Es war das erste Mal, dass ich die Schule betrat und ein flaues Gefühl in meinem Magen breitete sich aus. Du lächeltest mich an und es schien, als würde dir der bloße Anblick meiner Anwesenheit in pure Rage versetzen. Mir wurde übel und ein unglaublich starker schmerz durchzog meinen ganzen Körper, ich lächelte zurück.
Die Tage vergingen und ich begann zu verstehen, dass ich im Kreis laufe. Doch wer hätte den Kreis durchbrechen können? Es wurde mir egal. So kam es zur ersten Schulpause, in dieser saß ich komplett alleine auf einer Bank, es war noch sehr warm an einem Morgen welcher war, wie jeder andere. Du hast dich ohne ein einziges Wort neben mich gesetzt. Ich wusste nicht, was ich über dich denken sollte, schließlich erfuhr ich die ersten Wochen nicht, wie deine Stimme klang.
Die Tage verstrichen und wir spielten jeden Tag das selbe Spiel, du hast dich neben mich gesetzt und wir haben geschwiegen. Ich war froh darüber, nicht allein zu sein. Ich hatte in dieser Welt niemanden also wurdest du mein einziger Freund, obwohl ich deine Stimme nie hören konnte.
Jeder Blick in deine Augen verlief ins nichts und es war als hättest du keine Seele, als wärst du nur ein dreckiger Spiegel. Erst sehr spät fiel mir auf, dass ich nicht einmal deinen Namen kannte. Du warst unauffällig und doch warst du immer an meiner Seite.
Ich erinnere mich noch sehr gut an jenen schicksalhaften Tag, an welchem mir in einem Sommermonat der ersten Klasse ein Junge an den Haaren zog, er beleidigte mich, es gab keinen ernsthaften Grund für diese Tat, dies war mir bewusst. Es begann zu regnen und das Mädchen verließ mit allen anderen Schülern den Pausenhof, denn die Pause war zu ende.
Es war das erste mal, dass ich dich sprechen hörte. Ich konnte die Worte aus deinem Mund kaum glauben, du hast mir gesagt, dass er Recht hat, dass man niemandem vertrauen kann, nur dir.
Ich weiß nicht wieso, doch es schien Sinn zu machen, zumindest für mich..in diesem Moment. Ich blieb sitzen auf jener Bank, die Bank, auf welcher ich jeden Tag saß. Der Regen wurde stärker und letztendlich war es - bis auf den prasselnden Regen - komplett still im Pausenhof. Ich legte meinen Kopf in die Knie und begann zu weinen. Ich wollte nicht in den Unterricht und so saß ich dort. Mit jeder Minute, in der ich auf der Bank saß, wurde es kälter. Immer öfter hast du mir erzählt, wie kalt diese Welt ist. Ich habe es gehasst doch nichts dagegen gesagt. An jenem Tag hast du mir erzählt, dass mich niemand vermisst. Ich saß eine komplette Stunde außen doch niemand hat nach mir gesucht. Ich begann noch heftiger zu weinen während du dir dein Lächeln verkneifen musstest. Ein Wort, welches du aussprachst, zierte meine Gedanken "unsichtbar".
Ich dachte daran, dass du recht hast. Ich war für alle Menschen auf dieser Welt unsichtbar, denn selbst wenn ich verschwinden würde, würde niemand nach mir suchen und die, die es doch tun, würden die Suche sehr schnell aufgeben. Die ganze Zeit über warst du neben mir und mit jeder Sekunde die verstrich wurdest du lauter und hast mir immer lauter erzählt, wie kalt diese Welt ist. Ich hätte dich am liebsten einfach weggeschubst, doch du warst mein Freund auf eine Art, die ich nicht verstand. Immer wieder erzähltest du mir, dass ich dich akzeptieren muss, da wir Freunde sind. Das Klingeln der Schulglocke unterbrach unser Gespräch und ich stand auf um nachhause zu laufen.
Der Tag verstrich, ich machte meine Hausaufgaben, sie waren einfach. Aber sie waren anstrengend, schließlich waren es zwei ganze Blätter. Mathe mochte ich noch nie.
Ich malte ein Bild, einen Sonnenuntergang, er war wunderschön. Zumindest versicherte mir Mutter dies. Wir waren Nachbarn, zumindest glaubte ich dies, denn du verschwandest jedes mal vor meiner Haustür. Ich war mir sicher, dass wir Nachbarn waren. Doch manchmal hatten wir nicht den selben Weg. Und da lag ich in meinem Bett, es wurde spät und es war dunkel. Doch da kam es, ein Anruf von dir. Ich habe schnell angenommen, damit meine Eltern nichts hören, denn ich sollte längst nicht mehr wach sein. Du hast mich Angerufen und mich an das Mädchen erinnert, das Mädchen, welches mir an den Haaren zog. Ich drückte den Telefonhörer, welches einem alten Festnetz-Telefon angehörte tief in mein Kissen, um deine Worte einen Moment los zu sein. Ich antwortete dir nur mit einem "Ja, du hast recht.". Still und leise. Wir haben bis zum nächsten Morgen darüber geredet, was passier ist. Du hast geredet. Dieses mal war ich die Stille.
Ich wollte nur schlafen, doch ich konnte nicht, denn deine Stimme blieb in meinem Ohr. Aufzulegen wäre mir als sehr unhöflich erschienen, es war, als könnte ich nicht, wobei ich es so sehr wollte. Ich ertrug das Geräusch deiner Stimme eine ganze Nacht, obwohl ich die Abwesenheit dieser ebenfalls gefürchtet hätte, denn dann wäre ich alleine gewesen. Ich begann mich zu fragen, was du von mir willst. Doch du bliebst auf jede Frage still.
Am nächsten Tag ging ich zur Schule, es war ein wundervoller Tag, obwohl ich sehr müde war.
Einmal wäre ich fast eingeschlafen. Ich war erschöpft. Es war das erste mal, dass du mich erschöpft hast, also habe ich mir weder Sorgen um dich, noch um mich gemacht.
Es schien einfach so, als hätten wir beide einen sehr schlechten Tag gehabt. Die Müdigkeit hielt bis zur Mittagspause an, ich versuchte permanent, nicht einzuschlafen. Ich sah das Mädchen wieder, doch dieses mal lief sie achtlos an mir vorbei. Ich war beruhigt und konzentrierte mich auf anderes. Ich kämpfte mit dem Schlaf, schließlich waren es in diesem Moment bereits mehr als 24 Stunden, in welchen ich wach war. Du warst immer neben mir, doch wir waren gute Freunde, zumindest ließ ich dich das glauben. Irgendwie hatte ich Angst vor dir, auch wenn ich es selbst nicht verstand. In den letzten zwei Stunden hatte ich das Fach Kunst, ich begann, eine Sonnenblume zu zeichnen, es machte mir Spaß. Ich weiß nicht wieso, aber du hast dich an diesem Tag von mir weg gesetzt. Du kamst erst wieder, als die Stunden vorbei waren und ich meinen Heimweg antrat. Ich freute mich über diesen Tag, denn ich genoss den Kunstunterricht mehr, als ich jeden anderen Unterricht genoss. Du warst distanziert, aber immerhin war ich nicht allein. Es war mehr als Einsamkeit und weniger als Freundschaft. Doch wer du warst verstand ich nicht. Ich habe dich nie vermisst. Doch kurz vor meiner Tür verschwandest du, so wie du es immer tatest. Du schienst es zu lieben mit mir nachhause zu laufen. Ich habe dich nicht gehasst, aber du begannst mir immer mehr Angst zu machen. Es waren nicht die Momente, in denen du redetest. Es waren die, in denen du schwiegst.
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Du
General FictionSie hat mich begleitet und steht selbst während ich dies schreibe hinter mir und berührt meinen Nacken kalt. Doch wer ist sie.