Ich stand an der Bushaltestelle, als mir ein Flyer zuwehte. Es war ein blauer Flyer. Darauf war ein modernes Ferienressort abgebildet. Eines der Häuser hatte ein großes Panoramafenster, ummantelt von einem schicken Klinker und verziert mit Bambusholz. Daneben stand ein Haus im chinesischen Stil. Rotes Holz, Stockwerk auf Stockwerk getürmt und grüne Ziegel machten das Haus komplett. Eigentlich sah das Resort ganz schick aus. Für die Sommerferien würde es sich lohnen, mal ´dort ne Woche zu entspannen. Dann blickte ich auf die Überschrift. „Themenresorts am Nordpol!“
Ich war erst 16 Jahre und war in der zehnten Klasse, jedoch kannte ich mich daran erinnern, dasss meine Mutter einst mal meinte, dass der Nordpol mit dem Südpol die kältesten Regionen unserer Erde seien. Anscheinend hatte es sich geändert. Der Klimawandel. Sicher war er daran Schuld. Ich steckte den Flyer ein, um meiner Mutter ihn zu präsentieren. Ich nahm meine Tasche von dem Rucksack und steckte ihn hinein. Danach stieg ich in den Bus, setzte mich hin und steckte meine Kopfhörer in den MP3 Player. Sofort ertönte Musik in meinen Augen und ich nickte ein.
Manchmal spürte ich, wie mein Kopf abrutschte und gegen das Fenster des Busses stieß. Manchmal nahm ich auch einen Windstoß wahr, da andere Gäste ausstiegen.„He, Endstation!“, rief eine rauchige Stimme aus der Busfahrerkabine. Ich schreckte auf, suchte meine Sachen zusammen und stand hastig auf. „Entschuldigung für die Umstände. Schönen Tag noch!“, rief ich dem Busfahrer zu als ich den Bus verließ. Ich drehte mich noch einmal zu ihm um und blickte in sein angenervtes Gesicht. Danach schlossen sich die Türen und die Gestalt des Busfahrers verflüchtigte sich. Der Bus fuhr davon und ein Schild tauchte nach und nach auf.
„Willkommen am Nordpol!“, las ich laut vor. Eine schwarze Schrift auf blauem Hintergrund. So wie in der Broschüre. Unter der großen Schrift stand noch etwas. Klein geschrieben. „Der vielleicht schönste Ort der Welt.“ Ich war verwundert. Die Reklame nahm mir die Sicht, also ging ich ein paar Schritte nach links und ein klarer Blick lag auf einen wunderschönen Strand frei. Ich staunte. „Dies ist ja echt der schönste Strand, den ich jemals gesehen habe.“, murmelte ich vor mir hin.
Ich war schon immer introvertiert und redete ständig mit mir selber, weshalb Freunde immer zum Spaß sagten, dass ich deshalb gut als Kunstlehrer geeignet sei.
Ich ging die Straße entlang, die weiter in den Norden führte. Nach drei Meilen stand ich auf einem Hügel, der warme Wind zerzausten meine Haare. Ich benutzte meine Hände, um den Vorhang, der aus meinen Haaren bestand, zur Seite zu legen. Der Hügel gewährte mir den Blick auf dieses große Ferienressort, das ich zuvor auf der Broschüre sah. Das in die Höhe gebaute, chinesische Hotel sah schöner und eleganter aus als auf dem Bild. Die Parkanlagen sahen gepflegt aus und aus jeder Richtung waren Glücksschreie wahrzunehmen.
Ich eilte den Berg hinunter, um das Ressort besser zu erkunden. An einem Pavillon wurde ich freundlich mit einem Cocktail empfangen. Wie ich es auch aus kitschigen Filmen kannte, wurde mir eine Blumenkette um den Hals gehangen.Ich schlenderte weiter bis zu dem chinesischen Hotel und dessen Turm. Ich bekam schon wegen der Höhe des Gebäudes Schwindelattacken, obwohl ich am Boden war. Ich suchte den Eingang von dem Turm, um bis nach oben zu gelangen und die Aussicht zu genießen. Ich umrundete den Turm dreimal, bis ich die Tür fand. Sie hatte die selbe Farbe wie das Holz, aus dem der Turm bestand. Es sah so aus, als wäre es gewollt, dass die Tür versteckt sein sollte. Jedoch hielt es mich nicht auf, um nach oben zu gehen. Ich schlich heimlich die Treppen hoch, um nicht erwischt zu werden. Wahrscheinlich war der Turm verboten.
