Kapitel eins

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Kapitel eins

  „Verdammte Scheiße!“, fluchte ich und umklammerte meinen Fuß, auf den gerade mein tonnenschwerer Koffer geknallt war. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hüpfte ich auf der Stelle und gab dabei mit Sicherheit ein ziemlich lächerliches Bild ab. „Jap, genauso hatte ich dich in Erinnerung, mit großer Klappe, aus der jede Menge Fekalausdrücke sprudeln. Brauchst du Hilfe, Kleines?“ Vergessen war der Schmerz und ich wirbelte zu der Person um, die mich angesprochen hatte. Ein paar Meter entfernt stand ein lässig gekleideter Typ mit haselnussfarbenen Augen und einem fetten Grinsen auf dem Gesicht. Genauso eins breitete sich auch auf meinem aus, während ich auf den Jungen zustürmte.

  „Bobby!!“, schrie ich und warf mich in die ausgebreiteten Arme meines größeren Cousins. Lachend schlang er seine Arme um mich und wirbelte mich im Kreis herum. Kreischend und lachend zugleich klammerte ich mich an ihm fest. Bobby hielt an und stellte mich wieder auf meine Füße zurück. Immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen fragte er: „Also was ist? Brauchst du Hilfe?“ und nickte in Richtung des weißen Autos, in dem sich jede Menge Koffer und Kisten stapelten. „Bist du denn überhaupt stark genug?“, antwortete ich mit einer Gegenfrage und prüfte spaßeshalber die Größe seines Bizepses. Lachend schlug er mir auf den Hinterkopf. „Stell dir vor, sogar ich bekomme es hin, einer armen Lady ihre Sachen zu tragen!“ sagte er feixend und machte sich auf zu dem Lieferwagen, den wir gemietet hatten, um unser ganzes Zeugs hierher zu schaffen.

Während er sich in den Kofferraum lehnte, musterte ich ihn. Seit unserer letzten Begegnung vor etwa zwei Jahren war er ein ganz ordentliches Stück gewachsen und, wie ich zugeben musste, ein ziemlich heißer Typ geworden. Mit seiner ausgeblichenen schwarzen Jeans, die locker auf seinen Hüften hing, aber gleichzeitig recht eng geschnitten war, dem leicht schlabbrigen grauen T-Shirt über dem er ein rot kariertes Hemd trug, den schwarzen VANS und der Beanie auf seinen dunkelblonden Haaren sah er einfach hammermäßig aus. Dazu trugen auch noch die beiden schlichten schwarzen Plugs in seinen Ohrläppchen bei, die er mit ziemlicher Sicherheit mit 16 noch nicht getragen hatte. Anscheinend hatte er seinen Style von langweilig zu super sexy geändert.

  Ich folgte ihm kopfschüttelnd, nahm den Koffer in die Hand, der mir eben noch meinen Fuß zerquetscht hatte und trug ihn schnaufend die Vordertreppen des Hauses hoch.

Oben angekommen knallte ich mit meinem Onkel zusammen, er ebenfalls gekommen war, ums uns beim Ausladen zu helfen. „AARRGH!“, entfuhr es mir und zum zweiten Mal an diesem Tag machte mein Fuß die Bekanntschaft mit einem Gepäckstück. Mit schreckgeweiteten und sowohl vor Schmerzen als auch vor Wiedersehensfreude tränenverschleierten Augen blickte ich zu Austin auf. Er hatte sich nicht verändert, trug wie immer Jeans, T-Shirt und Sneakers. Seine Augen waren blau, genau wie die meiner Mutter und auch die braunen Haare hatte er mit seiner jüngeren Schwester gemein, mit dem Unterschied, dass seine kurz und leicht verwuschelt waren und nicht in langen Locken über seine Schultern flossen. „Sky.“, sagte er verschmitzt, „wenn du nicht die typischen blauen Augen von uns O’Fair besitzen würdest, hätte ich dich glatt nicht wieder erkannt. Du hast dich verändert.“ Für einen kurzen Moment huschte ein Ausdruck von Trauer über sein Gesicht, auf dem sich kleine Fältchen rund um die Augen- und Mundpartie sichtbar machen. So schnell wie er gekommen war, verschwand er allerdings auch wieder und ich war mir nicht sicher, ob ich mir seine Gefühlsregung lediglich eingebildet hatte. Ich tauchte aus meinen grüblerischen Gedanken auf und grinste ihm frech in das Gesicht. „Du dich überhaupt nicht!“, meinte ich lachend und umarmte meinen Onkel herzlich. Er drückte mich an sich und gab mir liebevoll einen Kuss auf meine schwarzen Locken.  Mir schossen erneut die Tränen in die Augen und ich hielt in noch ein paar Minuten weiter umklammert, nur um das Gefühl von Geborgenheit noch nicht wieder freilassen zu müssen. Seufzend löste ich mich von ihm und wischte mir das ungebetene Salzwasser aus den Augenwinkeln.

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