szenarien vorzustellen, saß ich nun in seinem Auto und hörte nur das Ratschen meiner Sporttasche, als Isaac sie hinten in den Kofferraum warf. Ich habe sogar versucht in meinen Büchern irgendwelche Gesprächsthemen zu finden um sie dann zu kopieren. Armselig oder nicht?

"Mal ohne scheiß, was hast du da hinten eigentlich drinnen? Bestimmt auch ein Buch, nä?"

Nervös lachte ich leicht auf.
"Nein?"
Doch nicht ein Buch, eher so vier Bücher.

Isaac zog die Augenbraue hoch, als er sich elegant in den Sitz setzte, während ich mal wieder meine Plumps-Methode verwendet hatte.

Er fuhr los, kramte still mit einer Hand eine Zigarettenschachtel aus seiner Jackentasche und steckte sich daraufhin eine Zigarette in den Mund.

"Du rauchst?" Schoss es mir sofort aus den Mund.

Isaac fing an leise zu lachen, es lang etwas spöttisch meiner Meinung nach "Ja, ich rauche. Hast du ein Problem damit, Everleigh?"

Wir waren also nicht bei unseren Spitznamen, sondern dabei uns mit ganzen Namen anzusprechen.
Ich wusste nicht wer dort neben mir saß, aber es war ganz sicherlich nicht mein Isaac. Eher gesagt, war es nicht mehr mein Isaac. 

"Es überrascht mich nur, du warst immer dagegen. Du hast es gehasst, wenn dein Vater geraucht hat"

Kurz blitzte etwas in seinem Gesichtsausdruck auf, aber ich konnte es nicht definieren.

"Weisst du, Dinge ändern sich"

Daraufhin herrschte erstmal Stille, bis ich nach Minuten endlich genug Mut gesammelt hatte und meinen Mund öffnete. Aber Isaac nahm mir die Chance zu sprechen.

"Ich weiss zwar nicht wieso du unbedingt zum Ferienhaus möchtest, aber denk ja nicht, dass alles wieder so wird wie früher. Wir sind keine Freunde mehr"

Er sagte es so neutral, als würde er gerade übers Wetter sprechen. Mir war zwar bewusst, dass man uns nicht mehr als Freunde bezeichnen konnte, aber so etwas von ihm zu hören... Es schmerzte.
Die vorherige Idee mit ihm zu sprechen verflog und ich behielt mein Mund geschlossen.
Hier mit ihm zu sein, es schmerzt.
Die Liste verfluchend und mit einem unangenehmen Gefühl im Magen, ließ ich meinen Kopf gegens Fensterglas sinken. Dass ich langsam weg döste, merkte ich selbst nicht.

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Nicht ganz bei Bewusstsein, spürte ich etwas über meine Wange streichen.
Doch bevor ich genaueres herausfinden konnte, war das Gefühl weg und ich hörte meinen Namen.

"Everleigh, aufwachen.. Wir sind da", raunte jemand angenehm leise neben mir.

Als ich meine Augen öffnete, blickte ich in seine Augen. Grün traf auf blau und Sekunden sagte niemand etwas. Kurz räusperte Isaac sich und stand dann auf.

"Wir sind da und du musst die Tür aufschließen, immerhin hast du den Schlüssel"

Total perplext stieg ich aus dem Auto und schloss die Tür auf. Hatte ich wirklich die gesamte Fahrt verschlafen? Kaum war die Tür auf, ging Isaac mit unseren Taschen an mir vorbei und direkt zu den Schlafzimmern.
Mir überließ er das Zimmer mit Blick auf das Meer, er nahm das Zimmer genau gegenüber von meinem.  Ich wusste nicht was ich ihm sagen könnte, damit diese Stille ein Ende hatte.

"Ich hab unterwegs an einer Tanke gehalten und für heute Brötchen mitgenommen, morgen sollten wir dann einkaufen gehen"

Mehr sagte er nicht mehr, bevor er in seinem Zimmer verschwand und mich im Flur zurück ließ.

Er war so kalt zu mir. Ich konnte ja verstehen, dass er nicht mehr so offen zu mir sein möchte, aber muss er sich dafür so aufführen?

Bevor ich noch länger dumm im Flur stehen konnte, legte ich ihm einen Haustürschlüssel auf die Küchentheke und verließ mit dem Ersatzschlüssel das Haus, Richtung Strand.

Als wir lebten  #WinterAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt