Jeonghan
Als wir schließlich an der Bar stehen und ich irgendeinen starken Drink hinunterstürze, den Joshua bestellt hat schüttelt er erneut fassungslos den Kopf.
"Meinst du eigentlich, was du sagst, Hannie?""Dass ich dich liebe?", frage ich unnötigerweise, denn ich bin mir eigentlich sicher, dass er das meint.
Doch vielleicht will ich einfach nur sehen, ob er trotz seines mich schwach machenden Auftretens und seines definitiv extrovertierteren Charakters noch genauso leicht errötet wie früher.Und genau das tut er, während er nur stumm nickt und mich ansieht.
Ich muss automatisch grinsen. Wie sehr ich das doch vermisst habe.
Doch dann werde ich etwas ernster.
"Ja. Ich meine es wirklich so. Ich meine ich war gerade langsam auf dem Weg über dich hinwegzukommen und das wäre ich vielleicht auch, wärst du jetzt noch drei Jahre nicht aufgekreuzt. Aber du warst schon immer gut darin, mich mit nur einem Blick wieder zu 100% für dich zu gewinnen. Also ja, Joshua, ich liebe dich."
Er lächelt sanft und ich erkenne trotz des gedimmten Lichtes, dass die Röte auf seinen Wangen sich vertieft.
"Aber es waren trotzdem drei ganze Jahre und ich bin immer noch sauer auf dich und jetzt auch irgendwie auf mich", füge ich noch hinzu und sein sanftes Lächeln wird zu einem kleinen, gespielten Schmollen."Okay, okay", ergeben hebt er die Hände, "aber nenn mich nicht mehr Joshua, ja? Sonst klingst du noch ZU sauer."
"Ich bin ja auch sauer.", erwidere ich mit einem kleinen Lachen und er setzt erneut das Schmollen auf.
"Waren die Anderen auch sauer?", frage ich, denn es interessiert mich wirklich, wie unsere gemeinsamen Freunde auf Joshuas Auftauchen reagiert haben."Ich hab noch nicht mit allen sprechen können."
Er setzt sein leeres Glas auf dem Thresen ab und lässt seinen Blick durch die Halle schweifen."Die Meisten haben sich gefreut. Aber doch! Aron und Hansol waren sauer, dass ich sie nie eingeladen habe."
Ein Lächeln erscheint auf seinem Gesicht und ich kann nicht anders, als ihn anzustarren. Er ist über die drei Jahre einfach noch schöner geworden, obwohl ich damals schon überzeugt war, den schönsten Menschen der Welt zu kennen."Ich bin übrigens auch sauer auf mich", sagt er plötzlich und wendet sich wieder mir zu.
Ich ziehe überrascht meine Augenbrauen hoch.
"Aha. Warum denn?"Der Schwarzhaarige hebt seine Hand, streicht mir vorsichtig eine rotbraune Strähne hinters Ohr und lässt seine Hand dann auf meine Wange wandern.
"Weil ich verpasst habe, wie du dir deine langen Haare abgeschnitten hast."Ich widerstehe dem Wunsch, mich in seine Berührung zu lehnen, kann aber nicht verhindern, dass meine Wangen warm werden.
Joshua scheint dies zu merken, denn ein leichtes Grinsen ziert sein Gesicht.
Ich rolle die Augen.
"Als ob das so wichtig wäre", gebe ich zurück und versuche meine Verlegenheit zu überspielen, denn für mich war dieser Tag eigentlich schon etwas Besonderes."Natürlich ist das wichtig", widerspricht er mir, die Stimme auf einmal ernster, "solch einen Moment, hätte ich mit dir gemeinsam erleben können. Ich hätte dabei sein können, dich wahrscheinlich ungläubig lachen hören und deine Augen aufgeregt funkeln sehen können. Ich hätte beobachten können wie du dir den ganzen Tag durch die Haare gehst und ein Lächeln durchgehend deine Lippen ziert, weil du es liebst, wie es geworden ist. Du liebst es, oder?"
Er legt seinen Kopf schief und sieht mich fragend an.
Ich werde noch röter und nicke hastig.
Joshua lächelt wieder und streicht mit seinem Daumen sanft über meine Wangenknochen."Siehst du. Und ich bin so sauer auf mich, wenn ich daran denke, wie viele solcher kleinen Momente ich verpasst habe. Es tut mir wirklich Leid, Jeonghan. Ich hoffe sehr, du bist mir nicht mehr allzu lang böse."
