Eine halbe Stunde später sitzen für in einer Pizzeria und ich sehe Eric dabei zu, wie er ein Pizzastück nach dem anderen verschlingt.
„Wieso willst du nichts?", nuschelt er mit vollem Mund.
„Ich hab keinen Hunger", sage ich knapp.
„Was ist deine Lieblingsband?", fragt Eric.
„My Chemical Romance."
„Kenne ich nicht."
„Musst du auch nicht."
„Vielleicht können wir ja mal auf ein Konzert gehen."
„Hm."
„Sag mal, wieso bist du so schweigsam?"
„Was soll ich denn sagen?"
„Erzähl doch einfach irgendetwas von dir!"
„Ich hab nichts zu erzählen."
So zieht unsere Konversation sich weiter hin. Eric scheint nicht viel Wert darauf legen, mir aus seinem Leben zu erzählen. Stattdessen erzählt er mir von Büchern, Videospielen und Filmen. Er erzählt so begeistert und gestikuliert dabei mit so ausladenden Bewegungen, dass ich mich von seiner guten Laune anstecken lasse.
Ich merke immer mehr, dass wir in unterschiedlichen Welten aufgewachsen sind. Während ich meine Kindheit draußen in der Natur verbracht habe, hat er in seinem Zimmer gehockt und Bücher gelesen. Vielleicht hat Eric seine Offenheit und Menschenkenntnis ja durch seine Bücher erlangt, während ich allein auf Bäume geklettert bin. Ich frage mich, wie Eric zu dem Menschen geworden ist, der er heute ist. Der Junge mit den weißblonden Haaren, den Piercings und dem Skateboard. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand einfach so auf die Idee kommt, so aussehen zu wollen. Nicht dass ich es hässlich finde. Aber es erfordert wahrscheinlich viel Mut, freiwillig aus der Masse hervorzustechen.
„Woran denkst du?", fragt Eric und schlürft geschmolzenen Käse von seinem Teller.
„Nichts", antworte ich. Irgendwie habe ich keine Lust mehr, die Schule zu schwänzen. Aber zurückgehen will ich auch nicht. Wozu denn auch? Worauf warte ich?
„Worauf wartest du?"
Eric hat seine Pizza bezahlt und steht, mit dem letzten Stück in der Hand, am Ausgang.
Eilig stehe ich auf und folge ihm.
(Ein Zeitsprung von etwa einem Monat. Eric und Adrian haben sich mittlerweile angefreundet und unternehmen immer mehr zusammen. Irgendwann lädt Eric Adrian auf ein Konzert ein.)
Das Konzert beginnt erst um zehn Uhr, das heißt, ich habe noch drei Stunden Zeit. Ich beschließe, mich nützlich zu machen. Ich helfe meinem Bruder bei den Hausaufgaben, putze das Badezimmer und räume mein eigenes Zimmer auf. Dann schalte ich den Fernseher ein und lasse die Zeit verstreichen, bis es endlich an der Tür klingelt.
Sofort springe ich vom Sofa auf und trete mit dem Fuß gegen den Fernseher, um ihn auszuschalten. Ich setze meine Mütze auf und ziehe meine Schuhe an.
Dann reiße ich die Tür auf. Am liebsten würde ich meine Euphorie zurückhalten, aber das ist unmöglich.
„Hey!", schreie ich Eric entgegen.
Wir vollführen unseren mühsam einstudierten Handschlag und grinsen uns an.
Dann gehen wir zu meinem Auto und ich mustere Eric unauffällig. Er trägt ein rotes T-Shirt, eine kurze Hose und weiße Tennissocken. auf dem Kopf trägt er seine Schirmmütze.