Kapitel 7

224 19 2
                                    

  „Bist du verrückt geworden? Einfach so im Winter in die Berge aufzubrechen und mich nicht einmal vorher zu fragen? Einfach so mitten in eine Meute von Magiehassern. Was hast du dir nur dabei gedacht?"

„Ich musste Prinzessin Djamila retten. Nicht nur wegen mir. Die Königin von Tunas hat mich persönlich darum gebeten. Ich habe dir doch den Brief gezeigt."

„Hast du überhaupt nicht daran gedacht, dass es eine Falle sein könnte?"

„Ich musste Djamila einfach retten. Versteh das doch bitte. Die Umstände, die dir nicht gefallen, tun mir ja leid, aber ich bereue nicht, dass ich es getan habe."

Djamila fühlte sich, als würde sie auf dem Grund einen Ozeans liegen und als würde die ganze Wassermasse über ihr sie niederdrücken. Sie wollte sich an die Oberfläche kämpfen, doch sie schaffte es nicht. Das einzige, was sie konnte, war atmen. Verzweifelt versuchte sie zu blinzeln. Sie versuchte es noch einmal und noch einmal. Schließlich, nach für sie endlos langer Zeit schaffte sie es dann doch und blinzelte in grelles Licht. Als ihre Augen einmal offen waren, schien ihr auch ihr restlicher Körper wieder zu gehorchen. Müde hob sie den Kopf, denn sie hatte keine Ahnung wo sie war. Zuerst drehte sich alles um sie und sie fühlte sich als würde sie gleich wieder einschlafen, doch nach ein paar Sekunden beruhigte sich auch das wieder. Sie lag in einem weichen Bett und ihren Körper bedeckte eine warme Decke. Sie wusste nicht mehr, wann sie das letzte mal in einem richtigen Bett gelegen hatte. Als sie den Blick etwas hob, blickte sie mitten auf eine weiße Wand in der eine ebenfalls weiße Tür eingelassen war. Schließlich drehte sie ihren Kopf nach links. Dort stand ein weiteres Bett, dem, auf dem sie selbst lag, sehr ähnlich. Darauf saß Anjan, der wild gestikulierend mit seinem Vater stritt, den sie an der goldenen Krone, die der Mann auf dem Kopf trug, erkannte. Anjan saß angelehnt an ein Kissen in seinem Bett. Im gleichen Moment in dem sie ihn entdeckte, sah er auch zu ihr hinüber. Als sich ihre Blickte trafen und sie in seine grünen Augen blickte und er in ihre braunen, stoppte abrupt sein Redeschwall. Einen Moment herrschte stille, doch dann sprang der Prinz fast aus seinem Bett. Der König machte einen Schritt vor und wollte ihn wieder auf die Matratze drücken, doch sein Sohn wand sich geschickt aus seinem Griff und humpelte zu Djamilas Bett und setzte sich auf die Bettkante. In diesem Moment fühlte sie sich auf einmal wie aus dem Nichts so verloren und mit der Situation überfordert, dass sie nach seiner Hand griff, die ihr Halt gab. Der Prinz sah erst etwas erstaunt auf ihre Hand in seiner, drückte sie dann jedoch leicht. Er schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln.

„Du bist wach.", seufzte er erleichtert und seine grünen Augen blitzten auf.

„Was ist passiert?", krächzte sie mit belegter Stimme. Sie hatte so lange nicht mehr gesprochen. Hinter ihnen hörte man eine Tür zuschlagen, doch es interessierte keinen der beiden.

„Das erzähle ich dir schon noch. Jetzt solltest du dich erst mal noch etwas ausruhen.", versuchte er sie etwas zu beruhigen. Sie wollte sich entrüstet aufsetzten, aber war noch zu schwach und sank wieder ins Kissen zurück.

„Ich will aber jetzt wissen, was passiert ist.", meckerte sie. „Erzähl es mir jetzt." Anjan betrachtete sie kurz nachdenklich und strich ihr eine Strähne hinters Ohr.

„Na gut. Du musst ja deinen Kopf sowieso immer durchsetzten.", schmunzelte er. So fing er an zu erzählen. Er begann damit, wie er spät abends nach ihr sehen wollte, sie aber zu seinem Erschrecken nicht mehr dort war, wo er sie zurück gelassen hatte. Dann erzählte er ihr wie er den Brief von Milo bekommen hatte und das Djamilas Mutter ihm durch diesen erst ermöglicht hatte, sie zu finden.

„Meine Mutter, sagst du?", murmelte sie mit glänzenden Augen, „Aber ich dachte sie hasst mich genauso wie die anderen." Sie schluchzte auf und wollte ihre Tränen verbergen, doch Anjan sah sie trotzdem.

„Nein Djamila. Sie liebt dich. Sie liebt dich so, wie du bist. Du bist ihre Tochter." Djamila lächelte und weinte Freudentränen. Ihre Augen glitzerten von den Tränen, doch man sah die Erleichterung in ihnen. Anjan konnte förmlich spüren, wie ihr ein Stein vom Herzen fiel. Der Prinz strich ihr beruhigend über den Arm, bis die Tränen versiegt waren. Doch das Lächeln wich erst einmal nicht von ihrem Gesicht. Anjan erzählte weiter, als sie ihn aufforderte. Als er bei dem Kampf mit dem Soldaten angelangt war, riss sie schockiert die Augen auf. Ihr Blick wanderte sofort zu dem dicken Verband an seinem Oberschenkel. Sie wollte sich entschuldigen, dass er wegen ihr in solche Gefahr geraten war, doch Anjan unterbrach sie.

„Für dich würde ich es jederzeit wieder tun. Ich bereue nichts. Ich hätte es mir nie verzeihen können, wenn ich es nicht getan hätte." Ihre Wangen erröteten leicht, wie sie es sonst normalerweise nie taten.

„Wie soll ich dir jemals genug danken?", fragte sie.

„Wenn du mir einen Wunsch erfüllst, würde mir das reichen." Ein leicht verträumtes und dennoch spitzbübisches Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.

„Und der wäre?", fragte sie leicht verunsichert von seinem Gesichtsausdruck.

„Küss mich." Ihr blieb die Luft weg und sie riss die Augen auf. Sie starrte erschrocken in seine grünen Augen und da traf sie die Entscheidung. Nicht ihr Gehirn traf sie. Nein, ihr Herz traf sie. Und ohne zu überlegen tat sie das einzig richtige. Sie küsste ihn.

Die Gabe der MagieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt