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Nach 15 Minuten eisiger Kälte und peitschenden Schneeflocken komme ich endlich Zuhause an, doch der Vorfall von gerade eben lässt mir noch immer keine Ruhe. Auch beim Essen nicht. Dieser Junge will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Was hatte das zu bedeuten? Wer war das? Und warum hat er mich so lange angestarrt, als würde er mich kennen? Seltsam, weil ich ihn wirklich noch nie hier in der Gegend gesehen habe. 

"Amira? Ist alles okay?" 

Ich zucke zusammen. Mein Dad schaut mich besorgt an. War ich so in Gedanken? 

"Äh ja, ja, alles okay" antworte ich lustlos. 

"Sicher?" Er scheint mir das nicht ganz abzunehmen, aber soll ich ihm sagen, was los ist? Vielleicht kann er mir ja helfen, mein Gewissen zu beruhigen. 

"Naja, mir ist vorhin was komisches passiert, als ich heimgehen wollte" Ich runzle die Stirn, weil mir die Begegnung immernoch so komisch vorkommt. 

"Ja?" Mein Dad schaut mich abwartend an. 

"Ja und da bin ich halt mit jemandem zusammengestoßen. Er hat mir zwar hochgeholfen und sich entschuldigt aber danach hat er mich noch so komisch angestarrt, als würde er mich kennen. Aber ich hab den wirklich noch nie gesehen. Und danach ist er einfach abgehauen, ohne noch was zu sagen. Keine Ahnung, ob ich auch nur Paranoia geschoben habe, aber so kam es mir eben vor..." erzähle ich. Mein Dad nickt. 

"Hm. Mach dir keine Gedanken, das passiert eben mal. Und das mit dem anschauen und abhauen ist dir bestimmt nur so vorgekommen. Vielleicht hatte er es ja auch nur eilig? Das lag bestimmt nicht an dir" 

Ich seufze. Das kann ich ja nur hoffen. Vielleicht sollte ich noch meine beste Freundin um Rat fragen, weil Väter haben einfach nicht das Gefühl für solche Situationen. Leyla ist einfach immer für mich da, und ist auch die einzige, bei der ich meine Abstands-Phasen nicht brauche. Ich räume den Tisch ab, gehe nach oben auf mein Zimmer und rufe sie sofort an. 

"Hey Süße, was gibt's?" meldet sie sich. Ich erzähle ihr grob, was vorhin passiert ist. 

"Hm. Hör zu, was hältst du davon wenn wir morgen einen kleinen Spaziergang machen? Dann kannst du mir alles in Ruhe erzählen, eine Runde durch den Park?" schlägt Leyla vor. 

"Gute Idee. Holst du mich um 12  ab?" frage ich. 

"Klar, bis morgen" 

"Bis Morgen". 

Dann lege ich mich ins Bett, zum Glück kann ich relativ schnell einschlafen...

{Shawn POV}

Verdammt nochmal!

Wütend trete ich gegen eine Mülltonne, sodass sie polternd den Bordstein entlangrollt. Ich war so kurz davor, das war zu Hundert Prozent das Mädchen auf dem Foto, ohne Zweifel, doch irgendwas hat mich davon abgehalten, es zu tun. Ich greife in meine Jackentasche und taste nach der Pistole, die Joe mir nach unserer Absprache vorhin noch mit auf den Weg gegeben hat. Wieso habe ich es nicht einfach getan? Zwei Sekunden, und es wäre vorbei gewesen. Ganz einfach. 

Mein Gott, Shawn, hörst du dich überhaupt reden?!

Als ich mir das ganze Szenario nochmal durch den Kopf gehen lasse, merke ich erst, was für ein Wahnsinn dieser Deal eigentlich ist. Ich habe den Blick in den Augen des Mädchens gesehen, dieser unschuldige, verwirrte Blick. Ich habe es einfach nicht fertig gebracht, die Knarre zu ziehen. Nichtmal in die Jackentasche konnte ich greifen. Auf was habe ich mich da nur eingelassen? 

Scheiße!

Ich bin komplett überfordert mit der Situation. Mir wird jetzt erst bewusst, was ich da eigentlich vorhatte. Ich habe noch nie zuvor so genau darüber nachgedacht, was der Deal eigentlich genau ist, geschweige denn irgendetwas gedacht, als ich ihn akzeptiert habe. Ich habe einfach nur das Geld vor Augen gehabt, und dass ich mir mein Leben nach dem Knast endlich wieder finanzieren kann, doch Raub und Mord ist dann doch nochmal ein Unterschied.

Verwirrt irre ich durch die Straßen Torontos, und überlege krampfhaft, wie ich aus dieser Situation wieder herauskommen soll, doch das gestaltet sich schwierig. Stirbt Amira nicht durch mich, und das so schnell wie möglich, so stirbt sie durch Joe, und leider nicht nur sie. Ich werde auch ruckzuck unter der Erde sein, wenn ich diesen Auftrag nicht erfülle, und der macht da keine halben Sachen. Doch jetzt kann ich eh nichts mehr tun, ich habe meine Chance vertan, also bleibt mir nichts anderes übrig, als abzuwarten, und so schnell wie möglich eine Lösung für den ganzen Mist hier zu finden. Hoffentlich komme ich da nochmal lebend heraus.

Killer || {Shawn Mendes}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt