Mit hochgezogen Schultern und geducktem Kopf eilte er durch den Regen. Er suchte sich so schnell wie möglich einen halbwegs trocken Weg um die Pfützen, sein Ziel stetig anstrebend.
Er hatte aufgehört zu zählen, wie oft er diesen Weg schon gegangen war, wie oft er bei unterschiedlichstem Wetter durch die Gassen gestrebt war. Immer nur zu einem bestimmten Ort. Wahrscheinlich dem, den er am liebsten hatte.
Das "Café des rêves".
Es machte seinem Namen wirklich alle Ehre.
Sobald man das Café betrat, umwaberten einen die köstlichsten Düfte. Vom Kakao der legendären heißen Schokolade, über den aromatisch herben Geruch der gerösteten Kaffeebohnen bis hin zu denen der Gebäcke.
Es war diese gemütliche, verträumte Atmosphäre, die ihn vollkommen in ihren Bann gezogen hatte und die ihn immer wieder dorthin führte.
Das Café besaß keine einheitliche Einrichtung. Die unterschiedlichsten Tischen waren mit den exotischen oder nur ganz gewöhnlichen Sitzgelegenheiten kombiniert. Mal stand ein hölzerner Gartenstuhl zusammen mit einem Ledersessel an einem gläsernen Kaffeetischchen, mal ein Sofa mit einem Stuhl, der eher einem Thron glich zusammen mit einem aufgeschnittenen Baumstamm.
Die meisten Kombinationen waren abenteuerlich und alles andere als gewöhnlich. Man merkte das der Einrichter den Menschen, die kamen etwas bieten wollte, das sie ihrem grauen Alltag entfliehen ließ.
Dieser Ort lud wahrhaftig zum Träumen ein.
Einfach die Realität hinter sich lassen und sich für einige Zeit in den sicheren Hafen der Fantasie zurückziehen... Etwas was er ab und zu einfach brauchte.Während einem seiner unzähligen Besuche hatte er sich mit dem Besitzer, und auch gleichzeitig Kellner, des Cafés angefreundet. Sie verstanden sich sofort prächtig, trotz der 10 Jahre Altersunterschied.
Sie teilten die gleichen Ansichten, konnten über dieselben Witze lachen, mochten die gleichen Filme und hatten dieselbe Leidenschaft: Lesen und Bücher.
Sie konnten sich stundenlang über Geschichten unterhalten und die Intentionen der Autoren diskutieren.Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich an die vielen hitzigen Debatten erinnerte, dich sich häufig nur um Details drehten, die andere als nichtig empfinden würden.
Nicht so er und sein guter Freund. Es waren gerade die Details, die sie in den Bann zogen und die ihre Liebe für die Geschichte und Figuren entfaltete.
Die Details waren die waren die wahre Kunst.
Es durften nicht zu viele sein, sonst verlor die storyline an sich die Bedeutung. Gerade so viele, dass es dem Leser half sich eine Situation, einen Ort, eine Figur besser vorzustellen.
Eine Autorin meisterte dies geradezu. Deswegen war sie auch seine Lieblingsautorin.
Deswegen und weil sie kein exaktes Genre zu bedienen schien.
Ihr erstes Buch war eine Sammlung von Kurzgeschichten und Zitaten, die sie mit diesen Geschichten verband. Ein anderes war eine Tragödie, das nächste eine fast schon wissenschaftliche Abhandlung über Selbstfingung und den Sinn des Lebens. Einmal hatte sie auch einen Fantasy Roman geschrieben.
Und er liebte sie alle.
Und jetzt ihr letztes. Es war eine kleine süße Liebesgeschichte. Die beiden Protagonisten waren sehr tief durchdacht und herzerwärmend beschrieben.
Die Autorin hatte es geschafft, dass er sich selbst etwas verliebte.
Als die Geschichte dann endete war er aber keines Falls traurig. Es hatte ein warmes Gefühl in seinem Bauch und seinem Herzen hinterlassen.Mit der Zeit hatte er eine Theorie entwickelt.
Er war der festen Überzeugung, dass die Autorin so zwischen den Genres hin und her sprang, weil sie die Bücher nutzte um sich gewisse Themen von der Seele zu schreiben.
Mit dieser Vermutung hatte er all ihre Bücher noch einmal gelesen und glaubte in ihren Geschichten ein Stück von ihr selbst zu sehen.
Und was er sah, was er mit der Zeit entdeckte ließ sein Herz immer wieder einen Satz machen.
Sobald er eines ihrer Bücher aufschlug hatte er Schmetterlinge im Bauch und dieses süße Ziehen in der Herzgegend.War es verrückt sich in eine Person zu verlieben, die man noch nie gesehen hatte geschweige denn mit ihr gesprochen hatte?
Diese Gedanken hatte er seinem besten Freund aus dem Café nicht anvertraut. Noch nicht.
Doch jetzt verspürte er den Drang sich alles mal von der Seele reden zu müssen.
Deswegen eilte er auch so zielstrebig zum Ort seiner Bestimmung, trotz des miserablen Wetters.
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Florilèges
Short StoryEinfach eine kleine Sammlung von One shots und kurzen Texten, wenn mich die Inspiration überfällt ~ unregelmäßige Updates 👆🏻 not my picture, credits to the owner