Das Versprechen

15 1 0
                                    

Ich wollte es. Er sah mich mit diesem Blick an und da wusste ich, dass er mich begehrte. Und genau das wollte ich. Begehrt werden. Das war der Grund, aus dem ich mitging.

Mir wurde ganz heiß. Wir stiegen in die U-Bahn. "Es sind nur vier Stationen", erklärte er. Ich nickte. Daraufhin schwiegen wir. Er legte seinen Arm um meine Schultern, kam meinem Gesicht immer näher. Gleichzeitig streichelte er meinen Rücken. Ich rückte näher zu ihm hin, um meinen Kopf anlehnen zu können. Wir waren uns so vertraut.

Hatte es da schon angefangen? Das, was ich um jeden Preis vermeiden wollte. Es war doch nur Ablenkung.

Seine Hand wanderte zu meinem Oberschenkel. Ich trug eine schwarze Strumpfhose, Jeansshorts und Doc Martens. Meine Haut und seine Hand trennte also nur eine dünne Schicht. Ich wünschte, sie wäre nicht da. Wie lang war ich schon nicht mehr so berührt worden? So zärtlich. Ich musste ein glückliches Stöhnen unterdrücken. Meine Haare stellten sich auf, ich konnte meinen Körper kaum im Zaum halten. Was war nur los? Ich verhielt mich wie eine alte Jungfer.

"Ist dir heiß?", flüsterte er mir ins Ohr. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, doch ich hörte das zufriedene Lächeln deutlich heraus. Warum lächelte dieser Kerl immer? Er machte mich wahnsinnig. Ich konnte mich ihm doch nicht einfach so ausliefern! Also schlug ich zurück.
Ich fuhr die Konturen seiner Lippen mit meinem Zeigefinger nach. Dann berührten sich unsere Nasenspitzen. Ich streckte meine Zunge heraus und leckte über seine Lippen. Er sah mir gebannt in die Augen. Dann griff ich demonstrativ an seinen Schritt. Glücklicherweise waren nicht viele Leute in der Bahn.
Ich spürte, dass er hart war.
"Ist dir heiß?", antwortete ich.
"Willst du spielen, Kleine?", brachte er hervor. Ich sah ihn nur weiter an, meine Hand strich über die Innenseite seines Oberschenkels. Er sah mich fast schon wild an.
Plötzlich waren wir da. Er nahm meine Hand und zog mich in Richtung einer kleinen Wohnsiedlung. Er drückte mich an die nächste Wand, hob mich hoch und küsste mich. Der Kuss war wild, besitzergreifend und leidenschaftlich. Er hielt mich fest und mir gefiel es. So trug er mich das Treppenhaus hoch und schaffte es irgendwie, die Tür seiner Wohnung zu öffnen. Ich vergrub meinen Kopf in seiner Halsbeuge und nahm sein Parfum wahr. Es machte mich nur noch mehr an. Er roch so frisch und leicht herb. Dabei schmeckte er so süß.

Er warf mich aufs Bett und wir zogen uns gegenseitig aus. Obwohl wir wild aufeinander waren, hatte es etwas Romantisches an sich. Er war gleichzeitig fordernd und sanft, verständnisvoll und dominant.

Er war perfekt für mich.

Ich hatte nur noch Unterwäsche an. Sein schwarz-weiß kariertes Hemd war aufgeknöpft, sodass ich seine Bauchmuskeln sehen konnte. Ich berührte sie sanft, doch er drückte mich wieder auf das große Bett. Dann fing er an meinen Bauchnabel zu küssen. Langsam aber stetig bahnte er sich einen Weg runter zwischen meine Beine und als ich vor Glück aufstöhnte, hörte er auf. Sein Gesicht war wieder vor meinem.

"Was, willst du etwa, dass ich weitermache?"

Er wollte mich bloß ein bisschen ärgern. Doch ich blieb still. Wir sahen uns einfach an. Meine Stimmung war auf einmal gekippt. Ich wollte ihn immer noch. Doch irgendetwas in mir war zu verletzlich. Ich konnte es nicht.

Da hätte ich es merken sollen. Dass es schon wieder passiert.

Ich fing an zu weinen. Es war nicht aufzuhalten. Wann hatte ich angefangen, die Kontrolle über mein Leben zu verlieren?

Sébastien reagierte sofort. Er sah sehr besorgt aus. "Justine, du bist ganz kalt." Er legte sein Hemd um meine nackten Schultern und holte eine Decke. Ohne viel mehr zu sagen, nahm er mich in seine Arme und ich schluchzte an seiner Brust.

Er war der erste seit langem, bei dem es mir was bedeutet hatte. Vielleicht war ich deswegen so aus der Fassung.

Nein, mein Herz schlug wieder für jemanden. Und ich wollte das nicht wahrhaben. Daher verschloss ich es, sperrte es weg vor allen, aber am meisten vor ihm.

Ja, der Sex bedeutete mir etwas, doch nur weil er mich an etwas erinnerte. Das lag nicht an ihm. Ich beruhigte mich langsam. Ich war so schwach.

"Kann ich dir was bringen? Wasser vielleicht?"
Ich antwortete nicht darauf. "Warum wunderst du dich nicht? Ist das hier normal für dich? Es tut mir so leid... " Ich redete so viel. Alles, was mir gerade einfiel, kam aus meinem Mund. Nur nichts Logisches.

"Versprich mir, dass du mich nicht allein lässt!"

Er verzog keine Miene. Sébastien umarmte mich nur fester.

Ich war so schwach.

"Ich verspreche es, Justine."

Mein Herz bleibt verschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt