Kapitel 8

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Sherlock schlug die Türe des Taxis zu und sah zu dem Gebäude auf, vor welchem er stand. Er wusste, dass das Langham Hotel von John Giles entworfen und von 1863 bis 1865 erbaut wurde. Es hieß auch, dass 1889 in diesem Hotel ein Treffen zwischen Joseph Marshall Stoddart, dem Schriftsteller Oscar Wilde und dem Arzt (und Sherlocks Lieblingsschriftsteller) Arthur Conan Doyle stattfand.

Sherlock ging auf den imposanten Eingang zu, als ihm ein Mann in edlem, schwarzen Anzug entgegen kam. Sein Auftreten erinnerte stark an die Geheimagenten in Hollywood-Filmen. Headset und Sonnenbrille inklusive. "Mr. Holmes, Folgen Sie mir.", sagte er mit dunkler Stimme. Sherlock folgte dem Mann durch die Eingangshalle und inspizierte unterdessen genau seine Umgebung, später fähig, sich an das kleinste Detail zu erinnern.

Der edel gestaltete Flur führte sie ins Café des Hotels, 'Palm Court' genannt. Sherlock hatte von diesem Raum gelesen, war jedoch noch nie zuvor hier gewesen. Der Saal war gefüllt mit vielen niedrigen Tischen und Sesseln. Im Hintergrund spielte ein Pianist, was eine angenehme Atmosphäre schuf. Es waren nicht viele Gäste anwesend und Sherlock folgte dem Unbekannten an den Menschen vorbei, an einen Tisch in der Mitte des Raumes. Der Mann, der dort offenbar auf sie gewartet hatte, erhob sich langsam. Sein kalter Blick wanderte durch den Raum bis er an Sherlock hängen blieb.

"Sieh an, sieh an. Sie haben meine Einladung also angenommen. Ich fühle mich geehrt.", sagte der Mann mit leicht irischem Akzent und ein beinahe spöttisches Lächeln umspielte seine schmalen Lippen.

"Kein Grund, sich geehrt zu fühlen."

"Wie geht es ihrem Freund John? Macht er sich gut, beim Windeln wechseln?" Ein hohes, arrogantes Lachen kam dem Mann, den Sherlock bisher nur als JM kannte, über die Lippen.

"Darf ich fragen, mit wem ich das Missvergnügen habe?"

"Oh, tztz wie unhöflich von mir. James Moriarty. Hi!" Der Mann sprach in einem Singsang, dass es einem kalt über den Rücken lief. Er mag nicht so aussehen, doch Sherlock wusste schon jetzt, dass er keinesfalls den Fehler machen durfte, diesen Gegner zu unterschätzen.

Moriarty bedeutete Sherlock, mit einer Handbewegung zum Sessel ihm gegenüber, sich zu setzen. Der Detektiv knöpfte mit der rechten Hand sein Sakko auf und ließ sich, den Blick keine Millisekunde von seinem Gegenüber abwendend, nieder.

"Ich nehme an, Sie sind mit dem Afternoon Tea einverstanden? Er ist wirklich ganz vorzüglich.", sagte Moriarty und schob Sherlock eine Tasse zu, dieser rührte sie jedoch nicht an.

"Welches Spiel spielen wir hier?", fragte Sherlock mit ruhiger Stimme. "Geben Sie zu, es macht Ihnen Spaß." James Moriarty zwinkerte dem Detektiv verschwörerisch zu.

"Sie haben meine Frage nicht beantwortet." "Nun, Sie kennen das, Sherlock. Die Menschen.", Moriarty schüttelte theatralisch den Kopf und fuhr fort: "Sie sind so.. gewöhnlich. So langweilig. Finden Sie nicht auch, Sherlock?" Missmutig sah er den Detektiv an; dieser erwiderte den Blick mit zusammen gezogenen Augenbrauen.

"Weshalb John? Weshalb das Baby in dem Karton? Was möchten Sie damit erreichen?" Moriarty sah ihn traurig an. "Ich habe mich in Ihnen geirrt, Sherlock. Ich dachte, sie verstehen mein Spiel. Aber jetzt stellt sich heraus, dass Sie so sind wie die anderen Menschen auch- gewöhnlich." Sherlock sah ihm in die Augen. Der Mann konnte einem Angst machen. Was war sein Ziel? Wozu das ganze Theater?

"Wer ist Joanna Watson? In welcher Beziehung steht sie zu John?", fragte Sherlock nach einigen Sekunden Stille. "Es wäre doch kein Spiel mehr, würde ich es Ihnen jetzt verraten! Ich bekomme den Eindruck, dass Sie die Spielregeln nicht ernst nehmen."

Langsam verstand Sherlock. Das ganze war für Moriarty nur ein Zeitvertreib. Nur etwas, um der Langeweile zu entkommen. Nun blieb noch die Frage offen, weshalb Joanna Watson und was Moriarty mit ihr gemacht hatte. Er hoffte, das mit Hilfe von Detective Inspector Lestrade herauszufinden. Hoffentlich war es noch nicht zu spät für die Frau, Sherlock konnte sich allmählich vorstellen, zu was James Moriarty fähig war.

"Nun, ist das alles? Haben Sie mich herbestellt, um mir mitzuteilen, dass das alles ein Spiel für Sie ist? Denn dann muss ich Sie leider enttäuschen. Ich spiele nicht mit."

James Moriarty lachte amüsiert. "Sherlock Holmes.. Sie spielen schon längst mit. Joanna hat nicht mehr allzu viel Zeit. Mal sehen, ob Sie es schaffen, sie vor Ablauf der Zeit zu finden. 24 Stunden, dann wird sie sterben." Sherlock stockte der Atem; er musste sie finden, nur wusste er noch nicht wie.

"Wird sie sterben, werde ich Sie töten. Merken Sie sich das." Mit diesen Worten drehte sich der Detektiv um und verließ mit großen Schritten den Saal. "Nein werden Sie nicht.", erwiderte Moriarty mit hoher Stimme und lachte teuflisch.

...

Sherlock schloss die Türe zu 221B Baker Street auf. Es war bereits nach 23 Uhr. "John? Bitte komm schnell, wir haben einen Fall." "Oh Hallo, Sherlock. Einen Fall? Jetzt?" Er sah auf die Uhr und setzte sich neugierig auf die Couch.

"John. Kennst du jemand namens Joanna?", fragte Sherlock, breitbeinig im Zimmer stehend, die Hände in die Hüften gestützt, mit ernstem Gesichtsausdruck. "Joanna? Nein, kommt mir nicht bekannt vor. Wer soll das sein?" "Billys Mutter. Ihr Name ist Joanna Watson." "W- Was? W-A-T-S-O-N? Das kann kein Zufall sein!" John starrte seinen Freund entsetzt an. "Aber Ich kenne niemanden, der Joanna heißt!"

Sherlock legte seine beiden Handflächen aneinander und platzierte sie an seinen Lippen. Nachdenklich sah er aus dem Fenster der Wohnung auf die Straße. Auf Johns Frage hin, erzählte der Detektiv, was im Langham Hotel vorgefallen war.

"Ich werde DI Lestrade anrufen, wir haben noch knapp 23 Stunden Zeit, bevor sie stirbt." Mit diesen Worten fischte er sein Mobiltelefon aus der Jackentasche und wählte die Nummer des Detective Inspectors.

Das Baker Street BabyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt