Stunden vergehen und mit jeder Sekunde schrumpft das Wohnzimmer ein kleines Stückchen mehr. Noch immer sitze ich am Boden, ohne einen Laut von mir zu geben, während stille Tränen über meine Wangen laufen. Neben mir sitzt Derek, der auch zu Boden starrt. Jeder schweigt.
Die Stille erdrückt mich und ich bin kurz davor zu explodieren vor Verzweiflung und Frustration. Zwei Verluste ertrage ich nicht, nein. Deswegen stehe ich auf und stürme aus dem Haus und schreie davor, dass mir gefälligst niemand folgen soll.
Ich renne so schnell ich kann den Weg entlang, den ich schon so gut kenne und ich spüre nicht einen Funken Angst in mir, obwohl es schon nach Mitternacht ist.
Ich betrete sein Haus und schreie seinen Namen, sobald ich an seiner Wohnungstür angekommen bin und wie eine Irre daran klopfe. Verwirrt öffnet seine Mutter sie und erstarrt bei meinem Anblick vor Sorge.
„Süße, ist alles in Ordnung?", fragt sie, doch ich dränge mich an ihr vorbei und gehe in Darren's Zimmer, doch er ist nicht da.
Das Zimmer ist leer. Er ist weg. Er ist wirklich gegangen. Er hat mich verlassen.
Ich weiß nicht, wie lange ich da stehe, denn ich habe jegliches Zeitgefühl verloren. Ich stehe da, starre auf das Bett, wo er verdammt nochmal nicht sitzt, obwohl er es eigentlich sollte. Er sollte mich besorgt ansehen, umarmen und trösten. Er sollte mir verfickt nochmal helfen, nicht durch zu drehen, weil meine beste Freundin gestorben ist.
Ich schreie.
Dann falle ich auf die Knie.
Ich kneife die Augen fest zusammen, schlinge die Arme um mich und lasse alles raus, nur um den entsetzlichen Schmerz ein wenig zu lindern, doch es funktioniert nicht. Mit jeder Sekunde, in der er nicht da ist, wird der Schmerz größer.
Abby...
Ich schreie erneut. Wut und Trauer erschüttern mich bis ins Knochenmark und die Einsamkeit stürzt auf mich ein, wie ein Tsunami. Ich ertrinke.
„Abigail", schluchze ich und trete um mich herum. Ich strample wie ein Kind und spüre keine Genugtuung, als ich die Vase auf der Kommode, die ich für Darren besorgt hatte, gegen die Wand schmeiße. Sie zersplittert und ich schreie nochmal.
Ich stehe auf, reiße die Vorhänge runter, schmeiße die Kerzenhalter gegen das Fenster und haue immer und immer wieder gegen die Schranktür. Bis meine Hand pocht und blutet.
Schluchzend lege ich mich auf Darren's Bett, schlüpfe unter die Decke und weine ohne Hemmungen weiter, atme den vertrauten Duft von Darren ein und denke daran, wie wir uns das letzte Mal hier geliebt hatten. Er ist weg. Sie ist weg. Abigail ist tot. Sie. Ist. Tot. Meine Gedanken wandern zu Mom.
Ich schreie in das Kopfkissen und zucke nicht einmal zusammen, als Christine zu mir ins Bett schlüpft und mich in ihre Arme zieht. Ich klammere mich an sie, als wäre sie meine Mutter, die mir Trost spendet und weine noch stärker.
„Abigail", schluchze ich und weine noch lauter. „Meine beste Freundin ist gestorben, Christine", weine ich und kann die Augen nicht öffnen. „Sie ist tot. Und er ist abgehauen. Sie ist tot und jetzt bin ich alleine." Ich weine und weine und Christine hält mich, ohne ein Wort zu sagen. Sie streicht durch mein Haar und wiegt mich hin und her. Bis ich eingeschlafen bin.72 Stunden sind seitdem vergangen. Zuhause ging ich in mein Zimmer, legte mich aufs Bett und starrte die Wand an. Für Stunden und zwischendurch kam immer wieder jemand vorbei, doch ich ignorierte jeden. Ich schlief, weinte, schlief, weinte.
Nun bin ich wach und starre zur Decke. Ich habe das Gefühl, verrückt zu werden. Ich höre die ganze Zeit Abby's Lachen und Darren's Stimme. Realität und Erinnerung verschwimmen ineinander, bis ich wieder einschlafe und erschreckend aufwache, weil ich einen Albtraum habe, worin meine Mutter sterbend in meinen Armen liegt.
Ich drehe durch.
Heute ist Abigail's Beerdigung und ich stehe im Flur. Ich war sogar duschen und habe mich extra schwarz angezogen. Auf dem Weg zu meiner alten Heimatstadt, wagt keiner es die Stille zu brechen. Ich denke daran, wie wir erst vor wenigen Tagen mit Abby durch die Stadt geschlendert sind. Ich denke daran, wie ich ihr stundenlang von Darren geschwärmt habe. „Mr Hot Butt hat's wohl ziemlich drauf", grinste sich mich jedesmal an. Ich denke an ihre Tränen, die sie geweint hat, als ich nach Hause fahren musste, weil sie so emotional ist. Weil sie so emotional war. Sie ist tot. Sie existiert nicht mehr. Ich werde nie wieder mit Abigail einen Film gucken können. Werde sie nie wieder anrufen oder sie um Rat fragen können. Das war's - Abby ist weg. Sie ist verdammt nochmal tot. Ich beginne wieder zu weinen, doch ich antworte nicht, als mein Bruder sich nach mir erkundigt. Ich sage kein Wort.
Und auch als wir in der Kirche im Gottesdienst sind, schweige ich. Ich sehe einige alte Freunde und Klassenkameraden. Sogar meine alten Lehrer sind da. Ich sitze neben Abby's Mom, die schluchzend meine Hand hält. Jeder weint, denn niemand erträgt den Tod einer 18-jährigen. Schon gar nicht einer, die so toll und lebensfroh war wie Abigail. Sie wollte Lehrerin werden. Sie wollte drei Kinder, zwei Töchter und einen Sohn. Den Sohn wollte sie Adam nennen. Sie wollte schon immer Mal nach England und ein Jahr in London verbringen. Sie war noch nie im Disney Land, obwohl sie Micky Maus liebte. Sie durfte noch nie legal Alkohol trinken und sie wird nie die Gelegenheit bekommen sich im College zu betrinken. Sie wollte schon immer mal Kiffen. Sie wird nie heiraten, obwohl sie schon seit sie laufen kann davon träumte, in einem weißen Kleid die große Liebe ihres Lebens zu heiraten. Sie wollte verdammt nochmal leben.
Als Abby's Sarg am Friedhof hinuntergelassen wird, sterbe ich etliche Tode. Ich sehe zu wie meine beste Freundin, meine Schwester, begraben wird. Wer könnte diesen Anblick ertragen? Wie kalte Erde ihren leblosen Körper bedecken wird? Ich weine immer stärker.
Nie wieder werde ich sie umarmen können. Nie wieder werde ich mit ihr reden, Zeit verbringen können. Ich verstehe das alles nicht.
Ich falle auf die Knie, als der Schmerz mich zu überrollen scheint und schaue zum letzten Mal zum Sarg. Ich werde Zeuge, wie die einzige Lebensfreude und Hoffnung, gemeinsam mit meiner Abigail begraben werden.Fortsetzung folgt:
the strength - die Kraft unserer Liebe
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the burden - Die Bürde unserer Liebe
Romance"You don't know who is important to you until you actually lose them." ― Mahatma Gandhi Beatrice Parker glaubt nicht an die Liebe - bis sie dem geheimnisvollen Darren begegnet, der ohne große Mühe ihre komplette Welt auf den Kopf stellt. Die Anzieh...