Im letzten Stock angekommen war ein großes Büro, in dem gerade eine Besprechung stattfand. Ich hörte bei dem Gespräch der Männer zu. Ich lauschte, lauschte und lauschte.Plötzlich fing einer an zu reden. Über etwas Ernstes. „Meine Herren.. Unsere Firma läuft so gut! Es ist schon etwas traurig, dass keiner unserer Gäste das Kleingedruckte unserer Broschüren gelesen hat.“ Er lachte. Darauf sagte ein anderer : „Hauptsache Sonne, Sommer und Urlaub. Dass wir durch ihre Einnahmen Eisbären züchten und dann deren Pelz zu Mäntel verarbeiten, müssen die Gäste ja nicht wissen.“ Darauf meinte der erste Mann :“Naja.. Die Eisbärenzucht können wir ja ruhig öffentlich legen und damit eine Umweltschutzplakette beantragen. Danach könnten wir noch mehr Geld fordern, weil wir so umweltschonend sind und fast ausgestorbene Tierrassen am Leben erhalten. Naja.. Durch unsere Ölbohrungen vor 20 Jahren haben wir auch deren Territorium vollkommen zerstört. Lief doch alles nach Plan.“
„Also haben wir doch jetzt einen Plan. Ich werde der Pelzproduktion sagen, dass die Eisbärenzucht offengelegt werden soll. Aber nur die Zuchtanlage. Nicht die Produktion.“
Der andere Mann nickte. Die anderen Männer klatschten Beifall. Die Besprechung löste sich auf und somit ergab sich eine Gelegenheit, mich in derenBesprechungsraum zu durchsuchen. Diese Eisbären-Pelz-Produktion sollte umgehend geschlossen werden. Ich öffnete jede Schublade, durchwühlte das ganze Zimmer, bis schließlich alles auf dem Kopf war. Im letzten Regal fand ich eine handschriftliche Dokumentation dieser Besprechung. Ich stellte meinen Rucksack ab, fühlte ein wenig darin und kramte mein Handy daraus. Drei, vier Knipser gab ich von mir und dann war ich auch wieder verschwunden. Ich suchte einen Ausweg aus diesem großen, finsteren Turm. Ich erkannte die Tür wieder, die in das Treppenhaus führte. Wie auf dem Hinweg vermied ich den Aufzug, da er wahrscheinlich eher von den Angestellten benutzt wurde als die Treppe. Ich raste die Treppen nach unten. Ich schnappte nach Luft, beschleunigte mein Tempo, um schnell an der Bushaltestelle zu sein, an der ich ausgestiegen bin.
Die letzten Stufen. Jedoch fiel mir während des Laufens nicht auf, dass meine Schnürsenkel sich öffneten. Ich stolperte und flog mit voller Wucht gegen die massive Eingangstür. Alles wurde schwarz.Als nächstes kann ich mich nur an das Aufwachen im Bus erinnern, der angehalten war. Im selben Moment kam ein Sanitäter in den Bus. Verwirrt fragte ich den Busfahrer, was los sei. Der Busfahrer stand neben mir und sagte, dass ich während des Einsteigens in den Schulbus gestolpert sei und nicht mehr aufgewacht wäre, weshalb er einen Krankenwagen bestellt habe. Ich war verwirrt und lies mich in das nächstliegende Krankenhaus bringen.
Als alle Untersuchungen abgeschlossen waren und ich auf meinem Zimmer lag, entsperrte ich mein Handy und öffnete die Galerie. Die Bilder, die ich von dem Protokoll gemacht habe, waren noch da. Wie konnte es sein, dass ich am Nordpol war, obwohl ich ohnmächtig am Busbahnhof unserer Schule war?
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Kurzgeschichten
Short StoryManchmal fehlen Menschen die Zeit, längere Geschichten zu lesen. So entschloss ich in diesem Buch kleine Kurzgeschichten zu veröffentlichen. In den Kurzgeschichten kann es um verschiedene Themen gehen, sowohl Fantasy als auch Horror, sowohl Action a...