"Schon okay", gebe ich zurück, "aber nenn mich nicht mehr Jeonghan okay? Sonst klingst du ZU ernst."
Vermutlich ist es der Alkohol in meinem Blut, der mich das hat aussprechen lassen."Verstanden, Hannie."
Sein sanftes Lächeln ist einem unverhohlenen, breiten Grinsen gewichen und er lässt mit einem letzten Streichen von meiner Wange ab."Wegen deiner Haare nochmal...-"
"Shua!", unterbreche ich ihn und diesmal bin ich es, der den Blick von ihm abwendet und durch den Raum streifen lässt. Ich will wirklich nicht weiter über mich sprechen, um nicht noch verlegener zu werden. Joshua scheint wirklich einen großen Schritt zu mehr Selbstbewusstsein gemacht zu haben.
"Hey, das muss ich jetzt aber noch sagen. Das ist nämlich neben meinem Monolog vorhin total untergegangen", protestiert er und ich drehe mich neugierig geworden wieder zu ihm."Na dann sag", gebe ich mich desinteressiert, doch eigentlich bin ich wirklich gespannt was er noch sagen möchte.
"Du siehst verboten gut aus, Hannie. Ich war nicht dabei, als du die Entscheidung getroffen hast dir enge, schwarze Lederhosen zu kaufen, aber ich kann dir im Nachhinein versichern, es war eine tolle Entscheidung."
Joshua zwinkert mir zu und ich erröte erneut.
"Ich habe keine Sekunde vergessen, wie sehr ich dein Lächeln und deine dunklen Augen liebe, aber sie in echt zu sehen, hat mir doch noch ein weiteres Mal schmerzhaft klar gemacht, wie sehr ich dich vermisst habe."
Er nimmt mir vorsichtig das Glas aus der Hand und schiebt es weiter weg, nur um stattdessen seine Finger zwischen meine zu schieben.
Ich weiß nicht wo ich hinsehen soll. Der junge Mann vor mir ist irgendwo gar nicht der Joshua von früher und gleichzeitig ist es haargenau er. Es verwirrt mich und ich möchte nicht, dass mein Körper so stark auf ihn reagiert. Ich möchte wütend sein und ihn einfach wegschicken, dafür, dass er mich einfach hat hängen lassen, doch ich kann nicht.
Ich hätte ihn ja auch ansprechen können. Ich als sein bester Freund hätte diese Ängste damals vielleicht irgendwie bemerken und ihn aufhalten können.
Ja, er hat Fehler gemacht und Dinge getan, die er nicht hätte tun sollen.
Doch tut das nicht jeder mal?
Vielleicht liegt es an meiner Liebe zu ihm, vielleicht liegt es am Alkohol, vielleicht liegt es an ihm, der er immer noch sanft meine Hand hält, aber ich kann in mir kein bisschen Wut auf Joshua mehr finden."Woran denkst du gerade, Hannie?", unterbricht er leise meine Gedanken.
"In LA würde ich jetzt sagen, a penny for your thoughts, aber ich weiß du magst kein Englisch. Ich erinnere mich noch gut an unseren Nachhilfeunterricht."
Er lächelt leicht und ich muss auch grinsen.
"Ich mag dein Englisch!", widerspreche ich ihm.
"Es klingt schön und weich wie flüssiger Honig. Ich hatte es immer am liebsten, wenn du auf Englisch erzählt hast. Du hast die ganze Zeit versucht, mich auch zum Reden zu kriegen und ich wollte einfach nur dich Erzählen hören."
Joshua lacht leise.
"Ich bin immer halb verzweifelt, weil du mir immer irgendwelche Gegenfragen gestellt hast. Aber okay, a penny for your thoughts then."Ich lächele ihn an, blicke dann auf unsere verschränkten Hände und drücke seine leicht.
"Ich bin dir nicht böse, Shua. Glaub mir, ich wäre es gerne, aber ich habe dich einfach viel zu sehr vermisst."
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All These Years // Jihan ✔
FanfictionJeonghan ist nicht wirklich auf ein Wiedersehen mit Joshua nach drei Jahren ohne wirklichem Kontakt aus. Aber auf dem Treffen mit seinen ehemaligen Mitschülern wird er schon nicht auftauchen. Er ist schließlich vor drei Jahren nach Los Angeles abgeh...