Verlorene Seele

Kapitel 1: Geboren um zu sterben

Bei der Geburt weint man deshalb, weil man schon vorher weiß, was einem bevorsteht und dass das Leben nicht so einfach sein wird, dass man viel leiden wird und dass man das Leben schon viel früher hassen wird.

Heute hat das Leben für mich überhaupt keinen Sinn. Doch damals hatte man wenigstens noch Hoffnungen und Träume an die man glaubte. Meine Hoffnungen und Träume sind schon sehr früh gestorben. Ich bin bestimmt keine Ausnahme es gibt definitv noch viele weitere Menschen, die auch an ihren Träumen zweifeln. So denke ich zumindest. An jeder Verzweiflung und an jedem Schmerz.

Das atmen fiel mir überhaupt nicht schwer als ich auf die Welt kam doch nach der Zeit kam es mir so vor als würde man mir den Atem rauben. Als würden sie nicht wollen, dass ich existiere. Wieso habt ihr mich dann auf so eine schreckliche Welt gesetzt? Eine Welt voller Hass und kein einziges Erbarmen. Die Welt ist nicht fair. Ich hätte mir denken müssen, dass ich von Anfang an allein gelassen werde. Dass meine Eltern mich nicht mögen werden. Was habe ich ihnen wohl getan, dass sie mich so sehr hassen. In meiner jetzigen Situation ist das wenigstens verständlich, da ich kaum bei Bewusstsein bin, aber vor meiner Krankheit war ich doch ein normales Kind wie alle anderen Kinder auch. Nur ein bisschen hyperaktiv, aber das ist doch kein Grund für den Hass.

Meine Kindheit war nur schön bis zu einem bestimmten Alter. Zum Beispiel bis mein Opa von uns ging. Ich war erst fünf als er starb. Dabei ist er mir so schnell ans Herz gewachsen obwohl ich so klein war. Ich war immer bei ihm. Handwerkliche Begabung habe ich von meinem Opa, weil er gerne in seiner Scheune mit Holz arbeitete und ich schaute ihm oft zu, half ihm sogar. Ja, ich erinnere mich an jedes kleinste Detail und werde es auch nie vergessen. Wir sind vier Geschwister, damals waren wir drei, da der vierte erst später auf die Welt kam. Jedesmal, wenn der Eiswagen kam, kaufte Opa mir immer ein Eis mehr. Ich war sein Liebling. Als würde es nur mich als seine Enkelin geben. Immer wenn ich Ärger von meinen Eltern bekam, welches wirklich sehr oft passierte, da war immer Opa da, wie ein Held. Er war mein Held, aber er musste uns sehr früh verlassen. Schon mit fünf hat alles angefangen. Nachdem mein Opa von uns ging. Ich wurde zurückhaltender, immer ruhiger und war extrem verschlossen. Reden tat ich kaum. Es tat so weh, akzeptieren zu müssen, dass mein Opa tot war. Damals meinte und dachte ich immer, dass mein Opa nur schläft, aber wieder aufwachen wird. Viele machten sich lustig darüber, dass ich so dachte. Sie wussten aber nicht, dass ich es nicht wollte, dass es wahr ist, was andere sagten.

Irgendwann so im Alter von zehn wurde mir klar, dass Opa nicht mehr zurück kommen wird. Bis zu dem Alter war alles so schwer. Bei jedem Besuch an seinem Grab wurde mir immer schlechter. Dann kam auch mein Hobby, die Musik. Egal ob ich traurig oder glücklich war, Musik wurde Teil meines Lebens. Ein Lied für Opa habe ich auch geschrieben und ihm an seinem Geburtstag vorgesungen. Ich hoffte, dass er mich hörte. Manchmal wenn es mir nicht gut geht, denke ich schon daran, dass wenn Opa da wäre, alles anders wäre. Ich hätte eine Person, zu dem ich flüchten könnte und diese Person konnte mich wenigstens verstehen. Immer wenn wir uns etwas so sehr wünschen, geht es sowieso nie in Erfüllung. So ist das Leben nunmal.

Ob ich heute immer noch an Opa denke? Keine Sekunde vergeht in meinem Leben, wo ich mal nicht an ihn denke..

Die Kindergartenzeit ist eine abenteuerlustige Zeit für Kinder "sagt man". Ist es aber nicht. Weil ich in der Zeit viel Schmerz ertragen musste. Vorallem nach dem Verlust.
Schon als Kleinkind wurde ich immer beschuldigt und erniedrigt. Ob etwas kaputt gemacht wurde oder gestohlen wurde. Wobei ich schon Richtung Ende der Kindergartenzeit und Anfang der Grundschulzeit anfing zu stehlen. Alles was mir gefiel, nahm ich mit. Ob es nun an meinen Eltern lag oder an mir? Natürlich an meinen Eltern, denn als Kind muss einem schon gelehrt werden was man tun darf und was nicht. Es lag also nicht an mir, aber mit der Zeit wurde wirklich alles viel schlimmer.