Kapitel 6

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Noch bevor das Morgengrauen begann, machten sich Prinz Anjan, Milo und fünf vertrauenswürdige Wachen auf den Weg. Anjan hatte seinem Vater nur eine Nachricht zukommen lassen und nicht selbst mit ihm gesprochen, da er fürchtete, der König hätte ihn aufgehalten. Mehrere Stunden liefen sie durch die verschneiten Berge und konnten nur von Glück reden, dass es endlich aufgehört hatte zu schneien. Der Weg war anstrengend, doch alle hatten eine strenge Ausbildung als Soldat hinter sich und waren es gewohnt, an Grenzen zu stoßen. So liefen sie in straffem Tempo durch den Schnee und machten nur ganz kurze Pausen um etwas zu trinken oder zu essen. Wenn sie länger anhalten würden, würden sie in der Kälte nur noch mehr frieren. Milo, der die Karte in der Hand hielt, überprüfte immer wieder, ob sie in die richtige Richtung liefen. So erreichten sie, früher als gedacht, den auf der Karte eingezeichneten Punkt. Und tatsächlich entdeckten sie einen Eingang in einem der Felswände. Er wurde fast vom Schnee verdeckt und war sehr schmal. Dahinter war alles dunkel.

„Sei vorsichtig!", warnte ihn Milo, als sich Anjan als erster auf den Felsspalt zubewegte.

„Bin ich. Keine Sorge.", beruhigte ihn der Prinz und kletterte dann durch den Spalt. Nach ein paar Metern wurde der Spalt breiter, sodass er normal darin gehen konnte. Hinter ihm tauchten auch die anderen auf. Eine der Wachen, die mehr Magiemacht besaß, erschuf eine Fackel und brachte sie zum brennen. Ein anderer Mann erschuf ebenfalls eine und drückte sich am Prinzen vorbei, um mit dem Licht vorne laufen zu können. Widerwillig folgte ihm der Prinz nun als zweiter in der Reihe. Eine Weile liefen sie schweigend und möglichst mit leisen Schritten durch die dunklen Gänge. Doch dann erklangen Stimmen. Sie hallten an den Wänden wieder und vermischten sich miteinander, sodass weder Anjan noch Milo oder einer der Wachen etwas verstehen konnten, geschweige denn vermuten konnten, wie viele es waren. Sie liefen noch eine Weile weiter, doch als hinter einer Ecke Licht erschien, hielten sie an. Nun war also Zeit für den Plan, den sie sich ausgedacht hatten.

Die Wache vor Anjan, die sich bereit erklärt hatte, gab nun die Fackel an eine andere Wache weiter und setzte sich in Bewegung, als der Prinz ihr zunickte. Er näherte sich dem Licht und stolperte dann in die Höhle dahinter. Nun konnten die anderen ihn nicht mehr sehen. Sie konnten nur seine Stimme hören.

„Helft mir. Bitte helft mir. Ich habe mich in den Bergen verirrt, als ich auf der Flucht aus Trydias war. Ich habe seit Tagen nichts gegessen.", flehte die Wache Djamilas Entführer an.

„Wie kommt der denn hier herein?"

„Der soll uns ja nicht diese Monster aus Trydias hier herbringen. Magnus, sieh nach, ob da noch andere sind." Daraufhin ertönten Schritte. Mit gezückten Schwertern warteten Anjan, Milo und die restlichen Wachen. Die Fackeln löschten sie, damit das Licht sie nicht verriet. Als die Schritte dann direkt neben ihnen waren, spannten alle die Muskeln an. Dann trat der Mann um die Ecke. Er war noch jung und schmächtig, doch Zeit ihn zu betrachten blieb nicht, denn sie mussten ihn außer Gefecht setzten, bevor er einen Laut von sich geben und sie verriet. Der Prinz, der ihm am nächsten stand, sprang vor, packte ihn an den Schultern und zog ihn an sich heran. Anjan hielt ihn mit eisernem Griff umklammert, sodass er unfähig war, sich zu bewegen. Gleichzeitig presste ihm die jüngste Wache die Hand auf den Mund, sodass er nicht schreien konnte. Milo jedoch hatte sich blitzschnell vor den Soldaten gestellt und ihm die flache Seite des Schwertes gegen die Schläfe gehauen. Sobald das Metall den Schädel traf, wurde der Körper der Wache schlaff. Vorsichtig legte Anjan mit der Hilfe der jungen Wache den bewusstlosen Körper auf dem Boden ab. Diese ganze Aktion war absolut lautlos verlaufen.

Anjan und Milo sahen sich kurz an. Sie wussten, dass sie das selbe dachten und nach kurzem Hadern nickte Anjan Milo zu. Dieser legte die Hände um den Mund und holte tief Luft. „Hier ist niemand.", schrie er durch den Gang in Richtung Licht. Jetzt konnten sie nur hoffen, dass Magnus' Stimme auch so geklungen hatte. Mit angespannten Muskeln warteten sie, jederzeit bereit gegen anstürmende Soldaten mit den Schwertern zu kämpfen. Doch es kam niemand. Entweder waren sie darauf hereingefallen und hielten es nur nicht für nötig zu antworten oder sie nahmen bereits Kampfstellung ein. Egal was es war, die Zeit für den Angriff war gekommen. Das wussten sie alle und die Wachen und Milo stürmten an Anjan vorbei, der als einziger zurück blieb. Er hatte nicht die Aufgabe zu kämpfen, sondern Djamila zu befreien. Er musste warten, bis alle in Kämpfe verwickelt waren und sich dann unauffällig vorbeischleichen. Milo hatte es dem Prinzen verboten, selbst mit zu kämpfen. Er meinte, Anjan könne sich nicht auf den Kampf konzentrieren, wenn er Angst um Djamila hatte und er soll sie lieber befreien und ihnen das Kämpfen überlassen. Anjan hatte nicht widersprochen, da er es sowieso niemandem anderen überlassen hätte, Djamila zu befreien.

Die Gabe der MagieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt