Teil 2 - Das Licht im Dunklen / Kapitel 3.1

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Dort war ein Licht, das um sie herum tanzte. Eines, welches immer wieder durch dunkle Schatten verdeckt wurde. Nur träge konnte Charly ihre Augen öffnen. Wo war sie? Aber noch viel wichtiger, warum leuchtete der Wald um sie herum in einem gelben Schein, wieso waren dort dunkle und eine grell weiß leuchtende Silhouette?

Schlapp saß die Jugendliche an dem Baum, an welchen sie Mathew gelehnt hatte, ohne sich großartig zu bewegen. Wie in Trance beobachtete das Mädchen das Schauspiel vor ihr. Die Schatten und das Licht, sie schienen einen Kampf auszutragen. Immer wieder verpuffte eine der schwarzen Nebelschwaden, erst jetzt fiel ihr das Leuchten auf, welches von ihrem Körper ausging und mit einem Mal war sie komplett wach. Er leuchtete in einem hellen Blau, obwohl, sie hatte gar keinen Körper, es war nichts weiter als Nebel, der ihre Umrisse verdichtete. Die Stelle an ihrer linken Schulter, wo sich die Schusswunde befinden müsste, war andersfarbig. Dort war der Nebel hellrot, durchzogen von hellblauen Stellen.

Was war mit ihrem Körper geschehen? Fühlte es sich so an zu sterben, aber was machten dann die Schatten und das Licht vor ihr hier? Tausende Fragen erschienen in dem Kopf des Mädchens, jedoch war sie nicht in der Lage auch nur eine von ihnen beantworten.

Die weiße Silhouette, welche sich Charly zuwandte, beanspruchte ihre Aufmerksamkeit. Sie war einfach hell, grell weiß und blendete das Mädchen etwas.

„Suche dein Glück nicht bei den Schatten, suche das Licht auf", erklang eine dunkle, jedoch etwas hellere Stimme, als Mathews, worauf die Jugendliche augenblicklich zusammenzuckte.
„Was bist du?"
Ihre Frage wisperte sie nur dem Licht entgegen, Charly wusste einfach nicht, was es meinte. Eine Stecknadel hätte man in dieser Zeit zu Boden fallen hören, so ruhig war es, bis das Mädchen die Stille wieder brach:
„Was bedeutet das, was du gesagt hattest?"
„Frag nicht etwas, was du weißt", beantwortete die Stimme gleichgültig ihre Frage.
„Nein, warum sollte ich es wissen? Sag mir, was das hier zu bedeuten hast, sage es einfach", zum Ende wurde ihre Stimme immer leiser und glich nur mehr einem Flüstern.
„Suche das Licht und nicht die Schatten", mit diesen Worten löste es sich komplett auf und auch der Rest des grellen Leuchtens um sie herum verblasste allmählich und nahm wieder dunklere Farbtöne an.
„Nein warte!", dies waren die letzten Worte, bevor die Blauäugige erneut in eine Schwärze fiel und nichts weiter, als Dunkelheit sie umgab. Ihre Gedanken, die Fragen, welche sich in ihrem Kopf bildeten versiegten trotz dessen keineswegs.

War das Geschehene überhaupt passiert oder war es einfach nur ein Hirngespenst, nichts weiter, als ein Streich, der ihr ihre Erschöpfung und das Adrenalin in ihren Adern spielte?

Verwirrung, dies war das Wort, womit die Jugendliche alles in ihr beschreiben würde, denn sie wusste nicht, wie sie das alles deuten sollte, bedeutete dies vielleicht sogar überhaupt nichts.

Das unregelmäßige auf und ab wippen ihres Kopfes und die kalten Tropfen, welche ihr Gesicht trafen, weckten das Mädchen aus ihrer Bewusstlosigkeit. Nun nahm die Blauäugige auch den Arm unter ihren Knien, die Hand auf ihren Rücken und die durchnässte Kleidung wahr. Nur schwer ließen sich ihre Augen einen Spalt öffnen, nur kurz erblickte sie die dunkle Landschaft, bevor ein Regentropfen die Sicht der Blauäugigen verschwimmen ließ.

Die Bäume, die an ihren Augen vorbeizogen und den beschleunigte Atem von dem Blondhaarigen nahm das Mädchen als nächstes wahr.

„Math?", die zierliche Gestalt in seinen Armen regte sich etwas. Nur flüchtig warf Mathew einen Blick auf die Jugendliche, bevor er sich auf seinen Weg konzentrierte.

„Warum zur Hölle rennst du?", ließ Charly nicht locker, ihr war diese Situation mehr als nur suspekt.
„Warte mal – Werden wir verfolgt?", setzte sie ihre Vermutungen fort, da der Blondhaarige ihr nicht antwortete.
„Kann sein", keuchte dieser als Antwort und wagte einen flüchtigen Blick über seine Schulter.

Nachdem Charly bewusstlos geworden ist, hatten die beiden Männer, welche sie verfolgten, ihn und das Mädchen tatsächlich in dem dichten Gestrüpp ausmachen können. Bisher war noch nicht viel Zeit vergangen, trotzdem kam es dem Blondhaarigen schon eine Ewigkeit vor, die er durch den Wald hetzte.

„Lass mich runter, sofort!"
Unruhig zappelte die Blauäugige in seinen Armen herum, wodurch Mathew beinahe das Gleichgewicht verlor.
„Nein, und jetzt halt still!", fuhr er sie schroff an.
„Lass mich runter, verdammt!"
Auch Charlys Stimme duldete keinen Widerspruch, doch dies ignorierte der Blondhaarige trotzdem gekonnt.

Gerade versiegten ihre die Versuche sich aus seinen Armen zu befreien, als Mathews Fuß sich unter einer Wurzel verhakte. Mit einem spitzen Aufschrei von Charly, fielen die beiden zu Boden. Mit den Händen versuchte er seinen Fall abzufangen und dabei nicht auf der Blondhaarigen zu landen.

Die Gaben - Blutschatten [abgebrochen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt