Der Horrorfilm

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Mary Campbell

Es ist Samstagabend und eine Woche vor Halloween. Ich bin im Kino allein und der Saal ist leer. Ein Freund von mir, Michael und ich wollen einen Horrorfilm sehen , besser gesagt, "er" möchte einen ansehen. Ich hasse Horrorfilme. Speziell, wenn sie +18 sind, obwohl ich mittlerweile schon 20 bin. Mein Handy vibriert. ,Tut mir leid, ich kann heut' nicht kommen – mein Vater.........Kennst eh'. Du musst nicht den Film allein ohne mich sehen, fahr einfach nach Hause. LG Michael.'

Er kann nicht kommen. Sein Vater hält es für unangemessen, wenn er mit mir ausgeht. Naja ausgehen kann man dazu eigentlich nicht sagen, wir sind ja nur Arbeitskollegen und er ist mein bester Freund. Wir kennen uns seit 5 Jahren, ich habe allerdings seit vier Jahren Gefühle für ihn, habe mich aber nicht getraut, ihm das zu gestehen. Wie mein Name Mary schon sagt, bin ich ein schüchternes Mädchen.

Michael und ich wollten nur die Eröffnung unseres Restaurants feiern. Natürlich reagiert sein Vater auch auf dieses Projekt äußerst allergisch. Ich habe keine Ahnung warum, aber ich habe immer das Gefühl, dass mich sein Vater hasst. Eigentlich möchte ich das Kino am liebsten verlassen, weil niemand im Saal ist, doch meine dumme Neugier will diesen Film namens ' The Operation' sehen. Das ist eine große Herausforderung für mich und einer meiner schlimmsten Erfahrungen. Eine noch dümmere Aktion von mir ist, dass ich mir den Film in 4DX ansehe. Es fühlt sich alles so  nah an. Es fühlt sich nicht nur so an, sondern es verfolgt mich indirekt. Diese Gestalt im Film heult in meinem Kopf, so als würde sie mir etwas sagen wollen. Ich denke, ich spüre meinen Atem nicht mehr. Ich will aufstehen und aus dem Saal rennen. Plötzlich beginnen sich alle Stühle zubewegen. (Mir ist kalt, kalt, mir ist kalt...).Moment mal: Das kann ich nicht gesagt haben? Habe ich das wirklich getan? Nein! Ich drehe mich um und sehe diese eine Gestalt. Oder war es ein Schatten? Niemand befindet sich im Saal und mein Schatten konnte es auch nicht gewesen sein. Ich trage doch keinen Hut. Ich laufe zum Ausgang hinunter. Die Türe ist zugesperrt. Der Film läuft und die Sitze wollen auch nicht mit dem „Tanzen" aufhören. Ich schreie so laut ich kann. Die Leinwand zeigt ständig eine Szene, wie diese Gestalt einem Mädchen, die mir ähnelt, ein Messer in ihr Herz sticht und es dann in seinen Mund schiebt. Er kaute nicht, er schluckte es. Ich habe Angst. Die Szene wiederholt sich andauernd. Das Opfer sieht mir von Minute zu Minute ähnlicher. Ich zittere. Ich spüre meine Hände nicht mehr. Meine Augen sind voll von Panik und Angst. Nun sieht das Mädchen genauso wie ich aus. Das bin ich. Ich weine und schreie laut auf, doch niemand hört meine Stimme. Ich selbst kann sie auch nicht hören. Mein Mund ist wie gelähmt. Ich hatte nur noch eine Hoffnung. Ich muss Michael eine SMS schreiben.„Ich bin im Kino allein. Keiner ist im Saal. Nichts ist hier normal, dieser Film ist kein gewöhnlicher Film. Es geht hier vieles schief und ich habe Angst. Die Ausgangstüre ist zugesperrt und niemand hört meine Hilferufe. Bitte hole mich ab."

Nach gefühlten 10 Minuten wird die Türe aufgebrochen . Ich sitze auf dem Boden, die Füße angezogen und weine ununterbrochen. Eine warme Handfläche berührt meine rechte Schulter. Ich hebe meinen Kopf und sehe in Michaels besorgtes Gesicht. Plötzlich hebt er mich empor und trägt mich zu seinem Auto. Ich bin völlig fertig. Ich kann wiederlaut sprechen. Michael fragt mich, was geschehen ist.

,,Hast du nicht die  bewegenden Sitze gesehen?", frage ich ihn. Auf die Straße blickend antwortet er mir: ,, Nein, da war nichts."Die Leinwand auch nicht? Die Szene hat sich ständig wiederholt und ich...", mein Freund unterbricht mich:

,,Und du warst das Opfer. Du glaubst jetzt nicht wirklich, dass dir so etwas zustoßen kann oder? Das wird es nicht, ich verspreche es dir. Ich werde es nicht zulassen."

Als wir endlich bei meinem Haus angekommen waren, bedanke ich mich bei ihm. Michael würde warten bis ich drinnen bin und die Tür hinter mir schließe, doch ich finde meinen Schlüssel nicht und keiner macht die Türe auf.

Ich weiß nicht, wohin ich zu dieser späten Uhrzeit gehen könnte, deshalb steige ich ein und Michael fährt uns zu einem Hotel. Er bucht ein Zimmer mit zwei getrennten Betten für uns. Nachdem ich mich geduscht habe und mich dann anzog, was Michael von der Rezeption besorgt hatte, (Der Junge kennt mich wirklich gut, das Pyjama hat mir genau gepasst.) setze ich mich neben Michael, der sich mittlerweile unsere gemeinsame Lieblingsserie gönnt und nebenbei gemütlich seine Popcorn isst, hin.

,,Danke Michael."

Er sieht mich mit seinen olivgrünen und überraschten Augen an.

,,Wofür? Als dein bester Freund ist es meine Aufgabe, dir in Schwierigkeiten zu helfen. Dafür sind doch Freunde da. Ich meine...ich bin immer da für dich. Solange ich nicht vergesse, wie das Atmen funktioniert."

Wir sitzen eine gefühlte Stunde ohne ein Wort zu sagen da und sehen uns unsere Serie an. Michael starrt den Fernseher so konzentriert an und hält dabei die Tüte mit dem Popcorn noch fest in seiner Hand. Ich warte auf eine spannende Szene und nehme schreiend die Tüte aus seiner Hand. Ich habe ihm zu Tode erschreckt, was mein Ziel war. Während ich lache, fällt etwas Schweres auf den Boden. Ich denke,Michael würde sich rächen wollen, er liegt nämlich bewusstlos auf dem Boden. Er ist nicht ansprechbar und macht mir Angst. Er kommt nicht zu sich und ich bin kurz davor, den Notruf zu wählen, als Michael,, It's a prank!" schreit. Ich gebe ihm eine ordentliche Ohrfeige.

,,Ouch, Mary! Seit wann so boshaft, huh?", sagt er mit einem gespielten beleidigten Ton.

,,Darf man sich denn nicht rächen? Ich meine, es war nur ein kleiner Streich."

,,Junge, wenn du mir noch einmal so einen Schreck einjagst, bekommst dunicht nur eine Ohrfeige, sondern etwas viel Schmerzhaftes!",warne ich ihn.

,,Du hattest also Angst um mich gehabt? Irgendwie ist das süß."

Ich bin so wütend, dass ich ihm gleich noch eine Ohrfeige geben könnte, doch ich hebe nur meine Hand und senke sie wieder. Michael liegt noch immer auf dem harten Boden. Er sagt, dass ich ihm gefalle, wenn ich vor Wut rot im Gesicht werde. Er richtet sich auf, nimmt meine rechte Hand zwischen seine Hände und atmet tief ein:,, Ich wüsste nicht, was ich ohne dich machen würde. Du bist wie ein Schmetterling. Du bist ....du bist einfach wunderbar. Mary ich liebe dich!"

Ich wünschte, dies wäre ein Geständnis, doch ich lebte schon immer in meinen Träumen. Ich wünschte, er würde mich nicht als seine beste Freundin lieben. Ich weiß, dass er mich immer als seine beste Freundin sehen wird. Mein Herz zieht sich zusammen und ein Kloß bildet sich in meinem Hals. Ich versuche ihm nicht in die Augen zu sehen, doch er nimmt mein Kinn in seine Hände.

,,Ich meinte das nicht im Sinne von: Ich habe dich lieb. Du bist mein ein und alles Mary. Ich habe mich in dich verliebt Mary. Mary Rose Campbell, ich liebe dich."

Ich kann spüren, wie sich überall auf meinem Körper eine Gänsehaut verbreitet. Er hat mir soeben - gerade eben - seine Liebe gestanden! Ich muss etwas sagen, doch mir fehlen die Worte.

,,Michael, es mag jetzt nicht das beste Geständnis sein, aber ich bin positiv überrascht." Michael weiß genau, was das zu bedeuten hat. Gemeinsam lächeln wir uns an.

,,Darf ich etwas machen? Ich frage dich lieber, bevor du mir wieder eine Ohrfeige gibst.", fragt er mich stotternd. Ich kann ahnen, was er machen möchte. Es fühlt sich etwas komisch an, es ist mein erster Kuss und in solchen Dingen hatte ich bisher keine Erfahrung.

The artful Enemy: Ein Fluch des VertrauensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt