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Finn:

Ich sprang glücklich von meinem Stuhl auf, als es klingelte und packte eilig meine Sachen zusammen. Nachdem ich mich auch schnell von meinem Sitznachbar Joel verabschiedet hatte, lief ich schnurtraks zur Bushaltestelle.
War alleine, da Rick heute Langtag hatte, was wahrscheinlich das Beste war, was mir bis heute passiert war und passieren würde. Denn somit konnte ich weiter meinen schrägen Gedanken nachhängen, die mich in der Gesellschaft von Rick nur noch verrückter gemacht hätten.

Ich setzte mich also auf einen freien Sitzplatz im Bus, holte meine Kopfhörer hervor und verschwamm in den Zeilen des Liedes.
Beim aussteigen, summte ich ein wenig mit, darauf bedacht keine Menschen in meiner Nähe zu haben, die mich nach meinen schrecklich schiefen Tönen hätten beurteilen können.

Als unsere Haustür dann aufschwang, legte ich meinen Schlüssel auf die Kommode rechts neben der Tür und zog meine Schuhe aus. ,,Bin wieder da!" Rief ich, woraufhin ich keine Antwort bekam. Ich zuckte daher nur unwissend mit den Schultern, ging hoch auf mein Zimmer und schmiss meinen Ranzen in die nächst beste Ecke.
Legte mich auf mein Bett mit meinem Handy in der Hand, welches in dem Moment auch virbrierte. Dass ich dabei eine Nachricht von Miles zu lesen bekam, half mir in keinster Weise meine vorherigen Gedankengänge, die sich größten Teils um ihn stritten, zu vergessen.

Morgen, 18.30 bei mir

Ich atmete frustriert laut aus. Als hätte unsere Auseinandersetzung, in der ich mich versucht hatte gegen ihn zu wehren, heute nie stattgefunden, hatte sich nichts geändert.
Er sich scheinbar nicht verändert.
Und leider war meine Hoffnung groß genug gewesen, sodass ich enttäuscht leicht aufatmete.

kann nicht

Schrieb ich ihm zurück, das Einzige, was mich vor einer weiteren Zeit morgen mit ihm erspart hätte. Wieso auch immmer ich mir trotz allem Hoffnung machte, er würde mich zwingen, mich morgen mit ihm wieder zu treffen. Warum auch immer ich so erpirscht darauf war, weiter von ihm gedemütigt zu werden.
Mein Atem stockte kurz, als er mir antwortete.

Du wirst trotzdem kommen... und deine Lügen werden hoffentlich besser...

Ich atmete frustriert laut aus, widerstand dem Drang mein Handy von mir weg zu werfen und auszurasten. Falls ich vorher behauptet haben sollte, ich fände es gar nicht so schlimm Zeit mit ihm zu verbringen, so erschien es mir jetzt wie der größte Albtraum.
Ein Albtraum, der sich niemals in einen Traum verwandeln würde.
Ich legte jedoch nur mein Handy zur Seite und starrte an meine Zimmerdecke. Was für ein beschissener Tag.

Als ich am nächsten Tag dann aufwachte, machte ich mich wie in Trance fertig, aß ohne zu merken was ich aß und stieg dann in den Bus ein. Auch der Unterricht erlöste mich nicht von meiner Starre, ich hörte weder zu, noch beteiligte ich mich. Der Schultag zog sich daher hin wie Kaugummi, wartend immer darauf, dass dieser endlich zu Ende sein würde und das Wochende einen ausschlafen ließe.

Es klingelte und ich stürmte wie all die anderen Schüler auf den Schulhof, verabschiedete Rick, Dylan und Arian mit einem glücklichen Grinsen und stieg in den vollen Bus mit stickiger Luft. Machte mir keine Gedanken darüber, dass Rick nicht wie üblich mit mir im Bus fuhr.

Hibbelig stand ich nun wieder in meinem Zimmer, versuchte die Zeit bis zu Miles, mit Bücher lesen zu überbrücken.
Sah dabei alle 2 Minuten auf die Uhr und konnte mich nicht aufs lesen konzentrieren, zu sehr in Gedanken bei Miles, der mein Hirn benebelte. Warum auch immer ich so empfand, ich würde ihm heute einfach Nachhilfe geben und wieder gehen. Ohne jegliche Zwischenfälle und was auch immer meine Gefühle zu dem Moment betrafen. Mich versuchen normal zu verhalten und Miles weiterhin für ein Arschloch zu halten.

Besser gesagt als getan. Als ich vor Miles Haustür stand, zuckten meine Hände zur Klingel, während ich erfolglos versuchte, meine schwitzigen Hände an meiner Hose abzuwischen.
Meine Augen weiteten sich, als Miles die Tür öffnete und ich konnte nicht anders, als zu stammeln. ,,H.. He. Heee... ey?" Fragte ich, in der Hoffnung, er hatte mein Hey entziffern können. Ein Grinsen schlich sich nun auf Miles Gesicht, welches mich erschaudern ließ.

