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Nebeneinander herlaufend verlassen wir den Saal und machen uns auf den Weg nach draußen. Da Musik entfallen ist, haben wir jetzt schon aus. Zwar reden wir nicht, aber es herrscht keine unangenehme Stille. Es scheint, als sei das Eis gebrochen. Zumindest von meiner Sicht aus. Klar Darren hat immer noch die kalte Schutzmauer um sich, doch gerade eben, als er begann zu lachen, hat sie ein klein wenig zu bröckeln begonnen. Und ich habe mir vorgenommen, sie komplett nieder zu reißen.
„Beatrice!", ruft jemand und wir bleiben stehen. Als ich mich umdrehe, sehe ich in Malik's Gesicht, der atemlos vor uns steht und einen Moment braucht, bis er zu Wort kommt.
„Ich muss dich etwas fragen", sagt er und sieht dann von mir zu Darren, der zurück starrt. Abwartend schauen sie einander an und ich werde nervös. Als Malik klar wird, dass Darren nicht geht, damit wir uns in Ruhe unterhalten können, redet er weiter.
„Hast du schon eine Verabredung für die Feier morgen?", fragt er und setzt ein charmantes Lächeln auf. Mein Grinsen fällt und Schuldgefühle überkommen mich, da ich ihn vor Darren abweisen werde.
„Ich kann leider nicht kommen", entschuldigend sehe ich ihn an, „Meine Freunde kommen morgen und ich möchte sie am ersten Tag nicht zu irgendeiner Party schleppen. Sorry", sage ich, obwohl ich eigentlich vorhatte mit Abigail und Ryan zur Feier zu gehen. Aber Malik einfach einen Korb zu geben, wäre zu gemein. Dieser versucht die Verlegenheit zu überspielen, indem er grinst und nickt, doch er ist etwas rot geworden. Kurz wandern meine Gedanke zu Ryan, als ich Darren ansehe und ich erschaudere. Ryan ist ein Familienfreund und ich kenne ihn seit ich klein bin. Und ja, ich war vielleicht ein wenig in ihn verschossen. Doch jetzt wo ich Darren ansehe, verstehe ich überhaupt nicht mehr warum.
„Wann anders vielleicht."
„Klar", meine ich und lächle ihn zum Abschied an. Der Arme ist uns hinterher gerannt nur um danach abgewiesen zu werden.
Während Darren und ich weiter gehen, merke ich, wie er mich von der Seite ansieht.
„Ist etwas?", frage ich, versuche nicht zu lächeln. Vergeblich.
„Ich denke, du solltest zur Party kommen", meint er.
Fragend sehe ich ihn an. Mein Herz macht einen Satz. „Warum denn?"
„Es werden eine menge Leute da sein und deine Freunde möchten sicher deine neuen Freunde kennen lernen, oder nicht?"
Verwirrt nicke ich.
„Du hast gerade eben nur versucht dich auszureden um nicht mit Malik zu gehen, oder?", ein kleines, wirklich winziges Grinsen liegt auf seinen Lippen.
„Okay, ja. Aber wenn ich jetzt trotzdem komme wäre es unhöflich."
Er zuckt mit den Schultern. „Na und?"
„Kommst du denn auch?", frage ich und als er nickt, lächle ich begeistert. „Okay, dann kommen wir auch." Ich brauche einen Moment, um zu realisieren, was ich gesagt habe und wie es für ihn geklungen haben muss. Innerlich schlage ich mir mit der Handfläche gegen die Stirn. Als er daraufhin grinst, werde ich knallrot und könnte mich dafür Ohrfeigen. Sofort beginne ich zu stottern.
„Al-Also ich meine, um meine Freunde vorzustellen, natürlich."
„Klar, deswegen", meint er und an seinem Grinsen, das ihm einfach unglaublich steht, erkenne ich, das er mir nicht glaubt. Mistkerl. Mir wird noch wärmer.
Er öffnet das Schultor für mir und wir treten ins Freie. Die kalte Oktober Luft umhüllt meinen Körper und ich schließe für einen Augenblick die Augen. Ich liebe kaltes Wetter und genieße es, nicht der ständigen Hitze ausgesetzt zu sein, wie in Miami.
„Wie kommst du nach Hause?", reißt mich Darren aus den Gedanken und ich sehe zu ihm.
„Ich werde abgeholt, du?", frage ich und vermute, dass er selbst fährt. Er hat sicher ein Auto. Umso mehr überrascht es mich, als er meint, dass er läuft.
„Du kannst mitfahren", platzt es aus mir, ehe ich es stoppen kann. Er sieht mich überrascht an. „Wenn du willst...", füge ich deshalb mit warmen Wangen hinzu. Jetzt lächelt er. Mein Herz schmilzt.
„Nicht nötig, Danke."
Ich nicke und er begleitet mich zur Bushaltestelle, wo ich auf meinen Bruder warte. Damit es nicht peinlich wird, überlege ich angestrengt nach einem Thema, worüber wir reden können, doch mir fällt nichts ein. Ich starre konzentriert auf meine Hände, die zittern, da es kalt ist. Vielleicht interessiert ihn Fußball? Aber das ist doch langweilig. Ich könnte ihn fragen was er nach der Schule machen will... Aber das wäre zu Schule-fixiert. Gott, was soll ich mit dem heißen Kerl neben mir reden?
Ich sehe zu Darren und mein Herz macht einen Satz, als ich merke, wie nah er bei mir steht. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht mitbekommen habe, wie er sich mir genähert und angesehen hat. Er lächelt erneut und mein Herz schlägt schneller. Ich glaube wegen ihm bekomme ich noch eine Herzkrankheit, da es die ganze Zeit am Rasen ist.
„Woran denkst du?", will er wissen und ich wünsche mir augenblicklich, alles über ihn zu erfahren. Ich will ihn. Mein Herz setzt aus, als mir klar wird, was ich da eigentlich denke.
„Ich-"
Mein Satz wird durch ein Hupen unterbrochen und ich drehe mich um. Das ist der Wagen meines Bruders doch er selbst sitzt nicht drin. Meine Augen weiten sich als Abigail und Ryan aus dem schwarzen Wagen steigen. Bevor ich realisieren kann, dass meine beste Freundin endlich vor mir steht, werde ich von ihr überrannt.
„Tris!", kreischt sie, als hätten wir uns drei Jahre nicht mehr gesehen. Dabei waren es nur drei Wochen. Gott, wie ich sie vermisst habe. Ich erwidere die innige Umarmung, schlinge meine Arme um sie und genieße das vertraute Gefühl. Obwohl wir so gut wie jeden Tag miteinander telefoniert und geskypt haben, ist es etwas anderes, sie in meinen Armen zu halten und ein Kloß bildet sich in meinem Hals, aufgrund der überwältigende Zuneigung und geschwisterlichen Liebe, die in mir explodiert, sobald ich sie umarme.
  Schließlich lösen wir uns aus der zu kurzen Umarmung. Doch ehe ich mich an Darren wenden kann, werde ich in eine Umarmung von Ryan gezogen und es ist ganz anders, als ich es erwartet habe. Ich war jahrelang in Ryan verknallt. Doch jetzt, wo er mich zum ersten Mal richtig umarmt, spüre ich nichts außer die Vorfreude auf Abby's stundenlangen Gerede davon, wie toll Darren in echt aussieht.
„Ich habe dich vermisst Bea", sagt Ryan und ich ziehe verwirrt die Augenbrauen zusammen. Ryan hatte mich immer als die nervige Schwester von seinem Kumpel gesehen. Warum sollte er die nervige Schwester vom Kumpel vermissen? Und seit wann nennt er mich nicht mehr Nervensäge? Ich löse mich aus der Umarmung und lächle ihn an.
„Ich habe euch auch vermisst", erwidere ich und sehe zu Abigail, welche Darren anstarrt. Dessen Blick ist wieder monoton und das Funkeln, das vorher in ihnen war, ist verschwunden. Ich gehe zu ihm.
„Das sind meine Freunde, Abigail und Ryan", erkläre ich ihm und strahle vor Freude, doch sein Gesichtsausdruck ist noch immer kalt. Er sieht zu Ryan, dann zu Abigail, die ihn mit großen Augen anstarrt. Dann nickt er ihnen kurz zu.
„Das Angebot zum Mitfahren steht noch", sage ich so beiläufig wie möglich, weil ich das Gefühl habe, wenn er jetzt geht, gehen wir irgendwie... zerstritten auseinander. Mein Lächeln fällt. Warum ist er jetzt schlecht drauf? Er hat gerade eben noch gelächelt.
„Danke, Tris", sagt er und mein Herz setzt wieder aus. Sofort verfliegt jegliche Sorge. „Ich laufe lieber."
Ich bringe nur ein Nicken zustande.

the burden - Die Bürde unserer LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt