Einundzwanzig Minuten.
Eintausendzweihuntertsechzig Sekunden.
Fast eine halbe Stunde.Solange hatte Daniel mir in seiner Wohung eine Moralpredigt gehalten, bevor er mich, sichtlich gereizt, ins Bett geschickt hatte.
Und obwohl es bereits weit nach Mitternacht war, konnte ich nicht schlafen.
"Bis bald."
Seine Worte hatten mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen. Und doch war ich fasziniert von dem Fremden, dessen Berührungen noch immer wie Feuer auf meiner Haut brannten.
"Bis bald."
Es war keine Bitte oder Aufforderung gewesen. Keine Drohung, mehr hatte es wie ein Versprechen gelungen. Und ich flehte, entgegen jeglicher Vernunft, dass er es einhalten würde.
Seufzend rollte ich mich auf die Seite und versuchte mir seine rauchige Stimme genau ins Gedächtnis zu rufen.
Seine dominante, bestimmende Art hatte mich in seinen Bann gezogen, ich hätte mich ihn willenlos hingegeben.Verdammt, wo war meine Selbstsicherheit zu diesem Zeitpunkt gewesen? Ich war unter seinen Händen, seinen Lippen dahingeschmolzen wie Wachs.
Und ich hatte es genossen."Du bist noch wach?" Drang Daniels besorgte Stimme zu mir durch.
Langsam setze ich mich auf, betrachtete ihn, wie er dort im Türrahmen lehnte.
Die Müdigkeit ließ ihn dreißig Jahre älter erscheinen.
Jahre der Drogensucht hatten ihm den Schlaf geraubt. Obwohl er seit langem clean war, gelang es ihm selten mehr als drei oder vier Stunden Schlaf auszukosten."Hey." Murmelte ich. "Du siehst scheiße aus."
"Du auch." Erwiderte er zögerlich. "Tut mir leid das ich dich angeschrien habe. Ich hab mir Sorgen gemacht. Ich kenne den Kerl nicht und das tut keiner so wirklich."
Er seufzte leise.
"Sei vorsichtig Kleines. Bitte. Hier meint es keiner gut und nichts geschieht ohne Hintergedanken. Ich will nicht das dir etwas zustößt."
Vorsichtig setzte er sich auf die Bettkante und strich mir über die Wange.
"Du bist meine kleine Lexy. Mein ein und alles. Vergiss das nicht."
Kleine Lexy.
So hatte er mich auch genannt. Und doch hatten diese zwei Wörter aus seinem Mund so anders geklungen. Provozierend. Herausfordernd. Als hätte ich unbewusst ein Spiel gegen ihn begonnen in welchem er der Spielführer war.
"Kannst du hier schlafen?" Fragte ich leise und ließ den Kopf etwas hängen.
"Ich kann es versuchen Kleines."
Er verschwand ins Badezimmer. Stumm lauschte ich dem Rauschen der Dusche, während ich aus dem Fenster am Bett die Straße beobachtete.
Viel war nicht mehr los. Vor dem Gebäude tummelten sich noch einige Leute, vermutlich warteten sie auf ein Taxi oder jemand anders der sie abholen würde.
Ein streunender Hund schlief im Eingang einer der zahlreichen, geschlossenen Kneipen und einige wenige junge Frauen boten noch am Straßenrand ihre Dienste an.Diese Gegend hier, meine Heimat - sie hatte zwei Gesichter. Vielleicht war sie gerade deshalb so beliebt, weil man tagsüber ohne Sorge über die breiten Bürgersteige spazieren konnte, die erst bei Nacht ihre Waren preisgeben würden.
Und seltsamer Weise fühlte ich mich hier sicherer als in den streng überwachten Straßen der Villenviertel.
Hier gab es vielleicht Gewalt, Prostitution und einen ständigen, gefährlichen Konkurrenzkampf, aber die Spielregeln waren eindeutig und man wusste worauf man sich einließ und woran man war, war man einmal in die Szene eingetaucht.
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Schweig.
Novela Juvenil"Schweig. Entweder du oder sie." {enthält sexuelle Handlungen und Gewalt} {Sämtliche Rechte an dem Werk liegen bei mir, direktes Kopieren oder Abschreiben einzelner Kapitel oder der ganzen Story wird gemeldet.}