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Seit dem Tag ihrer Geburt hatte sie ihre Mutter nicht mehr gesehen, aber zu sagen, dass sie sie vermisste wäre eine Lüge gewesen.
Nein, Hannah kam sehr gut auch ohne ihre Mutter aus. Zumindest hatte sie das für die letzten 16 Jahre. Und sie war sich bis zu diesem Tag auch sicher gewesen, dass nie etwas ihr Leben so erschüttern könnte, dass sie sich wirklich nach der Anwesenheit ihrer Mutter verzagte, aber nun war es so weit.

Ihr Gesicht war ausdruckslos und es war schrecklich, aber es wollten keine Tränen aus ihnen treten und nasse Spuren auf ihren Wangen hinterlassen. Wahrscheinlich lag es am Schock oder an anderen unwichtigen Gründen, die nichts an der Tatsache änderten, dass ihre beste Freundin tot war. Aus dem Leben gerissen von ihrer eigenen Hand und einer Klinge, die kleinen Kindern eigentlich zum anspitzen von Stiften diente.

Heute morgen war Fionas Mutter zu ihr nach Hause gekommen und hatte unter Tränen verkündet, dass Fiona diese Nacht im Krankenhaus verstorben war, nachdem sie sie nackt und mit Wunden übersehen in der Badewanne gefunden hatten.
In eiskaltem Wasser treibend, das von ihrem Blut rosé gefärbte war, wie der feine Sekt, den ihre Eltern so manchen Abend genossen, hatte ihre Mutter sie erblicken müssen und hatte den Rettungswagen gerufen.

Jetzt errinerte sich Hannah and den Klang der Sirene in weiter Ferne und wie sie nur das Fenster geschlossen hatte, um die Töne aus ihrem Zimmer auszusperren.
Und dieser Fakt ließ sie zusammenklappen.

Ihr Vater streichelte ihr übers Haar und flüsterte ihr unbeholfene Worte zu, die vielleicht tröstend sein sollen, bei Hannah aber nichts als Selbsthass auslösten.

Natürlich war eine der Fragen, die sich jeder in diesem Moment auch stellte, die Frage nach dem warum.
Hannah stellte diese Frage vor Ratlosigkeit.
Sie sah keinen ausschlaggebenden Punkt in Fionas Leben, der sie zu dieser Tat bewegt haben könnte. Sie hatte schon oft über Kinder und Jugendliche gelesen, die sich mit Mobbing auseinander hatten setzten müssen und deshalb keinen Sinn mehr in ihrem Leben gesehen hatten, aber es dieserseits keine Auffälligkeiten.

Fiona war eine normale Schülerin gewesen.
Weder sie noch Hannah hatten zur Highsociety der Schule gehört, aber sie waren keine Aussenseiter oder Mobbingopfer.

Also warum? Wie hatte ihre Freundin das Hannah, ihrer Familie und vorallem sich selbst antun können?