Bevor Miles jedoch Verdacht schöpfen konnte, trat ich ein, während er die Tür hinter mir schloss und ich ohne Rücksicht vor in sein Zimmer eilte. Auch hier schloss Miles wieder die Tür und lehnte sich an diese, mich dabei beobachtend. ,,Bist du nervös?" Fragte er und meine Augen zuckten zu ihm. ,,Ne... Ich ähm... ja ne... Ka." Gab ich dann doch zu, sodass ich ein kehliges Lachen von ihm entnahm.

Eine kleine Pause entstand dann, in der Miles mit langsamen Schritten auf mich zuging, während ich immernoch nervös weiter vor ihm zurück wich. An der gegenüberliegende Wand dann blieb mir keine andere Möglichkeit als stehen zu bleiben, schluckte schwer und beobachtete Miles weiterhin dabei, wie er nun nur noch einen halben Schritt von mir entfernt stehen blieb.
Sein Atem ließ mich stutzten und nervös sah ich mich im Zimmer um, darauf bedacht nicht in seine Augen zu schauen. Seine Augen, die nach meinen suchten.
Als er dann mein Kinn fest packte und zu sich drehte, musste ich ihn wiederwillig anschauen. Die Intensivität die seine grünen Augen ausstrahlte, ließ mich noch nervöser werden und langsam beugte er sich weiter zu mir vor, mit seinen Augen immernoch darauf bedacht, intensiv in meine zu sehen. Kurz vor meinen Lippen stoppte er dann und wenn möglich wurde ich noch nervöser und hibbeligiger. Wollte nur noch, dass er diesen Abstand überwinden würde und mich küssen würde.
Mir war dabei komischerweise unangenehm warm und der Rythmus meines Herzens hatte sich um einiges verschnellert. ,,Ich weiß, dass du es auch willst." Hauchte Miles, womit er absolut recht hatte, bis er endlich den kleinen Abstand unserer Lippen überbrückte und seine an meine presste.

...Ich schnappte laut nach Luft und setzte mich auf. Verwirrt sah ich mich um. Lag immernoch auf meinem Bett in meinem Zimmer und ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es 2 Uhr morgens war. Verwirrt sah ich daher an mir herunter und stellte fest, dass ich extrem verschwitzt war.

Verschwitzt war, von meinem Traum, der auch jetzt noch mein Herzschlag beschleunigen ließ. Ich fuhr mir sowohl übers Gesicht, als auch durch mein Haare und versuchte tief ein und aus zu atmen. Nicht weiter darüber nach zu denken was ich geträumt hatte und hoffentlich nie wieder träumen würde. Ich schnappte mir zitternd meine Wasserflasche neben meinem Bett, goss mir davon ein wenig über meinen Kopf, ohne auf mein Bett zu achten, und trank dann ein paar Schlücke.

Der Traum hatte mich definitiv durcheinander gebracht und da sich mein Hezschlag noch nicht beruhigt hatte, war wieder einschlafen sowieso ausgeschlossen. Also blieb ich einfach so sitzten und versuchte meine Gedanken zu ordnen, die gerade wie verrückt spielten.
Der Traum war mir so real vorgekommen.
Real genug, dass sich auch meine Gefühle für Miles echt angefühlt hatten.
Für Miles, einer der größten Arschlöcher auf Erden. Ich schnaupte laut auf. Aber meine Gefühle waren nicht real. Dieser Traum sagte gar nichts aus. Gar nichts darüber, für wen ich was empfand und für wen nicht.

Denn ich stand auf Laila.
Stand auf Laila, auf die ich schon seit Jahren stand.
Warum sollte also ausgerechnet Miles, eine Person, die ich niemals hatte leiden konnte und niemals leiden werde, etwas daran ändern?
Nur weil mich dieser Traum jetzt verrückt gemacht hatte, oder genauer gesagt Miles in diesem Traum verrückt gemacht hatte, konnte dieser Traum keine Aussage darüber treffen, ob ich auf einmal Gefühle für ihn haben sollte. Denn die hatte ich nicht.
Wie könnte ich auch?
Abgesehen davon, dass sein Charakter nicht auszuhalten war und ich ihn auch überhaupt noch nicht lange kannte, sagte mir doch schon allein sein Geschlecht dass ich nicht auf ihn stehen konnte. Oder etwa nicht?

Auch wenn definitiv nichts verwerfliches daran war, sich dem gleichen Geschlecht hingezogen zu fühlen, konnte ich mich damit einfach nicht identifizieren. Wie sollte ich auch? Bis jetzt war ich immer der Überzeugung gewesen auf Mädchen zu stehen und daran glaubte ich auch immernoch. Glaubte ich immernoch, da ich zu dem Zeitpunkt auch auf ein Mädchen stand. Wie konnte ich daher auch Gefühle für Miles empfinden? Für Miles, eine Person die ich nie hatte leiden können und dessen Charakter mich von selbst schon abschreckte?
Ich Strich mir zerstreut durch die Haare und hielt meine Erklärung für ziemlich plausibel.

Denn hätte ich mir sonst nicht schon vorher bewusst sein sollen, dass ich mich zu Jungs hingezogen fühle? Oder auch zu Jungs hingezogen fühle?
Ich schluckte, starrte in die Dunkelheit in meinem Zimmer und dachte weiter nach. So lange, bis meine verwirrenden Gedanken mich wieder in den Schlaf wogen...

Badboy's BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt