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POV Tao
Kris will sich unbedingt mit mir auf dem Schuldach treffen? Und das schon in... -kurz sah ich auf die Uhr- ...eineinhalb Stunden! Panisch sprang ich von meinem Bett und rannte in das Badezimmer. In Rekordzeit duschte ich und rannte nur mit einem Handtuch bekleidet zurück in mein Zimmer. Allerdings nur, um anschließend ratlos vor meinem geöffneten Kleiderschrank zu stehen. Im Kopf ging ich alle möglichen Kombinationen durch, doch nichts schien zu passen. Ich war so sehr in Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekam, wie Kai in mein Zimmer kam. 
»Tao? Ist alles okay? Du siehst ziemlich verzweifelt aus!« Erschrocken drehte ich mich zu dem Jüngeren. »Was? Nein, ... Doch ja ... Bei mir ist alles gut!« »Ja, ich glaub's auch! Kann ich dir irgendwie helfen?« Amüsiert schaute Jongin mich an. »Nein, ... Doch ... Ich weiß nicht!« Lächelnd kam er auf mich zu und legte aufmunternd seine Hand auf meine Schulter. »Wie wäre es, wenn du dir schnell was Einfaches überziehst und essen kommst? Und danach helfe ich dir. Mit vollem Magen denkt's sich leichter.« Seufzend nickte ich und griff frustriert nach einer schwarzen Jogginghose und einem ebenfalls schwarzen T-Shirt. 
Nachdem Jongin mein Zimmer verlassen hatte, zog ich mich schnell an und ging danach in die Küche. Meine zwei Mitbewohner saßen schon am Tisch und warteten, bis ich mich gesetzt hatte, ehe sie anfingen zu essen. Da keiner von uns dreien wirklich kochen konnte, gab es nur einfache Instantnudeln. 
Ich aß sehr wenig, da ich die ganze Zeit an mein bevorstehendes Treffen mit Kris denken musste. Kai schien zu bemerken, dass ich geistig abwesend war und gab irgendwann auf, mich in ein Gespräch verwickeln zu wollen. Ich verstand mich ja selbst nicht ganz. Es war immerhin nur Kris, wie hatten uns schon tausende Male auf dem Schuldach getroffen und ich wusste ja nicht einmal über was er mit mir sprechen wollte. Und trotzdem war ich so nervös wie noch nie.
Nachdem wir mit dem Essen fertig waren, wobei ich mich mehr oder weniger zum Essen gezwungen hatte, ging ich nicht wirklich besser gelaunt in mein Zimmer und stellte mich wieder vor meinen Kleiderschrank. Kurz bevor ich wieder in völliger Verzweiflung versinken konnte, öffnete sich meine Tür und Kai betrat mein Zimmer. »Also deinem Blick zufolge würde ich sagen, du suchst ein passendes Outfit, findest aber keins!« Zustimmend nickte ich und schaute hilfesuchend zu dem Jüngeren. »Was hast du denn vor?« Fragend blickte er mich an und fokussierte dann meinen Kleiderschrank. »Ich treffe mich mit... jemandem.« Ich verschwieg ihm bewusst, dass dieser 'jemand' niemand anderes als Kris war.
»Das sind jetzt sehr viel Informationen, aber okay. Hast du schon eine Vorstellung?« Neugierig sah Jongin mich an und ich lächelte ihn dankbar an, ehe ich zwei Kleidungsstücke aus meinem Schrank heraus nahm. Ich hatte mich spontan entschieden und hielt ihm das Outfit zweifelnd entgegen. Skeptisch wurde ich angesehen. »Naja, ganz ehrlich?! Das sieht scheiße aus!« Entgeistert sah ich mein Gegenüber an. Ich wusste, dass es nicht meine beste Wahl war, aber musste er gleich solche Wörter in den Mund nehmen? »Aber es ist deine Entscheidung, du musst damit rumlaufen!« Unverändert stand ich da und war kurz vor dem endgültigen Verzweifeln.
Glücklicherweise änderte Kai seine Meinung, nahm mir meine Kleidung aus der Hand, tauschte sie gegen andere Teile aus und gab mir diese. Während ich verdattert dastand, verließ Jongin mein Zimmer, drehte sich in der Tür jedoch noch einmal um. Mit wackelnden Augenbrauen sagte er noch »Viel Spaß!« und verschwand dann endgültig.
Nachdem ich mich umgezogen und mir meine Haare gemacht hatte, war es schon fast 19 Uhr und ich machte mich schnell auf den Weg zur Uni. Als ich dort angekommen war, verriet mir ein Blick auf die Uhr, dass ich ein paar Minuten zu spät war. Eilig rannte ich die Treppe hoch und atmete einmal tief durch, ehe ich die Tür öffnete und das Schuldach betrat. Aufgrund der untergehenden Sonne konnte ich nur seine Silhouette sehen, doch ich wusste sofort, dass es Kris war.
»Yifan Hyung... ?« Er drehte sich um und sah mich erleichtert an. Hatte er gedacht, dass ich nicht komme? Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen und ich merkte, wie mein Herz schneller schlug. Wie konnte er nur jeden Tag aufs Neue immer wieder diese Gefühle in mir auslösen und dabei noch so gut aussehen?
»H- Hi... « Hatte er etwa gerade gestottert? »Uhm, du wolltest mich sprechen?« Ich konnte die Unsicherheit aus meiner Stimme heraushören und ärgerte mich über mich selbst. Konnte ich nicht einmal etwas selbstsicherer klingen?
Als unsere Blicke aufeinander trafen, konnte ich aus dem Augenwinkel erkennen, wie seine Hände anfingen zu zittern und er immer nervöser wurde. Was wollte er mir sagen? Als er anfing zu sprechen, hatte er sich entweder wieder gefangen oder er war viel besser als ich darin, seine Unsicherheit zu verstecken. »Ist bei dir alles in Ordnung?« Irritiert sah ich ihn an. »Wie läuft die Uni?« War's das? Wollte er mich wirklich nur diese belanglosen Dinge fragen?
»Gut, schätze ich. Ich weiß nicht, sie hat ja erst gestern angefangen!« Erstaunt sah er mich an. Anscheinend war man Sarkasmus von mir nicht gewohnt. Allerdings bereute ich meinen Ton sofort, als ich bemerkte, dass Kris niedergeschlagen seinen Blick auf den Boden senkte. »Was ist los Yifan? Irgendwas bedrückt dich doch. Du weißt, du kannst mit mir über alles reden! Ich bin immer für dich da!«
Kurz war es still, keiner von uns sagte ein Wort oder bewegte sich auch nur. Es schien, als ob die Welt für einen kurzen Augenblick aufgehört hätte, sich zu drehen. Als wartete alles auf seine Reaktion.
Dann hob Kris den Blick, schaute mir direkt in die Augen. Hatten sich in seinen etwa Tränen gebildet? Besorgt musterte ich ihn, doch der Ältere lächelte mich nur dankbar an. »Ich weiß. Und ich wüsste so gern, was ich getan habe, um dich zu verdienen. Du warst immer für mich da, hast nie eine Gegenleistung erwartet und stattdessen immer wieder aufs Neue deine Hilfe und Unterstützung angeboten. Du bist so ein wundervoller Freund und auch als Mensch unglaublich wertvoll. Ich bin so froh dich zu haben, ich wüsste gar nicht, was ich ohne dich machen sollte.«
Erstaunt fasste ich mir an die Wange. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass mir vor Rührung die Tränen gekommen waren. Langsam kam Kris noch einen Schritt näher, uns trennten vielleicht gerade so noch dreißig Zentimeter voneinander. Verwundert schaute ich leicht hoch. Was hatte er nur vor? Vorsichtig hob der Größere seine Hand, wischte mir behutsam die  Tränen von der Wange.
»Ich konnte gar nicht anders, als mich in dich zu verlieben.«
Moment... hatte er gerade verlieben gesagt? Hieß das, er... liebte mich? Ich starrte meinen besten Freund eine gefühlte Ewigkeit einfach nur an. Konnte das wahr sein? Und wenn es so war, wie fühlte ich? Liebte ich ihn wirklich oder war es nur diese kleine Schwärmerei, die ich mir schon längst eingestanden hatte?
»Tao... Ich liebe dich! Und ich hoffe so sehr, dass dieser eine Satz nicht unsere einzigartige Freundschaft zerstört, die mir so wichtig ist.«
Wieder herrschte Stille und mir wurde auf einmal die Situation bewusst. Wir zwei, alleine auf dem Schuldach. Wie oft hatten wir uns von hier aus den Sonnenaufgang angesehen, nur wir zwei, abgeschieden vom Rest der Welt.
Und als die Sonne immer tiefer sank und uns in goldenes Licht tauchte, wusste ich es: Ich liebte ihn. Und mit dieser Erkenntnis schloss ich den Abstand zwischen uns und legte meine Lippen auf seine.

mord im klassensaal ✧ exoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt