Kapitel 1

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Na dann mal los.

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Es begann mit einem leichten Summen, das viel zu schnell zu einem aggressiven Vibrieren heranwuchs. Nach wenigen Sekunden gesellte sich ein lauter werdendes Piepen dazu. Der Geräuschpegel weckte sie allmählich auf, so dass die Gestalt im engen Bett sich auf die andere Seite drehen musste, um den Melder zu suchen. Sie fand ihn auf dem kleinen Metalltisch. Mit einem Blick auf die Uhr wusste sie, dass er erst 2 Stunden zuvor von ihr dort abgelegt wurde. Mit einem Seufzen schwang sie ihre Beine aus dem Bett und setzte sich auf. Sie rieb sich den störenden Schlaf aus den Augen und griff noch einmal nach dem Melder, den sie zuvor nur ruhiggestellt hatte. Im Menü fand sie die Einsatzmeldung.

02:58 Uhr. Rettungswagen, mit Alarm, Meadow View 1, Essington, Burton, weiblich, 68 Jahre, gestürzte Person, blutet

Sie seufzte noch einmal und stand auf. Im kleinen Zimmer war es kalt und ohne die Wärme ihres Betts wurde es nicht grade besser. Ihre Einsatzkleidung lag sorgfältig über einem Stuhl und ihre Schuhe standen vor der Tür. Sie ließ ihren warmen Schlafanzug unfreiwillig zurück und stiefelte umgezogen und mit offenen Schuhen auf den Flur.

Ohne Menschen sah die Rettungswache von Essington immer etwas trostlos aus. Die weiß-gräulichen Wände und der Linoleum-Fußboden hallten normalerweise laute Stimmen und Lachen zurück. Doch Nachts war immer nur eine Besatzung im Gebäude und die versuchte um diese Uhrzeit so viel Schlaf wie möglich zu finden.

Sie drehte sich nach rechts und ging an zwei weiteren Türen vorbei um durch einen offenen Türbogen in den Aufenthaltsraum zu gelangen. Hier hatte sie doch vor einigen Stunden ihre Wasserflasche stehen gelassen.

„Leah?"

Etwas erschrocken drehte sie sich um. Im Türrahmen stand Oliver, ihr Kollege.

„Hmm", brummte Leah zurück.

„Bereit?", grinste Oliver. Wie konnte Oliver nur um die Uhrzeit lächeln, fragte sie sich.

„Hast du meine Wasserflasche gesehen?", sie drehte sich wieder zum Raum.

„Ja, hier". Oliver ging an ihr vorbei und nahm ihre Wasserflasche vom Sofa. Er warf ihr die Flasche im Vorbeigehen zu und verschwand in der Tür zur Autohalle. Sie seufzte ein drittes Mal und folgte ihm.

Oliver wollte scheinbar fahren, weshalb sie sich, dankbar, auf den Beifahrersitz sinken ließ.

„Hast du schon-" „Die Drei gedrückt?", unterbrach er sie, „Klar".

In Essington wird noch der Digitalfunk benutzt, weshalb in jedem Rettungswagen eine Art Telefon installiert ist, über das gefunkt wird. Olli hatte bereits die Taste mit der Drei gedrückt, damit die Leitstelle wusste dass sie die Einsatzmeldung bekommen hatten und auf dem Weg zum Patienten waren.

Leah nickte nur und drückte den Sender für das Hallentor. Das Tor schwang langsam auf und Oliver setzte das Auto in Bewegung.

Als sie vom Hof rollten, drückte sie den Knopf für das Blaulicht. Falls ihnen jetzt jemand begegnen sollte, zu diese unchristlichen Zeit, wusste er nun dass sie Sonderrechte hatten und der andere Fahrer Rücksicht nehmen musste.

„Ich hab irgendwie Hunger", kam es von Olli durch die Stille.

Leah lachte. „Das ist nicht dein Ernst", sie rollte mit den Augen, „ Es ist gerade 03:01Uhr und du hast Hunger. Unglaublich."

„Hey, lach mich nicht aus!"

„Oh doch. Ich habe noch für genau 4 Stunden und jetzt 58 Minuten ein Anrecht darauf. Bis unsere Schicht endet."

„Na gut, wenn du meinst", knirschte Oliver gespielt beleidigt.

„Hier müssen wir links Olli", sie zeigte auf eine kleine, schlecht beleuchtete Straße.

„Jup", kam es nur aus Olivers Richtung.

„Meinst du das wird eine Versorgung vor Ort?", fragte Leah als plötzlich eine Stimme über Funk ihr Gespräch störte: „Leitstelle an 10-83-1."

Das war ihr Wagen. Leah nahm das Funktelefon in die Hand. „10-83-1 hört." Sie warteten beide darauf, dass das Rauschen aus dem Hörer wieder von der Stimme durchbrochen wurde.

„Das wird wohl ein interessanter Einsatz. Die anrufende Person war ein kleines Mädchen, sie ist wohl allein mit ihrer Großmutter Zuhause. Schaut mal, ob ihr ein Elternteil erreichen könnt, sonst muss ich noch einen Streifenwagen alarmieren."

„Verstanden. Wir schauen uns die Sache mal an. Ende", Leah schaute Oliver mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

Mit einem „Mal schauen was das wird.", brachte Oliver den Wagen zum Stehen und sie stiegen aus.

Leah nahm den Notfallrucksack aus dem hinteren Teil des Autos und folgte Oliver zur Tür eines kleinen Einfamilienhauses.

„Burton ist richtig, oder?", fragte Oliver.

Sie nickte und er klingelte. Nach ein paar Sekunden machte jemand das Licht an und die Tür schwang auf. Vor den zwei Kollegen stand ein jüngeres Mädchen, um die 14 Jahre alt.

„Hallo junge Dame,", Leah kniete sich leicht hin, um auf Augenhöhe mit dem Mädchen zu sein, „wir sind vom Rettungsdienst. Hattest du angerufen?" Das Mädchen nickte und zog Leah an der Hand ins Haus. Sie gingen durch einen größeren Flur auf eine Tür zu. Beim Näherkommen stellte es sich als Badezimmer heraus. Auf dem Boden saß, angelehnt an eine Badewanne, eine ältere Dame im Bademantel. „Sehr gut hast du das gemacht mein Schatz", sagte sie zu dem Mädchen. „Hi, wir sind der Rettungsdienst. Was ist denn passiert?", wollte Leah von der älteren Dame wissen.

„Oh, ich wollte vorhin auf die Toilette gehen. Das habe ich auch geschafft, aber nach dem Händewaschen bin ich wohl etwas ausgerutscht und hingefallen"

„Oma, du warst bewusstlos.", wand das Mädchen ein.

„Hmm darf ich mir mal ihren Kopf anschauen?", Leah begann damit sich die kleine blutende Wunde am Hinterkopf von Mrs Burton anzuschauen, während Oliver Verbandszeug und Kompressen aus dem Rucksack holte.

Nach zwanzig Minuten war Mrs Burton versorgt und im Rettungswagen, während die Eltern von Sophie, dem kleinen Mädchen, eintrafen.

„Mama, was hast du schon wieder gemacht?", fragte der Mann im mittleren Alter, während er seine Tochter an sich drückte.

„Alles halb so schlimm, wir müssen ihre Mutter trotzdem in das nächste Krankenhaus bringen, um zu wissen, ob im Kopf etwas verletzt wurde.", sagte Oliver.

Mrs Burton lächelte ihren Sohn entschuldigend an. „Es war ja nicht grade Absicht", wand die ältere Dame ein. Oliver lachte und versicherte ihr, dass alle davon überzeugt waren.

Leah fuhr den Wagen zum nächsten Krankenhaus, während Oliver und der Sohn im hinteren Teil des Rettungswagens, bei Mrs Burton mitfuhren. Sie hörte das Lachen durch das kleine Fenster und wusste wieder warum Oliver mitten in der Nacht lachen konnte. Dieser Beruf war etwas Besonderes.

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Das wars auch schon wieder :)

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⏰ Last updated: Mar 14, 2019 ⏰

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