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Jeonghan

Mit zusammengezogenen Augenbrauen und angehaltenem Atem lasse ich meinen Blick über sein makelloses, schwarzes Hemd wandern.
Es ist komplett zugeknöpft, ganz im Gegensatz zu dem weißen, etwas zerknitterten Hemd seines Gesprächspartners Soonyoung. Soonyoung hat sein Hemd versetzt zugeknöpft. Wahrscheinlich hat er in der Eile dann einfach die oberen Knöpfe offen gelassen und das Hemd in die Hose gestopft, als er gemerkt hat, dass irgendetwas nicht ganz passt. Ein leichtes Lächeln glättet meine gerunzelte Stirn ein wenig. Soonyoung scheint über die Jahre ganz der Alte geblieben zu sein.

Im Gegensatz zu ihm.
Die Haare, die ihm stets weich und in einem warmen braun gefärbt in die Stirn gefallen waren, sind nun pechschwarz und würden ihn viel einschüchternder wirken lassen, wären da nicht seine ständig lächelnden Augen. Mehrere Piercings zieren seine Ohren und glitzern leicht im warmen Licht des Saales.

Das Blut rauscht laut in meinen Ohren und ich drücke nervös meine Fingernägel in meine Handflächen.
Als der ziehende Schmerz dieser Aktion in mein Bewusstsein durch dringt, schüttele ich schnell den Kopf, entspanne meine Gesichtszüge erneut so gut es geht, streiche meine rotbraunen Haare aus dem Gesicht und erwidere den stechenden Seitenblick Seokmins mit meinem engelsgleichen Lächeln, für das ich bekannt bin. Er wird es mir abkaufen.
Und genau das tut er eine Sekunde später, indem er sich beruhigt wieder von mir wegdreht und irgendeinem anderen unserer alten Bekannten die Hand schüttelt.
Automatisch wandert mein Blick wieder zu ihm.
Er steht viel zu lässig dort. Entspannt hält er seine eine Hand in der Hosentasche, während die andere gestikulierend seine Worte unterstreicht, die er mit Soonyoung austauscht.
Seine geschwungen Augen funkeln auf und auf seinen Lippen liegt ein glückliches Lächeln.
Natürlich. Wieso auch nicht. Dies ist ein Nachtreffen unserer ehemaligen Stufe. Drei Jahre sind nun seit unserem Abschluss vergangen und er freut sich nunmal alle wiederzusehen. Genau wie alle Anderen in diesem Raum außer mir.
Ich wusste nicht, dass er hier aufkreuzen würde. Hätte ich das gewusst, wäre ich wahrscheinlich zu Hause geblieben. Ich bin nicht darauf aus, alte Wunden erneut aufzureißen. Ich dachte er sei in Los Angeles, so wie er es uns vor drei Jahren eröffnet hatte.

"Ahhh Jeonghan! Da bist du ja!"

Zwei starke Arme legen sich von hinten um meine Schultern und ein mir sehr bekannter Kopf legt sich schwer auf meine Schulter. Der süßliche Geruch von irgendeinem Likör steigt mir in die Nase.

"Cheol, ich hab dir gesagt trink nichts. Du wolltest mich später nach Hause fahren."

"Ich bin noch vollkommen bei mir, mein Engel."

"So würdest du mich nicht nennen, wenn du noch vollkommen bei dir wärst.", kommentiere ich trocken, ohne meinen Blick von dem Schwarzhaarigen zu wenden, der circa 15 Meter von mir entfernt steht und sich immernoch mit Soonyoung unterhält.

Seungcheol folgt meinem Blick.
"Oho. Joshua wieder?"
Ich antworte ihm nicht. Diese Frage braucht keine Antwort. Wenn einer weiß, wie ich zu Joshua stehe, dann Seungcheol.

"Er sieht scheiße gut aus...", murmelt Seungcheol dann und ich bedenke ihn mit einem wütenden Blick, der im Endeffekt doch nicht so wütend ausfällt, denn Seungcheol ist angetrunken und Joshua sieht nunmal wirklich atemberaubend gut aus. Trotzdem schnippse ich meinem besten Freund gegen die Stirn, was er mit einem empörten Laut quittiert, aber nichts dagegen sagt. Es ist Seungcheol, bei dem kann ich das machen.

Eine Weile ist es still. Ich löse meinen Blick immernoch nicht von Joshuas Figur und Seungcheol sieht mich an und seufzt laut auf.
"Dann sehen wir doch mal zu, dass wir euch zwei Hübschen wieder zum Reden bekommen." 
Er zupft seinen Kragen zurecht, fährt sich durch die Haare und marschiert los in Richtung Joshua und Soonyoung.
Gerade rechtzeitig bekomme ich sein Handgelenk zu fassen und reiße ihn zurück zu mir herum.

"Was?", fragt er verwirrt und klingt beinahe etwas vorwurfsvoll.

"Ich...eh...öhm...", gestresst blicke ich mich um, "guck mal, Jihoon ist da!"
Innerlich seufze ich erleichtert auf, als die Türen zum Saal sich öffnen und eine kleine, schmale Figur den Saal betritt, sich etwas verloren umguckt, dann langsam zwischen den Stehtischen hindurch schlendert und mir somit das perfekte Argument gibt, Seungcheol von Besserem zu überzeugen als Joshua herzuholen.

Seungcheols Augen werden groß, er klammert sich an meinen Arm und lässt ein leises Wimmern hören.
"Wow. Seine Augen, Hannie und seine Haare. Schwarze Haare! Guck ihn dir an."

"Geh, schnapp ihn dir, Tiger.", antworte ich belustigt auf sein Gejaule hin und schubse ihn in Richtung der Stehtische. Zögernd und nicht ohne sich noch einmal umzudrehen, läuft Seungcheol auf den Kleineren zu und ich grinse zufrieden.

Mein Grinsen fällt jedoch innerhalb von Millisekunden, als ich mich wieder umdrehe und Joshua nicht mehr dort steht, wo er gerade noch stand. Soonyoung unterhält sich mittlerweile angeregt mit Seokmin und Joshua scheint wie vom Erdboden verschluckt.
Unruhig drehe ich mich einmal im Kreis und lasse meinen Blick durch den Saal schweifen.
Das Geräusch der vielen sprechenden Menschen macht mich nur noch nervöser und die vielen bekannten, fröhlich lächelnden Gesichter tragen auch nicht zu meiner inneren Ruhe bei.

Gerade als ich entscheide, dass das wohl der richtige Zeitpunkt für Alkohol ist und mich in Richtung der Bar wende, spüre ich einen Blick in meinem Rücken und drehe mich langsam wieder von der Bar weg, nur um seinem Blick zu begegnen, der mich interessiert mustert und dabei den Atem anzuhalten. Okay. Er hat mich gesehen. Das war zu erwarten. Wieso nur macht es mich noch nervöser, als ich sowieso schon bin, seit ich erfahren habe, dass er hier herumläuft? Verdammt, früher war es genau andersherum. Was ist innerhalb von drei Jahren passiert?

Ohne seinen fixierenden Blick von mir zu lösen, hält Joshua mit einer Handbewegung einen Kellner auf und nimmt sich zwei Champagnergläser von dessen Tablett.
Oh fuck.

Beinahe schlendernd kommt er daraufhin auf mich zu und ich löse meinen angehaltenen Atem nur um einen leisen, überwältigten Laut auszustoßen.
Wo ist der schüchterne Junge hin, der sich damals nicht einmal getraut hat zu sagen, dass er lieber Joshua anstatt Jisoo genannt werden möchte?

Ich schüttele verärgert den Kopf, denn ich möchte ihm ebenbürtig entgegentreten und nicht der Fisch sein, der ihn anstarrt und jegliche Kontrolle über seine Mimik verloren hat.
Doch lange kann ich mich nicht ärgern, denn mein Gehirn scheint Joshua zu erkennen und mein Körper reagiert genauso, wie ich damals immer reagiert habe, sobald er in mein Sichtfeld trat.
Mein Herz schlägt unregelmäßig gegen meine Brust, und mit jedem weiteren Schlag breitet sich eine Wärme in meinem Körper aus, die sich wie eine wohlig warme Decke über meinen Verstand legt.

Alles um mich herum wird still, ich sehe nur, wie das gedimmte Licht seine leicht gebräunte Haut noch mehr betont und wie ein Ring an seinem kleinen Finger aufblitzt, als er sich unter einer Lampe her bewegt. Sehe wie sich seine perfekt geschwungenen Lippen zu einem Lächeln verziehen, dass mir in diesem Moment noch weicher und noch wärmer vorkommt, als früher. Ich sehe wie sein silberner, langer Ohrring im Takt seiner Schritte seinen Hals streift und wie seine dunklen, glitzernden Augen mich keine Sekunde unbeachtet lassen.

Seine Erscheinung tut mir beinahe weh. Ich war nicht bereit für diesen Moment. Doch wäre ich es je gewesen?
Ich will den Abstand zwischen uns, den er immernoch stetig verringert, wieder vergrößern. Will dieses Gespräch, die Begegnung auf jeden Fall vermeiden, doch meine Beine sind wie festgefroren auf dem roten Teppich und alles fokussiert sich auf den jungen Mann, der, ein leichtes Lächeln auf den Lippen tragend, auf mich zukommt.
Man könnte meinen sein Blick allein zwingt mich dazu, an genau diesem Punkt stehen zu bleiben und nur darauf zu warten, dass er bei mir ist.
"Yoon Jeonghan."
Mein Name scheint durch seine samtweiche Stimme geradezu über seine Lippen zu fließen und ich kann nicht umhin, dass mir bei ihrem Klang ein Schauer über den Rücken läuft.
Die Art wie er mit seinem leichten amerikanischen Akzent meinen Namen ausspricht, ist immer noch dieselbe, nur scheint seine Stimme einen Hauch erwachsener, und sicherer geworden zu sein.
Doch dies hält mein Herz anscheinend nicht davon ab, autmatisch einen Satz zu machen um daraufhin schneller weiterzuschlagen.

AN:
Heyhey! Ich weiß, das sagt jeder Autor hier, aber das hier ist das Erste, was ich je in FF-Richtung geschrieben habe, also würde ich mich sehr über Kritik oder Kommentare freuen. Naja, eigentlich freut sich glaube ich jeder Autor über Kommentare... :D

Ich bin übrigens der Meinung Wattpad hat zu wenig 0815 Jihan.
Okay, nein, eigentlich bin ich der Meinung Wattpad hat generell zu wenig Jihan. So I felt the urge to help pushing it.
I hope u enjoy :)

All These Years // Jihan ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt