Mein Ziel- Kurzgeschichte

648 26 1
                                    

Lügen

Nun stehe ich hier also. Am Rand einer Klippe. Allein. All die Jahre habe ich gewartet, auf diesen Moment... Ich hatte nie den Mut dazu.

Die ganzen Jahre wurde ich ignoriert. Von meinen Mitschülern. Wieso? Bin ich nicht hübsch genug? Tag für Tag stellte ich mir diese Fragen. Sollte ich abnehmen? Mir teure Markenklamotten kaufen?

Nein.

Es soll so sein. Am besten ich springe jetzt.

Nein... Wenn ich jetzt springe, werden meine Eltern mich suchen. Wer weiß ob sie mich finden werden? Sie sollen zusehen. Aber wie nur? Seit sie sich geschieden haben reden sie kaum noch ein Wort miteinander, sie sehen sich nicht mehr so oft und wenn, dann fangen sie sofort mit ihren Streitereien an. Ab da an haben sie sich nicht mehr um mich gekümmert. Mich auch ignoriert. Aber nicht so mit meiner kleinen Schwester Lilly. Sie streiten sich andauernd um sie, wer sie nun zu sich nimmt und was aus ihr wird.

Am besten ist wenn ich meine Eltern anrufe. Ich nahm mein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer meiner Mutter.

Mama: Ja? Was ist Katharina?

Ich: Mama, es ist etwas passiert! Komm sofort her!

Ich versuchte panisch zu klingen, Was mir sogar ganz gut gelang.

Mama: Was ist passiert? Wo bist du?

Sie hörte sich eher überrascht als geschockt an.

Ich: Ich bin an der Klippe nördlich der Stadt.

Mama: Und was ist so dringend?

Mist, was soll ich ihr nur erzählen? Komm schon, lass dir schnell was einfallen...

Ich: Mein Bein ist gebrochen und ich komme hier nicht mehr weg. Kannst du bitte schnell herkommen? Es tut so verdammt weh!

Mama: Ja warte ich bin sofort da!

Ich hätte nie gedacht, dass ich so gut lügen kann. Das gleiche tat ich mit meinem Vater, bloß, dass er geschockter wirkte als ich ihm davon erzählte. Er mag mich wohl doch ein bisschen.

Und so vergingen die Minuten, ich dachte darüber nach ob ich wohl nach meinem Tod nicht mehr ignoriert werde. Ob manche um mich trauern werden? Werden meine Eltern mich beerdigen lassen? Sicher nicht. Mein Körper wäre nach dem Aufprall sicher so matschig sein wie Omas Erdbeermarmelade. Keine Ahnung, was sie dann mit dem Breihaufen machen der ich mal war.

Dann hörte ich ein Auto. Danach eine Autotür, die auf und wieder zu ging.

Papa: Katharina was machst du hier? Geh sofort vom Klippenrand weg! Und ich dachte dein Bein wäre gebrochen?!

Hoffentlich kommt meine Mutter bald, sonst zerrt er mich noch weg, bevor die beiden das Spektakel sehen können.

Also tat ich das was mein Vater sagte und ging vom Klippenrand weg. Auf ihn zu. Etwa fünf Meter von ihm entfernt blieb ich stehen.

Papa: Dein Bein ist ja gar nicht gebrochen!

Blitzmerker.

Nun starrt er mich an. Er schien wütend zu sein.

Papa: Was soll ich hier? Wegen dir bin ich extra von der Arbeit gekommen!

Oh. Er ist jetzt richtig wütend und ganz rot im Gesicht.

Hinter meinem Vater hörte ich die Stimme meiner Mutter.

Mama: Kat? Katharina?

Sie sah mich.

Mama: Ah, da bist du ja!

Sie starrte meinen Vater an. Mein Vater starrte zurück.

Papa: Was hat sie dir erzählt, damit du hier herkommst?

Wow. Er redet mit meiner Mutter.

Mama: Ist ihr Bein denn etwa nicht gebrochen?

Papa: Nein.

Eine kurze Pause und Mama wurde genauso rot im Gesicht wie Papa.

Mama: So Fräulein, du kriegst jetzt Hausarrest wegen dieser Lüge! Steig sofort in mein Auto!

Papa: Da hab ich ja wohl noch ein Wörtchen mitzureden!

Sie fingen schon wieder an zu streiten...

Mein Ziel- KurzgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt