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Als ich zu Hause ankam, war ich am Ende meiner Kräfte, dennoch schwang ich rhythmisch meine Hüften, als ich den Wohnkomplex und schließlich unsere Wohnung betrat. In diesem Zustand wollte ich nicht mehr zu meinen Eltern zurück. Ich schrieb ihnen eine Whatsapp-Nachricht, dass es mir gut ging und ich wieder nach Hause gegangen war.

Als ich den Flur betrat, hörte ich aus dem Wohnzimmer den Fernseher laufen. Den Tisch hatte Alex wieder aufgestellt und das Chaos beseitigt. Wenigstens etwas.

Alexander selbst lag schlafend auf dem Sofa. Die Wolldecke war schon halb zu Boden gefallen. Mein Blick glitt über seinen Körper. Sein Shirt war teilweise nach oben gerutscht und gab den Blick auf seinen trainierten Bauch frei. Wie viele Frauen konnten von sich behaupten, einen Mann mit definiertem Sixpack zu haben? Seine starken Arme, die Sehnen an seinem Hals, waren unglaublich sexy. Ich schwang ein Bein über ihn und setzte mich auf seine Hüften. Den ganzen Abend lang hatte ich mir Appetit geholt, jetzt wollte ich endlich den Hauptgang genießen. Nach all der Zeit des Hoffens und des Wartens. Ich wollte endlich seine Nähe. Seine Leidenschaft. Ihn.

Wenn das Feuer zwischen uns erloschen war, musste ich etwas Öl hinein gießen, um es wieder zu entfachen!

„Schatz?", fragte er halb verschlafen, als er die Augen blinzelnd aufschlug und mich verwirrt ansah. Was er von mir denken musste? Ich war verschwitzt und meine Haare waren zerzaust von der durchzechten Nacht. Aber ich wollte jetzt nichts erklären. Ich wollte nicht reden.

„Still", hauchte ich und presste meine Lippen wild auf seine. Alexander konnte nicht fassen, was sich hier abspielte. Aber das war mir egal. Er würde es schon noch begreifen. Nach kurzem Zögern erwiderte er den Kuss und seine Hände fuhren meinen Körper auf und ab. Ich schlang die Arme um seinen kräftigen Nacken und hielt mich fest. Dann spürte ich, wie sich seine muskulösen Schultern anspannten, als er mich mit Leichtigkeit von sich hob und sich aufrichtete. Er drückte mich nach hinten auf die Couch. Sein breiter Oberkörper tauchte über mir auf und sofort schob ich meine Hände unter sein T-Shirt. Meine Fingerspitzen streichelten über seinen harten Bauch. Ich räkelte mich unter ihm, wie eine Katze in der Sonne.

Meine Hände strichen herunter zu dem Bund seiner Shorts und mit verlangendem Druck über seinen Schritt. Ich konnte seine Lust spüren, denn sie zeichnete sich als harte Wölbung ab. Ich lächelte und biss mir vorfreudig auf die Unterlippe.

Seine große Hand streichelte über meinen Körper herab bis zwischen meine Beine. Hitze durchfuhr meinen Unterleib und fuhr von dort aus wie eine Welle durch meinen ganzen Körper. Ich bäumte mich seiner reibenden Hand verlangend entgegen. Ich hatte keine Geduld für ein langes Vorspiel. Alexander war nie der Typ dafür gewesen. Wir kamen immer schnell zur Sache. Früher. Als wir überhaupt noch zur Sache kamen.

„Ich will dich jetzt", stieß ich keuchend hervor. Alex zog sich hektisch die Shorts herab und entblößte somit seine erregte Männlichkeit. Ich strampelte meine Jogginghose herunter und spreizte die Beine willig für ihn. Ungeduldig spürte ich, wie er mit der Spitze durch meine Feuchte strich. Dann drang er in mich ein und weitere Wogen der Lust, brachten meinen Leib zum Erbeben. Meine Enge umfing ihn. Alex atmete zitternd aus. Seine Hände griffen um meine Hüften und zogen mich immer wieder gegen ihn. Er drückte sich mir entgegen, um noch tiefer in mich einzudringen. Dabei wurde er härter, ungehaltener.

Typisch. So war Alex. Grob und auf das Wesentliche reduziert. Dennoch fühlte es sich anders an als früher. Es fehlte etwas. Er berührte mich nicht. Er streichelte mich nicht. Küsste mich nicht und sah mich mittlerweile nicht einmal mehr an. Seine Augen waren geschlossen, während er immer wieder hart in mich stieß. Ich sah ihm in sein Gesicht. Klammerte mich an seine Schultern und stellte schmerzhaft fest, dass er nur seinen Frust an mir abbaute. Schnelle Befriedigung. Mal eben das nächst beste Weib vögeln, das die Beine breitmachte. Egal ob seine Frau oder Janine oder ein anderes Miststück. Nein! Das war nicht das, was ich mir gewünscht hatte. Nicht die Art von erregendem Sex, auf den ich mich gefreut, auf den ich mir den ganzen Abend lang Lust gemacht hatte. Ich hielt mich an ihm fest und versuchte ihn zu mir herabzuziehen. Nähe zu ihm aufbauen. Es funktionierte nicht.

Er stieß weiter zu. Härter. Ungehaltener.

Ohne Leidenschaft.

Ohne Zuneigung.

Ohne Liebe.

Dann presste er sich tief in mich. Zuckte in mir. Er spritzte weißes, verlorenes Leben in mich. So verloren, wie unsere Liebe. Ich presste meine Lippen zusammen. Er rollte sich von mir herab, zog seine Hose wieder hoch und deckte sich zu. Ich blieb unbefriedigt. Kuscheln wollte er auch nicht. Ich hatte kaum mehr Platz neben ihm und setzte mich auf.

„Gute Nacht", murmelte er. Ich sah ihn einen Moment lang schweigend an.

Ich hätte den Typen ficken sollen, der mir den Geldschein gegeben hat. Oder Josh.

Wohin sollte das alles führen? Ein unsichtbarer Strick hatte sich um meinen Hals gelegt und zog sich langsam und gnadenlos zu.

Er hatte mich benutzt wie eine Gummipuppe.

Ich machte mir wieder Gedanken. Lag unser Unglück wirklich an unserem Zeitmangel und seiner Erschöpfung durch die Band? An Janine? Oder war der eigentliche Grund ein anderer? Begehrte er mich nicht mehr? War die heiße Flamme, die uns früher oft so lodernd umfangen hatte, mit der Zeit einfach erloschen? War alles, was ihn überhaupt noch bei mir hielt, die goldene Fessel an seinem Finger und die Tatsache, dass er sich keine eigene Wohnung leisten konnte?

Ich fühlte mich so unattraktiv wie noch nie in meinem Leben. Früher war ich eine selbstbewusste und stolze Frau. Was war heute noch davon übrig? Vor nicht einmal einer Stunde im Purgatory war diese andere Frau beim Tanzen durchgeflackert. Doch selbst dieses Bild war wieder verblasst wie Atem auf dem Spiegel.

Joshs Gesicht tauchte vor meinem inneren Auge auf. Ich konnte sein schelmisches Lächeln sehen, als stünde er direkt vor mir. Noch immer glaubte ich, seine Wärme auf meiner Haut spüren zu können. Obwohl er nur eine flüchtige Bekanntschaft war, fand ich Trost in den Gedanken an ihn.

Ich drehte meinen Kopf zum Fenster und sah hinaus. Obwohl die Stadt langsam erwachte, würde sich das erste Morgenrot noch zeitlassen, ehe es sich über die Skyline der Bankenmetropole erhob. Ein neuer Tag brach an.

Tage später war ich immer noch frustriert, seit dem Alexander schlichtweg nach dem einseitigen Sex eingeschlafen war. Ich hatte die letzten Tage nicht mal darauf gehofft, von ihm doch befriedigt zu werden. Derart hatte es mich deprimiert. Aber Alexander war ohnehin seit dem förmlich vor mir geflohen. Ständig hatte er schlechte Laune oder war zu beschäftigt gewesen. Er konnte mir sein Desinteresse an mir kaum deutlicher machen. Die Band vereinnahmte ihn und wenn er zu Hause war, aß er nicht Mal mit mir zu Abend. Wenn er zur Tür hereinkam, verabschiedete er sich gleich wieder zum Sport. Unser Schlafzimmer, in dem wir vor und nach unserer Hochzeit so oft leidenschaftliche Nächte erlebt hatten, war zu einer kalten, einsamen Gruft geworden. Ich schlief im Bett und er im Wohnzimmer vor dem Fernsehen.

Ich vermisste Alex. Ich wollte ihn zurück. Aber ich hatte keine Ahnung, wie sehr ich mich noch verbiegen musste, damit er mich endlich bemerkte. Er sollte aufwachen! Wenn wir beide für unsere Ehe kämpfen würden, hatten wir noch eine Chance. Aber wie sollte ich ihn wachrütteln? Was konnte ich schon tun, wenn er einfach kein Interesse mehr an mir hatte?

Ich hatte so viel versucht. Ich hatte Gespräche gesucht. Mich an ihn gekuschelt, sein Lieblingsessen gekocht, mich sexy angezogen. Doch die Aufmerksamkeit, die ich erhaschen wollte, blieb aus. Nicht nur, dass es mein Herz zerbrach, es hinterließ ebenfalls tiefe Risse in meinem Stolz.

Ich war es satt wie einverzweifeltes Hündchen hinter ihm herzulaufen. Es kotzt mich an.

Addicted - FegefeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt