Aufmerksamkeit als Mittel zur Belohnung und Bestrafung (Manipulation)

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In einer meiner Jugendgruppen hat ein Mädchen sich geritzt. Meine eine Arbeitskollegin, die sich selbst in ihrer Jugend geritzt hat, hat in dem selbstverletzenden Verhalten des Mädchens einen Hilfeschrei gesehen. Sie möchte mit dem Mädchen sogar zusammen zur Schulpsychologin. Eine andere Arbeitskollegin fand diese Idee sehr schlecht, da dadurch dem Mädchen ja genau das gegeben wird, was sie mit dem Ritzen bezwecken wollte: Aufmerksamkeit bekommen. Diese würde die zweite Kollegin ihr verwehren, um das schlechte Verhalten nicht zu bestärken.

Sieht das Mädchen die Aufmerksamkeit wirklich als Belohnung und wird sich nun öfter Ritzen, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen?

Ich bin der Meinung, dass Aufmerksamkeit niemals als Mittel zur Belohnung eingesetzt werden sollte, genauso wie Aufmerksamkeitsentzug (Ignoranz) als Bestrafung eingesetzt werden sollte.

Aufmerksamkeit, Zuneigung und soziale Interaktion sind Grundbedürfnisse des Menschen. Wenn der Mensch nach Aufmerksamkeit verlangt, scheint sein Bedürfnis danach nicht befriedigt zu sein. Das Ritzen ist eine sehr dysfunktionale Strategie der Bedürfnisbefriedigung, da sie kurzfristig funktioniert, indem sie z.B. Sorge bei anderen auslöst, aber längerfristig entsteht ein großer Schaden.

Ziel sollte es also nicht sein, das selbstverletzende Verhalten durch Aufmerksamkeitsentzug umzukonditionieren, sondern das unerfüllte Bedürfnis der Person, welches hinter dem Verhalten steckt, zu erkennen. Dann kann abgewogen werden, welche kurz- und welche langfristen Maßnahmen man trifft. Wie kann man das Bedürfnis der Person berücksichtigen und ihr gleichzeitig nahelegen, eine andere, gewaltfreie Strategie zur Bedürfnisbefriedigung zu nutzen.

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⏰ Last updated: Jun 01, 2019 ⏰

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