Die Offenbarung

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Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Sie auch? Sie hat auch Visionen? Ihr sorgenvoller Blick wandelte sich immer mehr in einen ernsten. Ihre Augen zogen mich weiterhin in den Bann und begannen mich zu hypnotisieren. Ich bringe keinen Ton heraus. Ich bin zu überwältigt. Es gibt anscheinend doch jemanden, der genau wie ich ist! ,,Wann fing es bei dir an? Bei mir begann es bereits als Kind. Erst sehe ich ein Lagerfeuer, welches mich in einer kalten Winternacht unter einem Sternenhimmel, der so klar ist, dass man die Milchstraße funkeln sehen kann, angenehm wärmt und mich in einer angenehmen Atmosphäre einschließt. So angenehm und sicher, dass ich mich so geborgen fühle, dass ich mich der Situation bedingungslos hingeben möchte. Doch das Feuer bleibt nicht beständig. Es beginnt zu lodern und zu fackeln. Es wächst immer mehr, so dass die Hitze unerträglich wird. Das Feuer beginnt sich auszubreiten und umschließt mich, bis auch ich anfange zu brennen und meine Haut zu schmelzen droht. Dann sehe ich Bilder. Solch schreckliche Bilder, dass selbst die schlimmsten Alpträume dagegen harmlos erscheinen. Menschen in solch großer Qual, sie sterben. Es sieht aus, wie eine atomare Katastrophe. Mutationen, verbrannte und entstellte Menschen. Sie greifen die gesunden an. Beißen ihnen Körperteile ab. Nagen an ihren Gesichtern. Reißen Kinder aus den geschwächten Armen ihrer Eltern. Dann wird alles weiß und dann schwarz. Dann wache ich auf.". Geschockt schaue ich sie an. Noch nie habe ich mich so verstanden gefühlt. Ihre blauen Augen zeigen mir einen dunklen Schimmer. Die noch eben so unschuldig und unberührte dreinschauende Mya zeigt furcht. Ihre Augen füllen sich mit Tränen, bis eine herunter kullert. Ich kann es einfach nicht glauben. Gerne würde ich sie trösten, aber ich bin wie gelähmt.

Sie bezahlt, drückt mir die Limonade in die Hand und lächelt. Ihre Augen sind etwas aufgequollen und ihre Nase ist zu. Durch die Suche nach ihrem Portemonnaie in ihrer Handtasche, ist ihr kariertes Tank Top mit der Aufschrift "Nothing really matters." verrutscht und man kann ein Stück ihres BH's erahnen. Ich lächele zurück. Sie zückt einen Stift und ein Blatt Papier. Wie altmodisch. Aber was genau ist altmodisch? Nur weil man eine Sekunde auf das grelle Display verzichten möchte, welches die Augen müde macht, ist man direkt altmodisch? Was denke ich bloß. Ich treffe die einzige Person, die mich versteht und ich nenne sie altmodisch, weil sie ein Blatt Papier nimmt? Was ist bloß aus mir geworden! Jetzt fühle ich mich schuldig. Ich lasse mir nichts anmerken. Mya fragt: ,,Kann ich dir meine Nummer geben?". Ich werde rot, auch wenn ich versuche es zu verhindern, aber dadurch werde ich lediglich nur noch röter. Ich nicke peinlich berührt. Ich sehe, wie sie Zahl für Zahl auf das Stück Papier mithilfe eines Bleistift kritzelt. An einer Stelle durchbohrt der Stift das Papier. Das Geräusch habe ich lange nicht mehr gehört. Natürlich nicht. Ich benutze die neuste Technik. Es ist uns nun möglich mittels Gedankenübertragung Tablets, PCs und Smartphones zu steuern. Da muss niemand mehr einen Finger krümmen. Ob das traurig ist, ist Ansichtssache. Ich war schon immer von der Moderne wie elektrisiert. Ich kann nicht glauben, wie schnell wir voran kommen. Künstliche Intelligenz. Nichts funktioniert ohne Technik. Und Strom. Würde der Strom einmal ausfallen, wären wir wie gelähmt. Keine Fabrik kann mehr produzieren. Weder Essen noch andere notwendigen Güter. Alles wäre nutzlos. Wer denkt denn schon, dass sowas in nächster Zeit passieren könnte?
Mya gibt mir den Zettel. Ich bemerke, dass ihre Hand leicht zittert. Es tut mir leid für sie. ,,Ruf mich an.", sagt Mya und drückt freundschaftlich meine Schulter. Ich bin traurig, dass sie geht, aber glücklich, dass ich sie kennenlernen durfte.

Kontroverse Gefühle. Es sind die solchen, die in uns einen Krieg ausrufen. Pistolen werden geladen, Atomraketen ausgerichtet. Krieg im Magen. Es ist schon komisch, wenn man bedenkt, dass Emotionen doch tatsächlich physische Reaktionen auslösen können. Wird man von einer Person verletzt, ist das wie ein Stich in Magen und Herz. Ist man verliebt, sind es die Schmetterlinge im Bauch. Oftmals können andere Personen nicht einmal erahnen, wie man sich fühlt. Wir haben gelernt unsere Schauspielkünste bis ins Optimum zu verbessern, damit niemand, wirklich niemand die Mauer einreißen kann, die wir uns jahrelang aufgebaut haben.

Ich gehe zurück in meine Wohnung. Ich entschließe mich dazu, endlich die Vorhänge aufzumachen. Ich gehe in mein sperrig eingerichtetes Wohnzimmer und setze mich vor den Fernseher. ,,An", denke ich. Der Fernseher geht an und die Nachrichten blenden sich ein. Die Nachrichtensprecherin sieht beunruhigt aus. Und müde. Das lassen die tiefen und dunklen Augenringe erahnen. ,,Wir unterbrechen für eine Sondermeldung, ", sagt sie mit zittriger Stimme, ,,die Situation zwischen der USA und Nord Korea ist außer Kontrolle! Soeben stürzte eine Atombombe auf die USA ein. Präsident Donald Trump äußerte sich jetzt bisher noch nicht. Den neusten Meldungen zufolge, will Nordkorea erneut zum Abschuss ansetzen. Was dies für uns bedeutet, ist bis jetzt noch nicht abzuschätzen. Nun weiter zu unserem Korrespondenten in der USA, Gary Weblo.". Krieg? Hatte Mya nicht eben was von Atomkrieg erwähnt? War es das, was ich immer gesehen habe? Wird der schlimmste Alptraum wahr? Tausende Fragen schießen mir gleichzeitig durch den Kopf. ,,Das schlimmste Szenario ist eingetroffen. Millionen von Menschen in der Region von L.A. sind tot. In anderen Teilen der USA zittern die Menschen vor Angst. Wir erwarten bald ein Statement vom Präsidenten. Ob das nun den totalen Krieg bedeutet ist noch nicht abzusehen. Grade kommt die Meldung rein, dass Kim Jong Un nun bekannt gab, dass er der USA den Krieg erklärt. Wir -". Eine Bombe schlägt hinter Gary ein. Dann kein Signal. Ist das grade wirklich passiert? Ich rufe Mya an. ,,Oh Gott, Jean! Hast du das gesehen?!". Woher weiß Mya, dass ich es bin? ,,Es passiert!". Ich versuche sie mit ruhiger Stimme zu beruhigen, doch leider bin ich zu aufgeregt, um meine Stimme zu kontrollieren. Sie klingt wie ein verzweifelter Vater, der sein schreiendes Baby zu beruhigen versucht, obwohl er in den letzten Tagen nicht mehr als zehn Stunden schlaf bekommen hat. Tief in mir weiß auch ich, dass es passiert. ,,Mya -", sagte ich, doch sie unterbrach mich. ,,Was sollen wir nun tun?! Großes Leid wird uns wiederfahren! Bitte! Wir müssen was tun!". Mya ist so verzweifelt, doch das bin ich auch. Ich weiß doch nicht, was jetzt zu tun ist. ,,Es ist der Atomkrieg. Ich hab das alles schon mal gesehen!!". Die Nachrichtensprecherin meldet sich wieder zu Wort: ,,Es scheint, als sei am Drehort ebenfalls eine Atombombe gefallen. Bitte bleiben Sie ruhig.". Man merkt ihr an, dass sie versucht ihre Tränen zu unterdrücken, doch schaffen tut sie es nicht.

Man munkelte, dass Gary und Gina eine Affäre hatten. Da wäre es ja um so tragischer, wenn er grade wirklich vor laufender Kamera gestorben ist! Ach was rede ich. Das ist er wirklich. ,,Jean! Bist du noch dran?" Sie riss mich aus meinen Gedanken. ,,Ja!", antworte ich schnell. ,,Wir müssen uns treffen. Du musst mir mehr über deine Visionen erzählen. Wir müssen uns besprechen.", schlage ich vor, ,,In 10 Minuten am Strand.".

Ich bin schneller da, als erwartet und halte Ausschau nach ihr. Dann sehe ich sie, ihr Haar weht im Wind und sie rennt. Doch ehe sie mich erreicht, ertönen die Warnsirenen Belgiens. Mya bleibt abrupt stehen. Ich kann Panik in ihrem Gesicht erkennen. ,,Achtung, Achtung! Das ist keine Übung", ertönt es aus den Lautsprechern. Durch das Rauschen des Windes kann ich kaum verstehen, was gesagt wird. ,,Bitte begeben Sie sich umgehend zu Ihren Wohnungen. Der Belgische Präsident wird gleich eine Erklärung bekannt geben.". Mya schaut mich an und rennt so schnell sie kann zu mir. ,,Los! Wir müssen so schnell wie möglich zu dir!", schreit sie dem Wind entgegen und wir rennen los.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 18, 2019 ⏰

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Die letzte Chance - Rettung aus der ApokalypseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt