~two~

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Jungkook

Langsam begab ich mich aus dem Bett um schonmal duschen zu gehen, da ich gerade frisch aus dem Bett kam und gestern gearbeitet hatte, also musste mein Geruch dem entsprechen. Ich stellte das warme Wasser an uns ließ es auf meinen nackten Körper prasseln.

Jedoch war die Dusche nunmal ein Ort wo man viel Zeit zum Nachdenken hatte und auch wenn ich es garnicht wollte tat ich es. Ich dachte nach. Und über nichts geringeres als Tae und mich. So wie ich es gestern und all die Tage zuvor getan hatte. Ich dachte jede einzelne Sekunde daran und erinnerte mich, wie falsch ich doch eigentlich für ihn war.

Auch wenn meine Liebe ihn aufbaute wusste ich wie es letztendlich in mir aussah und ich wusste genau so sehr das Tae sich die Schuld dafür geben würde. Aber er hatte nicht die Schuld daran. Schuld trug nur meine Familie, mein Vater, meine Mutter und sogar mein Bruder der sich einfach das Leben genommen hatte, damals war ich gerade mal 12 gewesen. Aber genau so sehr war auch ich Schuld. Mein Bruder hatte mich großgezogen und war für mich wie ein Vater gewesen und auch wenn es schlimm war was mein Vater getan hatte, hätte mein Bruder für mich da sein können, aber auch er verließ mich.

So kam ich letztendlich auch ins Heim. Das erste mal war ich als kleines Kind dort gewesen. Mit 14 wurde ich wieder zurück geschickt und in genau dem selben Jahr, nach dem Tod meines Bruders verging sich mein Vater das erste Mal an mir.

Und da begann alles. Von dort an fing ich an innerlich zu zerfallen, ein ungesundes Wrack zu werden. Ich nahm Drogen, ließ mir im Rausch all meine Tattoos stechen und Rauchte nur so vor mich hin, eine Kippe nach der anderen. Manchmal sogar mehrere Schachteln am Tag, nur um das zu vergessen was ich war. Ein zerstörtes, kaputtes Wrack welches von seinem Vater als Sündenbock benutz wurde.

Wie hart seine Bestraufungen gewesen waren, wie oft ich mich tagelang weinend in meinem Bad eingeschlossen und mich angestarrt habe, meinen benutzen Körper welcher zum Eigentum meines Vaters geworden war.

Bis Taehyung es schaffte mich jeden Tag aufs Neue von den Gedanken an den Selbstmord abzubringen. Denn am Anfang tat er das wirklich. Ich fühlte mich ausgeglichen und geliebt, zum ersten Mal in meinem Leben wollte mich jemand wirklich um sich haben und das ließ mich so wertvoll fühlen, ich fühlte mich wirklich so. Ich hatte einen Wert in dieser Welt.

Aber tief in mir wusste ich selbst wie Kaputt ich war. Ich war am Rande meiner Kräfte und Taehyung war jediglich wie eine Droge. Er ließ es für den Moment besser werden, aber heilen könnte er meine Schmerzen nicht. Keiner konnte das. Auch Taehyungs große Liebe zu mir könnte das nicht.

"Du denkst nach..." ertönte es von Taehyung, welcher zu mir in die Dusche gekrochen kam und seinen nackten Körper von hinten gegen meinen presste, um seine Hände auf meinen trainierten Körper zu legen und mit der flachen Hand diesen auf und ab zu fahren.

Langsam drehte ich mich zu ihm um und griff nach seinen Händen um diese vorsichtig in meine zu nehmen. Ein paar nasse Strähnen flogen mir ins Gesicht und ich konnte sehen wie auch Taes Haare immer nasser wurden, bis sie sich auch voll mit Wasser gesaugt hatten. Er sah so perfekt aus...

"Ja, das tue ich wirklich" sagte ich und sah dabei tief in Taes tief braune Augen, die mich mit einem wunderschönen Lächeln anstrahlten. Nur mich lächelte er so an, dabei verdiente ich es nicht. Jemand anderst sollte an meiner Stelle sein und das bekam ich immer öfter zu spüren. Nicht weil er mir das Gefühl vermittelte, sondern weil ich wusste wie ich wirklich war. Wer der richtige Jeon Jungkook war, denn der war schon längst tot.

'Glaubte ich zumindest.'

"Über was denkt Jungkooks schöner Kopf so nach?" fragte er niedlich und sofort musste ich grinsen. Es wunderte mich immernoch wie Taehyung so unschuldig und kindlich sein konnte, er hatte diese Seite immer behalten. Es machte ihm einzigartig und so kannte ich Tae. Nie hatte er sich verstellt oder verändert. Er hatte nie das Bedürfnis gehabt mir zu gefallen, auch wenn er das tat. Mehr als das sogar, ich liebte ihn wirklich mehr als mich selbst. Denn mich selbst liebte ich nicht.

Schon lange nicht mehr.

"Wie sehr ich deine Tattoos liebe..." hauchte Tae und fuhr dabei meinen Arm entlang, vergaß seine Frage von zuvor einfach und machte das was er oft tat. Er bewunderte die Malereien die meinen Körper zierten. Viele hatten sogar eine Bedeutung, aber alle erinnerten mich daran wer ich nunmal wirklich war. Was ich früher alles getan hatte und wie diese zahlreichen Tattoos eigentlich entstanden sind.

"Und da ist meins..." sagte er leise und fuhr zu dem Tattoo direkt bei meinem Herzen, welches ich ihm gewidmet hatte. Es war sein Name, welchen er selbst geschrieben hatte. Und dieses kleine Tattoo bedeutete mir so viel mehr als den Rest meiner Tattoos zusammen.

"Und das hier..." flüsterte ich gegen Taes Lippen, griff nach seiner Hand und legte sie auf meiner linken Brusthälfte ab, direkt auf seinem Tattoo. "... Das hier wird, genau so wie mein Tattoo für immer deins sein" beendete ich meinen Satz und sah tief in Taes Augen, welche wieder zu leuchten begannen. Das warme Wasser schaffte eine romantische Atmosphäre und die stickige Luft um uns ließ es noch heißer um mich werden.

"Wie konnte dein Vater dir das nur antun..." hauchte er auf einmal mit einem Traurigen Blick und ließ seine andere Hand, welche nicht auf meinem mehr als schnell schlagendem Herz lag, über meinen Bauch wandern wo ich die große Narbe meiner Operation damals besaß. Er hatte mich damals zum ersten Mal Krankenhaus reif geschlagen und dies war nun die Erinnerung die ich mit mir herum trug. Ich hatte versucht sie mit einem Tattoo zu kaschieren aber man konnte es dennoch sehen. Und fühlen...

"Tae... Hör auf. Mein Vater war ein grausamer Mensch, du trägst nicht die Schuld dafür." erklärte ich ruhig und zog den jüngeren fest in meine Arme, vergrub seinen Kopf in meiner Halsbeuge und strich wieder sanft seinen Rücken entlang. Ich tat das oft, da ich wusste das Tae es mochte. Er erzählte mir einmal das seine Mutter ihn damals, als kleines Kind auch so über den Rücken gestrichen hatte und es ihm immer ungemein geholfen hatte.

Bis sie ihn letztendlich weg ins Heim gegeben hatte. So einen wundervollen Jungen hatte sie weg gegeben.

"Ich liebe dich Jungkook... Bitte... Denk immer daran... Immer... Niemals wieder werde ich sowas passieren lassen..." schluchzte er und presste sich stärker gegen meinen Körper. Sofort wurde mein Gesichtsausdruck betrübter denn ich wusste eins ganz klar.

Taehyung war nicht stark genug. Er war es nicht und es zerbrach ihn, sich zusätzlich um mich zu sorgen. Und das tat er. Jeden Tag lebte er in der Angst das ich einen Rückfall bekommen würde, meine Depressionen mich weiterhin auffressen würden und er nichts dagegen tun könnte. Er wollte mir um jeden Preis helfen, weil er mich liebte.

Dabei wusste er nicht, dass ich niemals meine Depression los geworden war. Ich befand mich lediglich wie unter Drogen, nur war Taehyung meine Droge.

Aber keine Droge war stark genug einen Menschen vollkommen zu heilen.

'Glaubte ich zumindest'

Rich Boy, Poor Heart // 𝑇𝑎𝑒𝑘𝑜𝑜𝑘 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt