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KAPITEL
Ridge

»Ridge!«

Ich schrecke hoch und gucke in die stahlgrauen Augen von Ella, unserer Haushälterin. Sie steht über mein Bett gebeugt, einen grimmigen Ausdruck auf dem Gesicht, was sie sofort unsympathisch wirken lässt. Ich will nicht lügen, das ist sie auch.

Obwohl sie durch ihre eher kleine rundlichere Figur und ihrem spanischen Aussehen eigentlich etwas Warmes ausstrahlt, ist sie das komplette Gegenteil. Ich kenne Ella seit meiner frühen Kindheit und dennoch kann ich die Momente, in denen sie mal gelächelt hat, an einer Hand abzählen.

»Aufstehen. Dein Vater erwartet dich in fünf Minuten in der Küche.« Mit diesen Worten dreht sie sich um und zieht mit einem festen Ruck die Vorhänge zur Seite. Das abrupte helle Licht blendet mich und ich grummele. »Es ist fünfzehn Uhr. Du bist jung und solltest nicht schlafen.« Sie wirft mir einen gnadenlosen Blick zu und ist im nächsten Moment schon wieder verschwunden.

Müde fahre ich mir durch die Haare und blicke auf die Tür, durch die Ella gegangen ist. Um genau zu sein, habe ich nicht geschlafen, sondern nur ein Nickerchen gemacht. Das ist ein Unterschied.

Seufzend schwinge ich die Beine aus dem Bett und stehe auf.

Da mein Zimmer größer als normal ist, wirkt es ziemlich spärlich eingerichtet. Ein großes Doppelbett, ein langer Kleiderschrank, einen breiten Schreibtisch, den ich eigentlich so gut wie nie benutze. Es sei denn, ich muss etwas an meinem Laptop programmieren. Außerdem hängen einige Regale an der Wand, die meine verschiedenen Andenken an Sportspiele tragen. Einen Baseball, einen Football. Alles Dinge, die ich dort bekommen oder gefangen habe. Und natürlich das Wertvollste, was ich besitze - meine Kamera.

Doch sonst wirkt mein Zimmer sehr lieblos. Weniger ist mehr, ist der Grund meines Vaters. Und wenn man bedenkt, dass ein lächerlicher Teppich bei ihm schon unter Dekoration fällt, weiß man auch, wieso.

Barfuß verlasse ich mein Zimmer und laufe durch das geräumige Haus. Der weiße Marmor verleiht den Räumen einerseits eine Helligkeit, die offen wirkt, aber andererseits auch etwas unnahbares, elegantes und steriles – als würde ich in einem Kunstwerk wohnen. Selbst Familienfotos gibt es bei uns nicht zu finden, dafür Glanz der feinsten Art. Wie eine Seite aus einem Wohnkatalog für Bodenbelege.

Dass mein Vater Perfektionist ist, spiegelt sich nicht nur in der Einrichtung des Hauses wider, sondern auch in seinem Aussehen, wie ich bemerke, als ich die Küche betrete.

Sein dunkelblauer Anzug ist glatt gebügelt, kein einziger Fusel ist zu erkennen. Seine leicht ergrauten braunen Haare sind perfekt gestylt, er ist frisch rasiert und sein Blick lässt keinen Widerspruch zu. Der Anzug, samt seiner Ausstattung und die perfekt polierten Schuhe sind mit Sicherheit ein Vermögen wert. Aber das will mein Vater auch erreichen. Er will, dass jeder sofort weiß, dass er das Geld hat.Dass es ihm an nichts mangeln dürfte. Doch ich weiß, dass er mehr Mangel aufweist, als er andere Leute erkennen lassen will.

»Ridge«, sagt mein Vater und blickt von seinem Handy auf. Ich nicke ihm zu und öffne den Kühlschrank. »Freut mich, dass du mich mal mit deiner Anwesenheit beehrst«, murmelt er vorwurfsvoll und stützt sich leicht auf der blitzblanken Theke ab.

»Freut mich eher weniger. Ich hatte so einen tollen Traum«, antworte ich und gähne, nur um ihn zu provozieren.

»Ridge«, mahnt er, woraufhin ich die Augen verdrehe.

»So oft wie du meinen Namen immer wiederholst, könnte man meinen, dass ich nicht weiß, wie ich heiße. Aber Update, Vater,ich weiß es«, erwidere ich und unterdrücke ein Grinsen.

Sofort verfinstert sich sein Blick. »Du hast den Termin mit meinem Assistenten heute verpasst. Er sollte dich auf die Meetings nächste Woche vorbereiten. Ist das für dich nur ein Spaß?«

Ich schnaube. »Glaub mir, das ist alles andere als ein Spaß für mich.«

»Und womit hast du deine Zeit verschwendet? Ridge, das ist wichtig«, ermahnt er mich mit ernster Stimme.

Ich unterdrücke den Drang meine Augen zu verdrehen und lehne mich mit verschränkten Armen an die Arbeitsfläche aus Ebenholz. »Ich habe Fotos bearbeitet.«

Mein Vater seufzt schwer. »Soll ich meinem Assistenten sagen, dass du nicht da warst, weil du Fotos bearbeitet hast? Das ist doch ein Witz. Das ist einfach nur lächerlich. Du sollst etwas aus deinem Leben machen, Ridge.«

»Ist mir doch egal, was du deinem Assistenten sagst«, erwidere ich schulterzuckend.

»Ridge«, ermahnt ermich schon wieder. Das kommt ziemlich häufig vor, wenn ich maldarüber nachdenke. »Man sollte meinen, dass du aus dem rebellischenAlter heraus bist. Aber da sieht man mal wieder, dass das leidernicht der Fall ist.«

»Was erwartest du denn von mir?« Es macht mich wütend, dass er meine Leidenschaft nicht ernst nimmt. Mit Fotos kann man auch Geld verdienen. Wenn man es gut macht. Und genau deshalb beschäftige ich mich damit. Ich will gut sein. Ich will meinen Tag nicht in einem stickigen Büro verbringen und mich um dämliche Dokumente kümmern, die mich einen Scheiß interessieren.

»Dass du die Termine, die ich dir gebe, auch ernst nimmst!«, ruft er aus. Und dieses Mal ist er ziemlich verärgert. »Du musst anfangen, dich um deine Zukunft zu kümmern.«

Ich verdrehe die Augen. »Ich bin verdammte neunzehn Jahre alt. Mein Leben liegt noch vor mir. Selbst wenn ich in fünf Jahren immer noch keinen blassen Schimmer habe, was ich tun will, habe ich noch immer die Zeit dafür.«

Mein Vater schnaubt. Ungläubig. Er legt keinen Wert auf Unwissen. Bei ihm läuft alles nach Plan. Bei ihm muss alles sofort passieren, sonst verliert es an Gewicht. »Das ist lächerlich.«

Ich winke ab. »Von mir aus.« Ich laufe aus der Küche zurück in mein Zimmer, in dem ich mich umziehe und meine Kamera vom Regal schnappe.

a/n: sorry sorry sorry, dass jetzt erst das kapitel kam. ABER leute, ich weiß mein passwort wieder WHUUUUU ITZ ITZ ITZ und sorry wegen der länge hier, aber wollen wir das mal nicht vertiefen, okay? okay.

Drive Me CrazyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt