16. Dezember

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Luhan

Ich langweilte mich zu Tode. Ich hatte keine Lust, schon wieder Karten zu spielen, geschlafen hatte ich mehr als genug und raus konnten wir nicht. Also, konnten wir schon, aber draußen war das reinste Chaos los. Der Wind peitschte den Schnee von links nach rechts, Nebel zog auf und Eisregen ging nieder.
Ich lief also ziellos durch die Hütte - ein Spaziergang, der sehr kurz ausfiel - und sah mich um. Wo wollten wir hier denn alle schlafen? Drei Betten gab es, einer auf der Couch, einer konnte die beiden Sessel zusammenschieben... Und dann war es das auch schon. Gut, vielleicht konnte man zu zweit in den Betten schlafen, wenn man sich sehr schmal machte. Das reichte aber trotzdem nicht.

Ich sah mich schon vor dem Kamin auf dem Teppich schlafen, während klammheimlich meine Socke anbrannte.

Nein, danke.

Da schlief ich lieber unterm Küchentisch.

In der Stube fluchte irgendwer, dann stritten sie um die Spielregeln des Kartenspiels.

Ich seufzte.

Und das sollte ich noch x Tage aushalten?

Zu meinem Glück stieß ich in der Abstellkammer auf ein Regal, das vielversprechend aussah.

Ich schob zwei Säcke Reis, eine Kiste Kartoffeln, einen alten Regenschirm und einen schweren, staubigen Karton zur Seite und quetschte mich zu dem Regal durch.

Ich fand so einiges, inklusive einem ganzen Haufen Wollmäuse. Ich nieste.

"Gesundheit."

"Danke."

Warte, was?

Ich drehte mich um. In der Tür stand Sehun, an den Türrahmen gelehnt.

"Was machst du hier, Lu? Ist doch saukalt hier hinten."

"Ich suche Beschäftigung."

"Die anderen spielen Karten..."

"Ich weiß. Zum tausendsten Mal."

Er nickte.

"Hm-m, ich hab auch keine Lust mehr. Hast du was Interessantes gefunden?"

Er kam zu mir und schob mit dem Fuß ein paar alte Skistöcke weg.

Ich nickte.

"Ich hab Schokolade."

"Und die ist noch essbar? Hier sieht alles aus als wäre es mindestens hundertachtundsiebzig Jahre alt."

Er wischte über ein Regalbrett und pustete missbilligend den Staub weg.
"Siehst du?"

"Jaja.", machte ich. "Aber die ist frisch."

Ich zerbrach die Schokolade und hielt sie ihm hin. Nachdem er sie genauestens inspiziert hatte, nahm er ein Stück heraus und kaute zufrieden darauf herum.

Ich wandte mich wieder dem Regal zu.

Auf dem obersten Bord lag etwas, das meine Aufmerksamkeit erregte.

Ich langte danach, bekam es zu fassen und zog es in einem Schwall von kaltem Staub herunter.

Sehun hustete, während ich erneut nieste.

Er räusperte sich. "Okay, jetzt kann man die Schokolade aber wirklich nicht mehr essen."

"Ach was.", winkte ich ab. "Dreck reinigt den Magen."

Ich klemmte meine Errungenschaft unter den Arm. Hier war es wirklich kalt.

"Kommst du mit oder willst du noch weiter um die Schokolade trauern?"

"Ich komm ja schon."

Er folgte mir und schloss die Tür zur Abstellkammer.

"Was hast du da überhaupt?"

"Keine Ahnung, das werde ich gleich herausfinden."

Ich ging ins Schlafzimmer der Hütte und belegte eines der drei Betten mit Beschlag. Es war kühl im Zimmer, aber angenehm. Angenehmer als im überhitzten und übrfüllten Wohnzimmer.

Ich klopfte noch ein wenig Staub herunter, dann legte ich das ledergebundene Buch auf die Bettdecke und schlug es auf.

Die alten Seiten knisterten zwischen meinen Fingern, als ich darin herumblätterte.

"Kannst du das lesen?"

"Keine Ahnung, das ist irgendeine alte Schrift. Außerdem total verblichen."

Ich blätterte weiter, bis ein einzelnes Blatt zwischen den Seiten herausrutschte.

"Aber das erkennt man.", sagte ich. "Das ist eine Karte."

Der (nicht ganz so) traurige Versuch eines Adventskalenders.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt