Pleiten, Pech und Pannen

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"Ich versteh immer noch nicht, warum du so scharf auf diese Übernachtungsparties bist.", grummelte Kageyama, als er und Hinata nach dem täglichen Volleyballtraining wie immer gemeinsam nach Hause, beziehungsweise zu der Kreuzung liefen, an der sich ihre Wege normalerweise trennten. Schon seit Tagen lag Hinata ihm mit seiner neuen Idee in den Ohren und immer wieder fielen ihm neue Gründe ein, weshalb es ganz wichtig war, dass sie wenigstens einmal zusammen übernachteten.

"Überleg doch mal! Deine Eltern haben so einen großen Hof. Da könnten wir abends noch Volleyball spielen ohne, dass meine Mutter mich anmeckert, weil ich so spät nach Hause komme.", fing er wieder an und Kageyama schaute wie auf Kommando nach oben in den dunkelgrauen Himmel, dessen Wolkendecke sie schon fast die ganze Woche lang mit feinem Nieselregen beglückte, wenn es nicht gerade schüttete wie aus Eimern. Das waren nicht gerade die besten Voraussetzungen zum Volleyball spielen. Hinata schien seine Gedanken gelesen zu haben, denn er fuhr gleich mit seinen Ausführungen fort.

"Wir müssen auch nicht unbedingt Volleyball spielen. Wir könnten auch 'nen Film gucken, oder keine Ahnung...Brettspiele spielen? Flaschen drehen? Blinde Kuh?" Okay, langsam wurde es wirklich lächerlich. Sie waren doch keine fünf mehr.

"Was soll denn daran bitte Spaß machen, häh?", fragte er deshalb und Hinata verzog sein Gesicht zu einem Schmollen, wobei er ganz offensichtlich versuchte Kageyamas eigenen Gesichtsausdruck nachzumachen.

"Du bist so ein Miesepeter, echt mal!", ließ er seinem plötzlichem Ärger Luft und schnaufte frustriert, "Ich hab doch nur gedacht, dass wir mal wieder etwas Zeit miteinander verbringen könnten. Und unter Freunden ist es ganz normal, dass man mal beieinander übernachtet." Kageyama dachte über seine Worte nach, aber der Sinn erschloss sich ihm nicht. Vor allem, warum Übernachtungsparty? Wie sollte man denn bitte feiern, wenn man die meiste Zeit sowieso im Bett lag? Und was sollten sie feiern? Sie hatten schon lange kein Trainingsspiel mehr hinter sich und das letzte Testspiel gegen die Nekoma hatten sie mit großem Punkteabstand verloren.

"Sag mir jetzt nicht, dass du noch nie bei jemandem übernachtet hast?", fragte Hinata nach einer Weile und schaute seinen Volleyballpartner aus großen, braunen Augen an.

"Natürlich hab ich das, du Depp!", antwortete Kageyama etwas rauer als nötig und überlegte krampfhaft, wo er in seinem Leben schon überall übernachtet hatte.

"Trainingscamps, Klassenfahrten, das eine mal im Kindergarten...", zählte er an seinen Fingern ab und hörte erst auf, als Hinata ihn mit dem Ellenbogen in die Seite stieß.

"Nein, ich meine bei Freunden. Ich hab das in der Grundschule schon gemacht.", meinte Hinata und streckte stolz die Brust raus, als ob das eine ganz besondere Errungenschaft wäre, sich bei anderen Leuten in die Betten zu legen und ihnen vielleicht noch die Decke zu klauen. Natürlich. Hinata hatte ja schon als kleines Kind keine Probleme damit gehabt, Freundschaften zu schließen. Ganz im Gegensatz zu ihm.

"Es ist nicht so, als ob ich was dagegen hätte.", meinte Kageyama nach einer Weile und spürte, wie sein einstiger Widerstand langsam brach. Vielleicht hatte Hinata doch Recht und er war nur wieder derjenige, der sich komisch und unsozial verhielt.

"Also, war das jetzt ein ja oder ein nein?", fragte Hinata und Kageyama drehte sich diesmal richtig zu ihm um.

Die Augen des kleinen Mittelblockers strahlten erwartungsvoll und trotz der regnerischen, tristen Atmosphäre hatte man bei ihm immer wieder den Eindruck, als würde die Sonne aufgehen. Kageyama schluckte den Kloß hinunter, der sich in seinem Hals zu bilden drohte, und nickte schließlich. Warum nur hatte er das Gefühl, dass das eine schlechte Idee war? Hinata war immerhin jemand, der das Chaos anzog, wie sonst keiner. Das hatte er schon bewiesen, als sie vor ein paar Monaten zusammen Weihnachten gefeiert hatten. Er hatte immer noch das Bild mit der lamettabehangenen Yukka-Palme vor Augen.

Der Gipfel der PeinlichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt