Collide |on hold|

1.

Das Donnern des Metalls dröhnt in meinen Ohren. Ich bin von unten bis oben voll mit einer explosiven Mischung aus Wut und Adrenalin. Meine Fingerknöchel Schmerzen, meine Nase blutet und dennoch, ich schlage weiter auf ihn ein. Schlag für Schlag. Er, Jonny Anders ächzt.
Vor drei Schlägen, und zwei Mal gegen die Spinde donnern, hat er damit aufgehört. Er zappelt nicht mehr, oder versucht mir ins Gesicht zu spucken. Wieder ein Donnern. Ich nehme nur das tiefe Donnern des Metalls war.

Ich glaube ihm fehlt ein Zahn. Noch ein Donnern. Noch ein Schlag. Noch ein Flehen »Hör auf. Es tut mir leid.« Noch einmal ignorieren. Donnern, schlagen, flehen, ignorieren. Ich bin nicht mehr Herr über meinen Körper. Ich schlage ihn wie ferngesteuert gegen die Spindtür. Gegen den Bauch. Gegen sein Eine Millionen Dollar Lächeln. Ich schlage und schlage. Schlag für Schlag. »Harris, verdammt. Harris« Sie haben gelacht. Sie haben alle gelacht,und jetzt lacht niemand mehr. Nicht mehr einmal Jonny,denn der ist zu sehr damit beschäftigt, zu weinen. Sie könnten ihm helfen. Hier stehen genug Schüler um uns herum. Sie könnten mich von ihm wegzerren. Aber stattdessen starren sie nur. Sie haben gelacht,und jetzt starren sie alle. Mein Kopf pocht. Ich drehe durch. Ich drehe wortwörtlich durch. Ich weiß nicht mehr wo vorne, und wo hinten ist. Ich kann nur schlagen, und ihn gegen das kalte Metall dreschen. Noch ein Donnern. Noch ein Schlag. Schlag für Schlag. Für jeden einzelne Beleidigung, die sein dreckiger, blutiger Mund eben noch ausgespuckt hat. Ich drehe durch. Jonny weint und bettelt. Er ächzt. Bringe ich ihn grade um? »Auseinander.« Ich schlage. Ich höre nicht auf. Ich kann nicht. Ich muss jedes einzelne Wort aus ihm rausprügeln. Ich drehe durch. Ich platze vor Wut. Mein Herz schlägt so kräftig in meiner Brust. Ich glaube es hüpft gleich aus meinem Brustkorb, und hilft mir Jonny zu erwürgen. Meine Hände sind blutig. Nicht nur mein eigenes Blut. Ich kann sie kaum noch spüren. Meine Nase pocht,und meine Tränen schmecken salzig. Sie bilden einen ekligen Cocktail zusammen mit dem Blut und dem Schweiß. Ich muss mir auf die Zunge beißen, um nicht los zu schreien. »Quentin.« Ich drehe durch. Ich werde nach hinten gerissen, meine Faust prescht ins Leere. Mein Rücken prallt gegen die Schließfachwand auf der anderen Seite des Korridors. Jonny reißt die Augen auf. Ohne meine Hände,die ihn auf den Beinen gehalten haben, gleitet er an dem Spint nach unten. »Quentin!« Ich drehe durch. Jonny weint, und brüllt mich an.Wichser, Penner, Hurensohn. Ich verüble ihm nicht, dass er gerade meine Mutter beleidigt hat. Dieses Mal lasse ich es ihm durchgehen, aber nur, weil ihm wirklich ein Zahn fehlt. Seine Freunde rennen zu ihm, halten ihn, tupfen ihm das Blut weg, obwohl es überhaupt nichts bringt. Da ist viel zu viel Blut. Teils sogar schon getrocknet. Mittlerweile ist mein Herz zu schnell für meinen Körper geworden. Es pocht so heftig, ich kann es hören. Ich höre, wie es schreit. Wie es schreit, weil es schmerzt. Weil es gleich zerberstet. Es zerspringt in eine Milliarden Teile. Es explodiert wie eine Splitterbombe, und wird alle Menschen im Flur mit sich nehmen.
Aber mein Herz explodiert nicht. Es reißt niemanden mit in den Tod und es verhindert nicht, dass ich Jonnys Gebrüll hören kann. »Ich zeig dich an. Du bist ein toter Mann, Quentin.«

Ich drehe durch.
Mein Herz zerberstet einfach nicht, obwohl es so rast. Obwohl es gleich einen Herzinfarkt erleiden müsste. Aber es rettet mich nicht vor dem Gespräch mit dem Direktor. Vor seinem enttäuschten Blick und seinen Erziehungsmethoden. Es rettet mich auch nicht vor seinen unkonventionellen Besztafungen. Verdammt, es hat nicht einmal genug anstand, mit dem schlagen aufzuhören, als Mr. Miller mich zu einer Selbsthilfegruppe schickt. Es schlägt einfach weiter in einem Affentempo. Und wenn es nicht mit dem schlagen aufhört, oder ich endliche aus diesem Alptraum aufwache, reiße ich es mir höchstpersönlich aus der Brust.

»Die letzten drei Monate des Schuljahres gehst du dort hin. Zwei mal die Woche,oder du fliegst.«
Das ist dein Stichwort, Herz. Bleib. Stehen. Es bleibt nicht stehen.
Es wird nur noch schneller.